„Battle“ von Maja Lunde

Der Name der Autorin hat mich neu­gie­rig gemacht auf das Buch, Maja Lunde ist in Deutschland mitt­ler­wei­le bekannt, sie hat „Die Geschichte der Bienen“ geschrie­ben. Das war ihr ers­ter Roman für Erwachsene, für Kinder und Jugendliche hat sie zuvor schon etli­che Bücher ver­öf­fent­licht. „Battle“ erschien 2014 in Norwegen und auf Deutsch nun 2018.

„Battle“ ist ein Tanzbuch, könn­te man sagen, denn es geht um Amelie und für Amelie dreht sich alles ums Tanzen. Und dann wie­der doch nicht, denn sie ist sieb­zehn und hat eine Clique, einen Freund und ist an ihrer Schule zwar in der Tanzklasse und übt Nächte durch, wenn eine Choreografie nicht rich­tig sitzt, doch sie hat auch all die ande­ren Fächer, geht mit ihren Freundinnen shop­pen, auf Partys, macht Ausflüge …

Mit ihrem Vater wohnt Amelie in einer Villa mit extra­gro­ßem Tanzraum und Swimmingpool, bis eines Tages die Gerichtsvollzieherin vor der Tür steht und Amelie und ihr Vater sofort aus dem Haus müs­sen. Aus dem Nobelviertel geht es in einen Vorort von Oslo, in eine abge­wohn­te, fast lee­re Zweizimmerwohnung. Damit muss sie erst mal klar­kom­men: Ihr Vater sitzt nur noch vor dem Fernseher und sie haben gera­de genug Geld für Essen, Amelie ist nach wie vor an ihrer alten Schule, ihre Clique weiß jedoch nichts von dem „Umzug“. Amelie ver­strickt sich zuneh­mend in Lügen und das Tanzen gerät ins Hintertreffen …

Bis sie in ihrem neu­en Viertel Mikael trifft, der eben­falls tanzt und an Battles teil­nimmt. Während sie Jazzdance und Modern Dance macht, nach eini­gen Jahren mit klas­si­schem Ballett, tanzt er Hip-Hop und Breakdance. Und zwar so, dass Amelie ihm ewig zuschau­en möch­te, was nicht nur an sei­nem tän­ze­ri­schen Können liegt …

Das ist also ein Buch übers Leben: Familie, Freunde, Liebe, Wahrheit und Lüge, Herkunft und Zukunft, Geld haben oder nicht und natür­lich übers Tanzen. Die Autorin zieht einen in all die Geschichten: wie Freundschaft wächst, Träume plat­zen und neue ent­ste­hen, zwei sich behut­sam, wie magne­tisch, annä­hern und mehr. Und das ist so dicht und fes­selnd und authen­tisch geschrie­ben, dass man das Buch gar nicht weg­le­gen kann – ob man nun was für Tanz übrig­hat oder nicht.

Maja Lunde: Battle
Umschlagillustration: Edward B. Gordon
Aus dem Norwegischen von Antje Subey-Cramer
224 Seiten
ab 14 Jahren
Urachhaus 2018
ISBN 978-3-8251-5147-8
17 Euro

Ilse Bos: „Die wilde Meute“

Das Buch hat etwas von Pippi Langstrumpf: In „Die wil­de Meute“ regeln drei­zehn Kinder, von zwölf bis vier Jahre alt, ihren Alltag ohne Erwachsene. Sie gehen regel­mä­ßig in die Schule, ein Junge bekocht alle, zusam­men hal­ten sie das Hausboot, auf dem sie leben, in Schuss. Pola, die die Geschichte größ­ten­teils erzählt, ist die Älteste und des­we­gen die Bestimmerin, sie hat zwei Halbbrüder, die ande­ren Mädchen und Jungen sind alle irgend­wann zur Familie dazu­ge­sto­ßen, adop­tiert von Polas Mutter Tineke. Tineke ist das Jahr über in der gan­zen Welt unter­wegs, um zu arbei­ten und nach ihrer gro­ßen Liebe zu suchen, Polas Vater, den sie kurz nach dem Kennenlernen gründ­lich aus den Augen ver­lo­ren hat­te. Alle drei Monate schaut sie bei den Kindern vor­bei und ruft jeden Samstag zur glei­chen Zeit an.

Die Geschichte beginnt damit, dass eine über­eif­ri­ge Dame vom Jugendamt nach­forscht, ob die drei­zehn Kinder einen gere­gel­ten Tagesablauf mit Eltern haben, und dass über­all in der Stadt gro­ße Löcher auf­tau­chen, eins davon direkt vor der Schule, in die die Kinder gehen. Niemand weiß, wer die Löcher gräbt, das will ich auch gar nicht ver­ra­ten, nur so viel: Es ist ein biss­chen wie in Michael Endes „Momo“, wo die grau­en Herren die Zeit rau­ben, bloß anders. In „Die wil­de Meute“ geht es nicht um die Zeit, son­dern dar­um, dass alles zuge­baut wird und einen Zweck hat, dass es kei­nen Platz mehr zum Toben und Wildsein gibt. Das bekom­men auch die drei­zehn Kinder zu spü­ren: Ihr Hausboot ankert an einer Halbinsel, die ursprüng­lich ver­las­sen und ver­wil­dert war, doch im Laufe der Jahre wur­de sie besie­delt und die Häuser rücken immer näher ans Meer und damit ans Boot.

Das Buch liest sich wun­der­bar, dazu tra­gen auch die schö­nen Illustrationen von Linde Faas bei. Bunt, leicht und detail­ver­liebt, jedes der drei­zehn Kinder ist auf eine ganz typi­sche Weise dar­ge­stellt. Lesenderweise könn­te man bei so vie­len Kindern schnell den Überblick ver­lie­ren, was die Autorin ver­hin­dert, indem sie jedes Kind klar cha­rak­te­ri­siert, aber nicht scha­blo­nen­haft und nicht über das Äußere. Da ist Jan, der stän­dig etwas strickt und schnell weint. Da ist Wolke, die meis­tens auf den Boden schaut und Tierchen ret­tet, egal ob Käfer oder Assel. Da ist Knut, der so wenig wie mög­lich redet, aber alle vor­züg­lich bekocht. Am Ende des Buches fin­det sich eine Übersicht aller Kinder, mit Bild und kur­zem Steckbrief.

Und die Geschichte selbst? Die ist eine gelun­ge­ne Mischung aus Abenteuer- und Familiengeschichte, mit etli­chen Überraschungen und einem glück­li­chen Ende. Schön!

P1100731

Ilse Bos: Die wil­de Meute
Mit Illustrationen von Linde Faas
Aus dem Niederländischen von Eva Schweikart
303 Seiten
zum Vorlesen ab 7 Jahren, zum Selberlesen ab 10 Jahren
Urachhaus 2016
ISBN: 978-3-8251-7927-4
17,90 Euro