„Tuvalu. Bis zum nächsten Sturm“ von Carolin Philipps

Das Buch hat etwa Taschenbuchformat und rund 145 Seiten, all­zu viel ist das nicht. Aber es reicht voll­kom­men aus, um eine span­nen­de und wich­ti­ge Geschichte zu erzäh­len. Wir beglei­ten die fünf­zehn­jäh­ri­ge Tahnee, die im Inselstaat Tuvalu im Pazifischen Ozean lebt, auf der Insel Nanumea. Sucht man Bilder von Tuvalu, fin­det man ein Paradies: strah­lend blau­es Meer, fei­ner Sand, gro­ße Palmen. Doch das Paradies ist schon län­ger bedroht. Durch den Klimawandel steigt der Meeresspiegel, immer häu­fi­ger kommt es zu Stürmen. In Tahnees Dorf gibt es bloß ein ein­zi­ges Haus aus Stein, die Kirche. Dorthin flüch­ten die Menschen, wenn wie­der ein Sturm auf­zieht und Monsterwellen über die Insel schickt, die nur weni­ge Meter über dem Meeresspiegel liegt. Die rie­si­gen Wellen zer­stö­ren Häuser und Beete, ent­wur­zeln Bäume und ver­sal­zen das Trinkwasser – und brin­gen auch Gefahr und Tod für die Menschen. Das Buch beginnt mit einem sol­chen Sturm und Monsterwellen. Tahnee hat sich mit ihrer Familie in der Kirche in Sicherheit gebracht, wo sie alles gut über­ste­hen. Aber nach dem Sturm erfährt sie, dass ihr Großvater, der fischen war, ver­misst wird …

Tahnee muss zurück aufs Internat auf Vaitupu (auf Nanumea gibt es nur eine Grundschule), ist ver­liebt in einen Jungen, der für sie tabu ist, muss eine Freundin ver­ab­schie­den, deren Familie wegen der Stürme nach Neuseeland aus­wan­dert, unter­stützt ihre Großmutter und hofft wei­ter, dass ihr Großvater doch noch zurück­kehrt. Ziemlich schnell ist die Leserin, der Leser, ganz bei Tahnee, obwohl ihre Welt für vie­le in Deutschland sehr fremd sein dürf­te. Quasi neben­bei, ein­fach aus Tahnees Geschichte her­aus, erfährt man jede Menge über Tuvalu: Wie woh­nen und was essen die Menschen dort, wel­che Traditionen haben sie, wie sieht das Miteinander in der Familie und in der Dorfgemeinschaft aus, wie steht es um Schule, Ausbildung und Beruf, wie um das Rollenverständnis von Mann und Frau, wie um die Anbindung an die „rest­li­che Welt“?

Und: Wie gehen die Menschen auf Tuvalu mit dem Klimawandel um? Sie haben ihn nicht ver­ur­sacht, sei­ne Folgen beein­flus­sen ihr Leben jedoch unmit­tel­bar, bedro­hen ihre Existenz. Schon in der Schule gibt es Klimaprojekte, die teils direkt in die Praxis umge­setzt wer­den: Biogasanlage, Mangroven zur Befestigung des Strands pflan­zen, Sonnenenergie, Windkraft. Der Frust gera­de bei jun­gen Leuten ist jedoch groß, da eigent­lich ande­re Länder in Sachen Klimawandel am Zug wären und deut­lich mehr tun müss­ten – des­we­gen bekom­men die Pacific Climate Warriors, eine Bewegung für Klimagerechtigkeit, immer mehr Zulauf.

Dieses klei­ne Buch hat es also wirk­lich in sich, und es ist zudem schön anzu­se­hen: Der Einband ist sehr anspre­chend gestal­tet, und wenn man ihn innen auf­klappt, hat man links eine Karte zum Inselstaat Tuvalu und rechts eine zum Atoll Nanumea mit den fünf Inseln Lakena, Lefogaki, Teatua a Taepoa, Temotufoliki und Nanumea. Die Autorin, Carolin Philipps, ver­wen­det im Buch auch eini­ge Wörter aus der tuva­lui­schen Sprache, die­se fin­den sich im Anhang mit Übersetzung und Erklärung. Fazit: „Tuvalu. Bis zum nächs­ten Sturm“ liest sich gut und bringt der Leserin, dem Leser das fer­ne Tuvalu näher – und macht ein­mal mehr bewusst, dass wir den Klimawandel nicht aus­sit­zen dür­fen, son­dern etwas dage­gen unter­neh­men müssen.

Carolin Philipps: Tuvalu. Bis zum nächs­ten Sturm
Lektorat: Kathleen Neumann
160 Seiten
ab 12 Jahren
2021 ueberreuter
ISBN: 978-3-7641-7109-4
12,95 Euro