„Save your Heart. Starte deinen Weg in ein herzgesundes Leben“ von Dr. med. Catharina Hamm

„Save your Heart“ von Dr. med. Catharina Hamm ist ein Ratgeber zum Thema Herzgesundheit mit dem Fokus Frauenherz. Warum die­ser Fokus? Unter ande­rem, so die Autorin, weil Herz-Kreislauf-Erkrankungen für Frauen in der west­li­chen Welt die Todesursache Nummer 1 sind, Frauen jedoch kaum über ihre Herzgesundheit nach­den­ken. Auch, weil Frauen anders am Herzen erkran­ken als Männer. Herzmedizin dreh­te sich his­to­risch bloß um Männer. Medizin und Forschung betrie­ben eben­falls haupt­säch­lich Männer. Dieses Erbe zieht sich dem­nach bis heu­te in die Forschung, Lehre und medi­zi­ni­sche Behandlung, was für Frauen mit Herzbeschwerden schwer­wie­gen­de Folgen haben und sogar töd­lich enden kann. „Save your Heart“ rich­tet sich somit an Frauen, und zwar jedes Alters. Die Botschaft: Frauen soll­ten ihren Gesundheitsstatus und ihre Risikofaktoren ken­nen, und sie kön­nen viel tun für ihre Herzgesundheit. Was genau, ist auf rund 350 Seiten nachzulesen.

Das Buch hat drei Teile, was man schon von außen sieht. Das jeweils ers­te Blatt ist kom­plett grün, durchs Weiß des Buchschnitts zie­hen sich also drei grü­ne Striche. Die zei­gen, dass der zwei­te Teil die meis­ten und der drit­te Teil die wenigs­ten Seiten hat. Der ers­te Teil heißt „Discover your Heart – was du über dein Herz wis­sen musst“, der zwei­te „Protect your Heart – so bleibt dein Herz lan­ge gesund“ und der drit­te „Save your Heart – wie dein Herz erkrankt, wie es behan­delt wird und wel­che Rolle dei­ne Psyche spielt“.

Dass am Anfang das Wissen übers Herz steht, wie es auf­ge­baut ist und funk­tio­niert, ist sinn­voll. Im ers­ten Teil gehts außer­dem um Risiken fürs Herz, dar­um, wie Hormone die Herzgesundheit beein­flus­sen, inklu­si­ve hor­mo­nel­le Verhütung und Schwangerschaft, und es gibt Tipps zur Herzvorsorge vor und nach der Menopause. Stichwort Tipps: Das Buch ist von Anfang bis Ende rand­voll mit hilf­rei­chen Infos und prak­ti­schen Tipps. Immer wie­der wer­den sie optisch etwas her­vor­ge­ho­ben ser­viert, in Form von kur­zen Zusammenfassungen oder Listen, zum Beispiel „Meine Top Five zur Blutdrucksenkung ohne Medikamente“, „To-dos für lan­ge Flugreisen“ und „Ab wann darf ich mit einer Erkältung wie­der Sport machen?“.

Der zwei­te, zen­tra­le Buchteil ist wie oben erwähnt am umfang­reichs­ten – was tun, damit das Herz mög­lichst lan­ge gesund bleibt? Auf drei Bereiche geht die Autorin hier ein: Fitness und Bewegung, herz­ge­sun­de Ernährung und Stärkung der eige­nen Ressourcen. Welcher Sport darfs sein? Welche Kohlenhydrate und Fette sind gut, war­um sind Proteine so wich­tig? Was ist mit Nahrungsergänzungsmitteln, Koffein, Energydrinks, Softdrinks? Wie lässt sich Salz spa­ren? Und wie kann ich für gesun­den Schlaf sor­gen? Jede Menge Fragen, die die Autorin kon­kret beant­wor­tet. Das ist etwas, das mir an dem Buch sehr gefällt: kla­re Ansagen. Fundierte Infos und Tipps, mit denen man sofort was anfan­gen kann. Am Ende die­ses Teils kommt der „10-Punkte-Plan für ein gesun­des Herz“, zur Orientierung und fürs schnel­le Nachlesen. Empfehlung der Autorin an die­ser Stelle und gene­rell: kein schlech­tes Gewissen haben wegen dem, was war, son­dern nach vorn schau­en und machen.

Im drit­ten Teil schließ­lich erfährt die Leserin mehr über Erkrankungen des Herzens, war­um Herzbeschwerden bei Frauen oft als „psycho“ abge­stem­pelt wer­den und über Heilmittel fürs Herz.

Fazit: „Save your Heart“ ist ein Rundumpaket, wenn man sich über Herzgesundheit infor­mie­ren möch­te. Die Autorin legt den Schwerpunkt auf Prävention und Vorsorge, sie betont, dass „jetzt“ ein guter Zeitpunkt ist, um etwas für die Herzgesundheit zu tun. Im Buch gibt sie etli­che Anreize, wo man star­ten könn­te. Dass das so moti­vie­rend rüber­kommt, liegt sicher auch an ihrer Schreibe: per­sön­lich, auf Augenhöhe, ver­ständ­lich. Wir fan­gen mit unse­ren Körpern nicht bei null an, wir bekom­men das ein oder ande­re ver­erbt, den­noch kön­nen wir vie­les selbst beein­flus­sen. Wir müs­sen uns eben infor­mie­ren und aktiv wer­den. Es lohnt sich!

Dr. med. Catharina Hamm: Save your Heart. Starte dei­nen Weg in ein herz­ge­sun­des Leben
Lektorat: Laura Weber
Illustrationen: Lorena Addotto
350 Seiten
2024 dtv
ISBN 978–3‑423–26405‑1
18 Euro

„Der kleine Baum und das Wood Wide Web“ von Lucy Brownridge und Hannah Abbo

In einem uralten Wald beginnt ein Baum zu wach­sen, eine Douglasie. Er ist noch ziem­lich klein und braucht Licht, also streckt er sei­ne Äste nach oben. Er braucht Wasser, also reckt und streckt er sei­ne Wurzeln tief in die Erde hin­ein. Es ist jedoch Sommer und reg­net ewig nicht, der Baum braucht Hilfe. Schließlich „weint“ er, nicht in Form von Tränen, son­dern „die Traurigkeit (dringt) aus sei­nen Wurzeln und ver­brei­tet sich im Boden“, wo Pilzfäden ein Netzwerk bil­den, das Wood Wide Web. Das unter­ir­di­sche Pilzgeflecht lei­tet den Hilferuf des klei­nen Baumes an die ande­ren Bäume wei­ter, ver­brei­tet ihn im gan­zen Wald. Eine Papier-Birke kann schließ­lich hel­fen, sie gibt Wasser und Zucker über ihre Wurzeln ins Wood Wide Web, das bei­des zum klei­nen Baum trans­por­tiert. Im Winter kann sich der klei­ne Baum dann revan­chie­ren: Die Birke hat all ihre Blätter ver­lo­ren und kann kei­nen Zucker pro­du­zie­ren, ihre Zuckervorräte hat sie dem klei­nen Baum gege­ben. Nun hilft der klei­ne Baum ihr, denn er bil­det durch sei­ne immer­grü­nen Nadelblätter auch im Winter Zucker, den er nicht kom­plett selbst benötigt.

Das Wood Wide Web ein­fach und span­nend für Kinder ab fünf Jahren erklä­ren? Das gelingt der Autorin und der Illustratorin mit die­sem Buch sehr gut. Die Texte sind schön kurz und ohne Fachbegriffe wie Photosynthese und Symbiose. Die kann man am Schluss unter „Wissenswertes“ nach­le­sen, dort fin­den sich elf Begriffe von Douglasie bis Zucker für alle, die es genau­er wis­sen wol­len. Auf der fol­gen­den Seite erfährt die Leserin, der Leser, dass die Geschichte auf einer wah­ren Begebenheit beruht, einer Entdeckung der Professorin Suzanne Simard, die beob­ach­tet hat­te, dass Papier-Birken und Douglasien Nährstoffe übers Wood Wide Web teilten.

Die Forschung zum Wood Wide Web hat erst begon­nen, umso bes­ser, dass es schon die­ses Bilderbuch gibt. Zu wis­sen, dass Bäume bzw. Pflanzen kom­mu­ni­zie­ren, dass sie ein­an­der hel­fen, kann die Sicht auf unse­re Umwelt, auf die Natur ändern. Ein Baum ist kein toter Gegenstand, der für sich allein exis­tiert, er lebt und ist mit ande­ren Wesen im Austausch. Diese Botschaft ver­mit­teln auch die Illustrationen. Passend zur Zielgruppe haben die Bäume net­te Gesichter, denen man ansieht, wie es ihnen gera­de geht. Die Farben sind ein­fach und klar, sicht­ba­re Striche brin­gen Struktur in Bäume, Gräser, Sträucher, Erde, Tiere. Die Baumwipfel sind enorm abwechs­lungs­reich in Farbe und Form, es ist ein gemisch­ter, bun­ter, viel­fäl­ti­ger Wald, in dem der klei­ne Baum lebt. Auch in die Erde hin­ein geht der Blick: auf die Wurzeln und das Pilzgeflecht natür­lich, aber auch auf die Tiere, die dort Höhlen haben und Gänge gra­ben, von Fuchs über Maulwurf bis Hase.

Die Bilder neh­men mal eine Doppelseite ein, mal ist auf einer Seite ein Komplettbild und auf der ande­ren eine Bildwolke. Zusammen mit eini­gen Sprechblasen sorgt das für wei­te­re Abwechslung. Ein Buch zum Entdecken und Staunen, das auch den erwach­se­nen Vorleserinnen und Vorlesern gefal­len dürfte.

Der klei­ne Baum und das Wood Wide Web
Text: Lucy Brownridge
Illustrationen: Hannah Abbo
Aus dem Englischen von Sebastian Hoch
32 Seiten
ab 5 Jahren
2024 Verlag Freies Geistesleben
ISBN 978–3‑7725–3197‑2
16 Euro

„Ein Lied für Ella Grey“ von David Almond

Erzählerin des Buches ist Claire, seit frü­hes­ter Kindheit die bes­te Freundin von Ella Grey, bei­de sieb­zehn. Claire liebt Ella, Ella liebt Claire, bis sie Orpheus trifft, den sie mehr oder anders liebt. Richtig, Orpheus wie Orpheus und Eurydike, und an die­ser Sage ori­en­tiert sich Autor David Almond auch stark. Wer die alte Story kennt, kann sich den­ken, wel­che Rolle Schlangen im Ella-Grey-Buch spie­len. Dass sie wich­tig sind, sieht man schon beim ers­ten Blick, auf dem Cover ist eine Schlange, auf dem far­bi­gen Buchschnitt ebenfalls.

Viel Zeit ver­bringt die Leserin, der Leser mit Claires und Ellas Clique, die Jugendlichen hän­gen zusam­men ab, trin­ken Alkohol, machen Musik, tan­zen. Bei einem gemein­sa­men wil­den Urlaub am Strand tref­fen sie Orpheus, der in ihrem Alter und nicht greif­bar ist, woher kommt er, was macht er, wohin geht er – er sagt es nicht, man weiß es nicht. Er hat eine Lyra dabei, wenn er spielt, ver­zau­bert er die Menschen um sich her­um, eben­so Tiere, das Meer, den Sand, die Steine … Orpheus und Ella lie­ben sich von jetzt auf sofort, „hei­ra­ten“ am Strand und dann wird es schnell tragisch.

„Ein Lied für Ella Grey“ spielt Orpheus natür­lich, bei ver­schie­de­nen Gelegenheiten. Aber die gan­ze Geschichte ist gleich­falls ein Lied für Ella Grey, gesun­gen bzw. erzählt von Claire. Das liest sich poe­tisch, fra­gend, ver­wirrt, melan­cho­lisch, so wie ein Autor um die sech­zig eine Jugend und eine Liebe sehen mag, wenn er ein „Jetzt“ mit einem Stoff aus der grie­chi­schen Mythologie ver­we­ben will. Das Buch ist im Original auf Englisch schon 2014 her­aus­ge­kom­men, 2024 nun also auf Deutsch. Die zehn Jahre sind kein Problem, weil die Dinge, die Jugendliche so machen, sich ver­mut­lich nicht grund­le­gend ver­än­dern und die Orpheus-Eurydike/Ella-Geschichte sowie­so aus der Zeit gefal­len ist.

Eine Neuauflage des Orpheus-Eurydike-Dramas hät­te für mich ruhig frei­er und eman­zi­pier­ter sein kön­nen. Das Buch mag den­noch etwas sein für Menschen, die sich für den Stoff inter­es­sie­ren und ein Faible für schö­ne, gefühls­be­ton­te, womög­lich viel­sa­gen­de Worte haben.

David Almond: Ein Lied für Ella Grey
Aus dem Englischen von Alexandra Ernst
Umschlag-/Innenillustration: Franziska Viviane Zobel
218 Seiten
ab 14 Jahren
2024 Verlag Freies Geistesleben
ISBN 978–3‑7725–3133‑0
20 Euro