„Folge deinen Träumen“ von Kobi Yamada und Charles Santoso

Das Buch ist rela­tiv groß, so hoch wie und etwas brei­ter als A4. Auf der Rückseite des Einbands steht bloß ein Satz: „Empfohlen für 99-Jährige und Jüngere“. Da kann man sich jetzt natür­lich fra­gen, war­um nicht für 100-Jährige oder Ältere, aber schon klar, für jedes Alter also. Es ist ein Bilderbuch bzw. Geschenkbuch, jedoch keins mit einer Geschichte. Im Mittelpunkt ste­hen die Sprüche, in der Regel einer pro Doppelseite. Die Seiten sind sehr luf­tig, viel freie Fläche. Die Schrift ist ange­nehm groß, nicht zu groß. Und zu jedem Spruch gehört eine Illustration mit einem unheim­lich nied­li­chen Waschbären, der ja auch auf dem Cover zu sehen ist. Manchmal sind noch Gegenstände auf dem Bild (Bücher, Wegweiser), ein Stück Natur (Baum, Meer) oder ande­re (eben­falls sehr süße) Tiere. Die Bilder sind in Sepia gehal­ten, mit sicht­ba­ren Strichen, was gera­de das Fell der Tiere „leben­dig“ und weich wir­ken lässt, wie das von man­chen Spielzeugkuscheltieren. Die Körperhaltung und der Gesichtsausdruck des klei­nen Waschbären pas­sen zum jewei­li­gen Spruch, mal ist er eif­rig bei der Sache, mal froh, mal nie­der­ge­schla­gen. Die Bilder sind sehr auf­ge­räumt, man kann sie schnell erfas­sen, was sie viel­leicht auch für Kleinkinder ganz anspre­chend macht (zusätz­lich zum knuf­fi­gen Waschbären).

Die Sprüche sind eher kurz, ein, zwei oder drei Sätze, ein­mal vier. Am Anfang ist ein etwas län­ge­rer Text, eine Art Einleitung oder Einstimmung mit der Botschaft „Greife beherzt nach dei­nen Träumen und hal­te sie fest“. Ein Spruch als Beispiel: „Ein Traum ist wie eine offe­ne Tür in eine hel­le­re Welt. Spring hin­durch!“ Solche Sprüche kann man mögen oder nicht, die eine kann was damit anfan­gen, der ande­re nicht. Wenn man selbst oder die Person, die beschenkt wer­den soll, Mutmachersprüche pri­ma fin­det, über die man sich durch­aus Gedanken machen und die gera­de rich­tig kom­men kön­nen, dann ist das Buch sicher eine gute Wahl.

Folge dei­nen Träumen. Wie du dei­nem Mut auf die Sprünge hilfst
Text: Kobi Yamada
Illustrationen: Charles Santoso
Übersetzung: Gerda M. Pum
Editiert von: Amelia Riedler
Korrektorat: Julia Augustin, Rena Ziehnert
48 Seiten
2024 Adrian & Wimmelbuchverlag
ISBN 978–3‑9858–5190‑4
14,95 Euro

„Die Wale und wir“ von India Desjardins und Nathalie Dion

Ein Bilderbuch über Wale, das könn­te eine Geschichte oder ein Sachbuch sein. India Desjardins hat bei­des ver­bun­den, sie greift Geschichten über Wale auf und infor­miert zu ver­schie­de­nen Themen, teils geht das inein­an­der über. In einer Geschichte zum Beispiel hat sich ein Beluga in einem Fischernetz ver­fan­gen, ein Fischer ret­tet ihn, der Beluga schwimmt weg, kehrt dann aber noch mal um und nickt dem Menschen wie zum Dank zu. Im Anschluss fragt die Autorin unter ande­rem, war­um Wale Luft zum Atmen brau­chen, ob sie nicken und ob sie Dankbarkeit zei­gen kön­nen. Die Antworten sind sach­lich, auf Basis der aktu­el­len Forschungslage, knapp genug und in ein­fa­chen Worten.

Das gan­ze Buch ist eine fas­zi­nie­ren­de Zusammenstellung von Fakten und Fiktion zu Walen, nicht geord­net wie ein Sachbuch, son­dern eher im Fluss, wie es so kommt. Am Anfang steht die Unterteilung der Wale in zwei Gruppen, auf jeweils einer Doppelseite wer­den die Bartenwale und Zahnwale vor­ge­stellt, mit weni­gen Zeilen bloß, aber selbst­ver­ständ­lich mit Bildern von diver­sen Walen. Zur Geschichte der Wale erfährt die Leserin, der Leser etwa, dass es sie seit 35 Millionen Jahren gibt, sie jedoch erst seit 4,5 Millionen Jahren so groß sind.

Ab sie­ben Jahren ist das Buch laut Verlag, und das mag pas­sen, denn Kinder kön­nen sich erst mal an die Geschichten und Bilder hal­ten, die Wale in allen mög­li­chen Situationen zei­gen, ein Wiedererkennen gibt es viel­leicht bei einer Szene aus „Pinocchio“, mit Pinocchio und Geppetto im Bauch des Wales. Die Bilder sind kind­ge­recht, aber nicht nied­lich, für Erwachsene dürf­te beim Betrachten eine Prise Wehmut mit­schwin­gen, in Verbindung mit den Texten. Die Autorin macht recht deut­lich, dass Wale stark bedroht sind: durch Überfischung (weni­ger Nahrung für die Wale), den Einsatz von immer mehr Fischernetzen, durch Umweltverschmutzung (spe­zi­ell Plastikmüll), durch Schiffsverkehr und Schiffslärm (erschwert Walen die Orientierung) und nach wie vor durch Walfang, kurz­um: durch den Menschen.

Ob die Wale noch zu ret­ten sind, dar­an scheint die Autorin selbst zu zwei­feln, so schreibt sie in ihrem Vorwort, sie hät­te irgend­wann ver­stan­den, war­um Wale sie so fas­zi­nier­ten: „weil sie gleich einem dunk­len Vorzeichen das Ende einer Welt ankün­di­gen, in der sie exis­tie­ren kön­nen“. Was pas­siert mit einer Welt, in der Wesen, die es seit 35 Millionen Jahren gibt, nicht mehr leben kön­nen? Im letz­ten Jahrhundert gab es dem­nach noch 250.000 Blauwale, heu­te nur noch 5000.

Manche Texte und Erklärungen sind etwas anspruchs­vol­ler, wenn bei­spiels­wei­se die Kommunikation der Wale erklärt wird, von der Erzeugung der Laute bis zur Echoortung. Das Buch rich­tet sich also offen­sicht­lich eben­so an älte­re Kinder und Erwachsene. Auf 56 Seiten ver­mit­telt die Autorin etli­che Infos, jedoch nicht zu vie­le. Das ist ja durch­aus ein Nachteil von rei­nen Sachbüchern, dass sie ein umfas­sen­des Bild geben sol­len und wol­len, man aber das meis­te gleich nach dem Lesen wie­der ver­gisst. Und der emo­tio­na­le Faktor ist bei „Die Wale und wir“ natür­lich wesent­lich. Das Buch dürf­te bei vie­len den Wunsch wecken, etwas für die Wale zu tun. Am Schluss fin­det sich eine Liste mit Dingen, die man selbst oder gemein­schaft­lich machen kann, um die Lage der Wale bzw. der Tiere in den Meeren gene­rell zu ver­bes­sern. Und auf der letz­ten Seite sind Websites von Organisationen und Institutionen auf­ge­lis­tet, die über Wale infor­mie­ren bzw. sich für den Schutz von Walen einsetzen.

Die Wale und wir
Text: India Desjardins
Illustrationen: Nathalie Dion
Aus dem Französischen von Caroline Grafe
56 Seiten
ab 7 Jahren
2023 Verlag Freies Geistesleben
ISBN 978–3‑7725–3138‑5
22 Euro

„Ich bin etwas schüchtern“ von Elisabeth Longridge

Da ist jemand schüch­tern, ein Tier, von dem man zunächst nur den Kopf und den (nicht ganz kur­zen) Hals sieht, aber ver­mut­lich wis­sen sogar schon klei­ne­re Kinder sofort, dass das ein Pfau ist. Ein ande­rer Pfau will von ihm wis­sen, war­um er sich ver­steckt. Die Antwort: Er ist schüch­tern, da alle immer auf sei­nen gro­ßen, lan­gen Schweif schau­en wür­den. Der ande­re Pfau nimmt ihn mit zu vier Freunden: dem Schwan mit dem super­lan­gen Hals, der Eule mit den super­gro­ßen Augen, dem Flamingo mit den super­lan­gen Beinen und dem Tukan mit dem super­gro­ßen Schnabel. Alle vier fin­den Hals, Augen, Beine und Schnabel super, so wie sie sind. Daraufhin fasst der schüch­ter­ne Pfau Mut und zeigt sich so, wie er ist. Man kann sagen: in all sei­ner Pracht. Und die Moral von der Geschicht steht am Schluss: „Es gibt kei­nen Grund, schüch­tern zu sein – wir sind alle beson­ders, ob groß oder klein.“

Tatsächlich ist man­ches im Buch gereimt, aber bei Weitem nicht alles. Es ist ziem­lich wenig Text, pro Doppelseite maxi­mal vier Zeilen, und die Buchstaben sind recht groß. Das passt zu den schö­nen Illustrationen, die jeweils über eine Doppelseite gehen. Sie sind ruhig, klar und redu­ziert, auf eine sehr anspre­chen­de Weise. Das Cover ist ein gutes Beispiel: viel freie wei­ße Fläche, die Tiere mit einer pas­sen­den, cha­rak­te­ris­ti­schen Umgebung – und auf jedem Bild immer klei­ne, zar­te Schmetterlinge, die ja unter ande­rem ein Symbol für Wandel sind, für Hoffnung und Leichtigkeit.

Durch die zeit­lo­sen Illustrationen und die ein­fa­che, star­ke Botschaft ist das Buch etwas für Kinder wie für Erwachsene. Vermutlich füh­len sich von dem Titel auch mehr Menschen ange­spro­chen, als man den­ken würde …

Elisabeth Longridge: Ich bin etwas schüchtern
Aus dem Englischen von Anne Brauner
32 Seiten
ab 4 Jahren
2023 Verlag Freies Geistesleben
ISBN 978–3‑7725–3121‑7
16 Euro