„Männer trauern anders“ von Thomas Achenbach

Wie trau­ern Männer denn, tat­säch­lich „anders“? Anders meint hier: anders als Frauen. Thomas Achenbach, Redakteur und Trauerbegleiter, hat dazu ein gan­zes Buch geschrie­ben, das aller­dings nicht pri­mär für trau­ern­de Männer gedacht ist, son­dern für Menschen, die mit trau­ern­den Männern zu tun haben. Entsprechend lau­tet der Untertitel des Buches: „Was ihnen hilft und gut­tut“, und im Klappentext steht unter ande­rem: „Ein Buch, das hilft, trau­ern­de Männer bes­ser zu ver­ste­hen und zu begleiten.“

Gleich vor­ab: Mich über­zeugt der Ansatz „Männer trau­ern anders“, so wie er in die­sem Buch umge­setzt ist, nicht. An etli­chen Stellen ver­sucht der Autor gar zu kramp­fig, Unterschiede zu Frauen oder ver­meint­li­che Besonderheiten bei Männern her­aus­zu­strei­chen, das macht das Lesen etwas anstren­gend. Meines Erachtens las­sen sich Männer von 18 bis 100+ Jahren nicht in einen Topf wer­fen, da die Lebenswelten gar zu ver­schie­den sind. Und selbst inner­halb der Altersgruppen dürf­ten die Unterschiede in der Trauer sehr groß sein, genau­so wie übri­gens bei Frauen. Ich fin­de es nicht hilf­reich, Männer auf eine Art Trauerpodest zu heben und sie als etwas Besonderes dar­zu­stel­len. Das Paradoxe ist ja, dass der Autor von sei­nem Ansatz selbst nicht so rich­tig über­zeugt zu sein scheint, lau­ten die letz­ten Sätze im letz­ten Kapitel doch: „Die Männertrauer, die eine, mess­ba­re, mus­ter­gül­ti­ge – die gibt es den­noch nicht. Denn Männer sind auch nur Menschen. Und immer anders. Das ist ja gera­de so span­nend an ihnen.“

Da fra­ge ich mich schon, war­um der Autor nicht gleich ein Buch zum Beispiel mit dem Titel „Männer trau­ern“ geschrie­ben hat. Wozu das „anders“? Dann hät­te er sich auf Männer in Trauer kon­zen­trie­ren und dar­auf ver­zich­ten kön­nen, Frauen als Gegenpol, als eine ein­zi­ge, homo­ge­ne „Masse“ zu insze­nie­ren. Schade drum, denn wenn der Autor über Trauerarbeit und ‑beglei­tung schreibt, wird es durch­aus inter­es­sant. Das Buch hat neun Kapitel, stark fand ich Kapitel 7, in dem es um trau­ern­de Menschen und Musik geht. Konkret natür­lich um trau­ern­de Männer, aber gut.

Ich den­ke, das Buch ist etwas für Laien bzw. Menschen ohne Erfahrung in der Trauerbegleitung, der Autor behan­delt unter ande­rem fol­gen­de Themen: Ohnmacht, Reden, Extreme, Alltag, Arbeiten. In einem Extra-Kapitel gibt er Tipps, wie man einen guten Trauerbegleiter fin­det. Im Trauerprozess möch­te er lie­ber nicht von den übli­chen „Phasen“ reden, son­dern von „Aufgaben“, wobei er den Begriff „Aufgaben“ wie­der­um auch nicht für unpro­ble­ma­tisch hält, da Trauer „nicht ein­fach ‚mach­bar‘ “ sei. Was ich wie­der­um etwas beschränkt fin­de, da „Aufgabe“ ein rela­tiv wei­ter Begriff ist, nicht umsonst gibt es auch Wörter wie „Lebensaufgabe“. Aber „Aufgaben“ statt „Phasen“ gefällt dem Autor natür­lich bes­ser, da die Idee „etwas zutiefst Männliches“ sei, Trauer nicht als „pas­si­ves Durchleben“, son­dern als „akti­ves (Mit-)Steuern“ zu sehen. Am Ende des Buchs schreibt er, er habe ver­sucht, Klischees zu ver­mei­den, aber da muss ich sagen: Das ist ihm durch­gän­gig eher nicht gelun­gen. Dennoch: Das Buch bie­tet Gedankenanstöße und Ideen, wie man mit Trauer umge­hen oder ande­re dabei unter­stüt­zen kann. Insofern hat sich die Lektüre doch gelohnt.

Thomas Achenbach: Männer trau­ern anders. Was ihnen hilft und guttut
Lektorat: Andrea Langenbacher
168 Seiten
2019 Patmos Verlag
ISBN 978–3‑8436–1131‑2
17 Euro