Malorie Blackman: „Himmel und Hölle“

Wurde Zeit, dass ich auf Malorie Blackman gesto­ßen bin, die bri­ti­sche Autorin hat schon über 50 Bücher ver­öf­fent­licht, ihr größ­ter Erfolg bis­her ist die „Noughts and Crosses“-Reihe. Das sind vier Bücher, auf Deutsch sind bis­her drei erschie­nen: „Himmel und Hölle“, „Asche und Glut“, „Schachmatt“. Diese drei Bücher sind mir letz­tens in der Bibliothek ins Auge gesprun­gen, ich  habe Band 1, „Himmel und Hölle“, in einem Rutsch gele­sen, das war eine recht lan­ge Nacht …

Malorie Blackman: Himmel und Hölle

Den Titel „Himmel und Hölle“ fin­de ich nicht so gut, sei­ne Richtigkeit hat er aber schon, da es auch eine Liebesgeschichte ist, die von Sephy (Persephone) und Callum. Doch wich­ti­ger als das ist, dass Sephy eine Alpha (in der eng­li­schen Version: Cross) und Callum ein Zero (eng­lisch: Nought) ist. Die Alphas sind schwarz und regie­ren, die Zeros sind weiß und Menschen zwei­ter Klasse, ehe­ma­li­ge Sklaven, die ent­we­der ihr Schicksal hin­neh­men oder in der „Befreiungsfront“ mili­tant gegen die Alphas vor­ge­hen. Von bei­den Seiten kommt Hass und zwi­schen­drin Sephy und Callum, die von Kindheit an Freunde sind und sich als Teenager verlieben …

Der Ansatz ist fas­zi­nie­rend: Malorie Blackman dreht die Geschichte um, nicht die Schwarzen sind die Unterdrückten, son­dern die Weißen, die Handlung spielt in einer „ande­ren Jetztzeit“ oder in einer nahen Zukunft. So schafft die Autorin Abstand und lässt einen neu­en Blick auf das alte Thema zu. Indem sie es mit einer Liebesgeschichte ver­bin­det und abwech­selnd Sephy und Callum erzäh­len lässt, spricht sie so ziem­lich alle Jugendlichen ab etwa 14 Jahren an, Mädchen wie Jungen.

Es ist ein Jugendbuch, also wird es dem erwach­se­nen Leser manch­mal eine Spur zu pathe­tisch, emo­tio­nal, sim­pel zuge­hen, aber: Die Geschichte packt, fes­selt und macht nach­denk­lich, per­fekt für die Zielgruppe.

Tiere sind auch nur Menschen: „In Hamburg lebten zwei Ameisen“ von Joachim Ringelnatz

Morgenstern, den­ke ich immer wie­der, Morgenstern! Dabei ist es Ringelnatz – ein Bilderbuch ab fünf Jahren mit über zwan­zig Gedichten von Joachim Ringelnatz und sehr schö­nen Illustrationen von Christine Sormann. Die titel­ge­ben­den Ameisen sind vorn auf dem Cover zu sehen. Dass sie nur vier (und nicht sechs) Beine bzw. zwei Arme und zwei Beine haben, muss natür­lich so sein – weil die­se Ameisen auch nur Menschen sind.

Zwei Ameisen aus Hamburg wol­len nach Australien rei­sen, aber schon bei Altona ist die Puste raus, die Beine tun weh und sie lassen’s blei­ben. Sie wür­den ja gern, aber … ach, zu Hause ist es doch auch schön! Sehr mensch­lich kom­men auch rüber: Nilpferd, Elefant, Tintenfisch, Stachelschwein, Qualle, Storch, Walfisch, Hochseekuh und ande­re, eine bun­te Menagerie, die Christine Sormann wun­der­bar in Szene setzt, mit kla­ren Strichen und Farben, mit Kontrasten und Mustern.

Auf jeder Buchseite steht ein Gedicht, immer zwei Gedichte sind sich vom Thema her nahe und also auch durch die Illustration ver­bun­den. So steht zum Beispiel auf der lin­ken Seite das Gedicht „Im Park“ und auf der rech­ten Seite „Das Samenkorn“. Die lin­ke Seite ist schwarz-weiß in der Nacht, die rech­te Seite far­big am Tag, und der Baum in der Mitte erstreckt sich über bei­de Seiten, hin­ein in die Nacht und in den Tag. Die Illustrationen strah­len eher Ruhe aus und har­mo­ni­sie­ren mit den jewei­li­gen Gedichten.

Und auch die Sprache passt zum Kinderbuch: zum gro­ßen Teil leicht ver­ständ­lich (man­che Wörter wird man einem Kind erklä­ren müs­sen, kein Wunder, die Gedichte haben bald 100 Jahre auf dem Buckel), mit Lautmalerein, Quatschwörtern und Reimen. Das Buch kann man sich immer mal wie­der neh­men und dem Kind oder den Kindern ein-zwei Gedichte vor­le­sen, die Bilder anschau­en, Geschichten wei­ter­spin­nen. Zum Beispiel die von den zwei Ameisen, die viel­leicht einen zwei­ten Versuch wag­ten und nicht schon in Altona hän­gen­blie­ben, son­dern es rund um die Welt bis nach Australien schaff­ten und dort … nun, das ist eine ande­re Geschichte.

Joachim Ringelnatz
In Hamburg leb­ten zwei Ameisen
illus­triert von Christine Sormann
Lektorat Constanze Steindamm
32 Seiten
Lappan Verlag
ISBN 978–3‑8303–1192‑8
12,95 Euro

Geisterstunde in Pyeville Manor: „Detective Invisible“ – „Kommissar Unsichtbar“ von Corinna Wieja

Kinderbücher mit Detektiven gibt es vie­le, mit einem unsicht­ba­ren Detektiv wohl eher nicht, mir fällt zumin­dest keins ein. Detektiv Jonathan Smartypants ist unsicht­bar, weil er ein Geist ist. Also ein toter Detektiv, der her­um­geis­tert, da er sei­nen letz­ten Fall nicht mehr lösen konn­te, das aber sei­ner Auftraggeberin ver­spro­chen hat­te. Und was man ver­spro­chen hat, das muss man auch … so ist das eben.

Smartypants spukt in einer alten Villa namens Pyeville Manor, in die es in den Sommerferien Josy mit ihrer Mutter (die aus Deutschland stam­men) ver­schlägt. Josys Mutter hat über­ra­schend die Villa geerbt und will dort ein Bed & Breakfast eröff­nen. Genau, ein B & B, denn die Geschichte spielt in Großbritannien, in der Nähe von Brighton. In der Villa leben noch der Gärtner Mr Partridge und die Haushälterin Mrs Summer, die in den Ferien ihren Enkelsohn Jared zu Besuch hat.

Dass es in der Villa nicht mit rech­ten Dingen zugeht, merkt Josy gleich in der ers­ten Nacht: Da erscheint ihr Detektiv Jonathan Smartypants, und schon steckt Josy mit­ten in einem Kriminalfall – kann sie Smartypants hel­fen, sei­nen letz­ten Fall zu lösen?

Die Geschichte hat alles, was ein ordent­li­cher Kinderkrimi braucht: einen kniff­li­gen Fall (Wo ist das „Himmelsherz“?), zwei Helden, die auf Trab sind – Josy und Jared –, einen sym­pa­thi­schen Sonderling – Jonathan Smartypants –, ein-zwei Verdächtige (hier kei­ne Namen …), Spannung, Rätselraten, Humor … und eine gute Portion Englisch, denn „Detective Invisible“ ist in der Langenscheidt-Reihe „deutsch-eng­li­sche Krimis für Kids“ erschienen.

Logisch, dass Englisch gespro­chen wird, da Josy (wie gesagt) in Großbritannien ist, und Jared, Mrs Summer, Jonathan Smartypants und all die ande­ren nun mal eng­lisch spre­chen. Die Gespräche sind also zum gro­ßen Teil auf Englisch, der Rest der Geschichte auf Deutsch. Das ist eine gute Mischung und  kommt ganz natür­lich rüber, man wird durch den Sprachenwechsel nicht aus der Geschichte gewor­fen. Manche Wörter und Wendungen sind im Text fett gedruckt und ste­hen ganz unten auf der Seite, mit Übersetzung. „Smartypants“ heißt bei­spiels­wei­se „Klugscheißer“ – ob der Name zum Geisterdetektiv passt, kann man ja mal selbst nachlesen.

Fazit: „Detective Invisible“ von Corinna Wieja liest sich flott weg, ist ab 10 Jahren und macht Appetit auf eng­lisch­spra­chi­ge Bücher. Hat mir gut gefallen!

Corinna Wieja
Detective Invisible – Kommissar Unsichtbar
Illustrationen von Jörg Hartmann
Langenscheidt Verlag
120 Seiten
6,99 Euro
ISBN: 978–3‑468–20892‑8