Textgeschenke

Im letz­ten Jahr hab ich mich raus­ge­hal­ten, bei kei­ner Wichtelei mit­ge­macht, nicht bei Twitter, nicht in Blogs, nicht in echt. Nicht mal bei Wichtelbriefaktionen bin ich schwach gewor­den. Das ist doch kei­ne gro­ße Sache, nichts, über das man reden bzw. schrei­ben müss­te, sagst du viel­leicht. Und ich ant­wor­te: Doch, es ist schon eine nicht ganz so klei­ne Sache, denn es macht ja Spaß, bei sol­chen Wichtelaktionen mit­zu­ma­chen und Päckchen oder Briefe von Leuten zu bekom­men, die man nicht kennt. Klar, das kann dane­ben­ge­hen, aber es kann auch rich­tig schön sein. Die Kehrseite ist, dass man dann auch selbst Briefe schrei­ben und Päckchen packen muss, und das in den lächer­lich weni­gen Adventstagen, die im Handumdrehen ver­ge­hen. Dann puckert es im Hinterkopf stän­dig: Du musst noch was kau­fen, du musst noch was bas­teln, du musst noch was schrei­ben! Als wäre es nicht schon schwie­rig genug, schö­ne Geschenke zu fin­den für Leute, die man kennt.

Keine Blogwichtelaktionen also 2012. Bis auf eine. Die vom Texttreff, mei­nem Netzwerk. Im Dezember 2011 gab es sie zum ers­ten Mal, und sicher wird es sie in ein paar Jahren immer noch geben. Denn das Ganze ist so ein­fach wie gut: Bloggende Textinen (= Texttreff-Mitglieder), die mit­ma­chen wol­len, wer­den ein­an­der zuge­lost, jede bekommt einen Text und ver­schenkt einen Text.

Texttreff Blogwichteln

Ich hat­te mit zwei mei­ner drei Blogs mit­ge­macht. Für quer­beet gele­sen bekam ich „Wintergrüße aus Berlin“ von Nina Bodenlosz, für das Zettelkasten-Blog schrieb Julia Ritter über „Die Schönheit des fal­schen Worts“.

Ich brauch­te lang für mei­ne Texte, was auch dar­an lag, dass die Blogs, die mir zuge­lost wur­den, schon ziem­lich spe­zi­ell sind. Für Manon Garcías Blog „Hochbegabung bei Erwachsenen“ wur­de es schließ­lich eine Art Geschichte mit dem Titel „Als ich hoch­be­gabt war“:

Als ich hoch­be­gabt war, war ich vom ers­ten Atemzug an ein Überflieger. Ich spar­te mir den ers­ten Schrei, schluck­te den Schleim run­ter und starr­te die Hebamme, die mich in ihren Händen hielt, so ver­stän­dig wie mög­lich an. Sie starr­te zurück und erzähl­te spä­ter allen, dass sie noch nie ein Neugeborenes wie mich erlebt hät­te, das aus­sah, als wür­de es die Geburt und die Welt verstehen.

Weiterlesen könnt ihr hier: klick.

Für Linux-Journalistin Heike Jurzik wur­de es ein Text über Computerzeitschriften. Zeitschriften, die ich nie kau­fen würde:

Wenn Lesen eine Sucht ist, blät­tert man auch in Zeitschriften, die einen nicht die Bohne inter­es­sie­ren. In mei­nem Fall sind das – neben Zeitschriften über Tiere, Tätowieren, Eisenbahnen, Angeln usw. – Computerzeitschriften. Ich sit­ze tag­ein, tag­aus am Computer und lek­to­rie­re Texte. Der Computer muss funk­tio­nie­ren, der Computer muss gewar­tet wer­den, der Computer muss lau­fen. Wenn ich nicht am Computer sit­ze, will ich nichts über Computer lesen. Jedenfalls nicht, wenn es sich ver­mei­den lässt …

Den gan­zen Text fin­det ihr auf Heikes Seite: klick.

So viel zum Blogwichteln 2012, schön war es wieder!

London

Wenn man in Oxford ist, kann man auch mal nach London fah­ren. Mit dem Bus dau­ert das cir­ca andert­halb Stunden. Keine Pläne gemacht, son­dern drauf­los­ge­lau­fen, aber wir hat­ten auch jeman­den dabei, der nicht zum ers­ten Mal in London war. In Geschäften und Museen waren wir gar nicht, nur mit­tags bei einem Italiener und abends im Pub. Der Italiener war nicht so das Wahre, wir muss­ten ewig war­ten und beka­men dann 08/15-Essen, aber alles ande­re wäre wohl auch eine Überraschung gewe­sen. Ende Oktober wur­de es schon rela­tiv zei­tig dun­kel, und so sahen wir den Buckingham Palace nur im Dunkeln. Die Queen war sowie­so nicht da, die Royal Flag nicht gehisst.

Liebe auf den ers­ten Blick war das mit London nicht, die Gebäude und Straßen – alles zusam­men ist zwar ganz beein­dru­ckend, aber nicht umwer­fend, nicht so, dass man weiß, dass man unbe­dingt, auf jeden Fall wie­der­kom­men muss, so ging’s mir mit Prag und Paris. Die Stadt war unheim­lich voll (kein Wunder am Wochenende), aber wenn man sich trei­ben lässt und kein Programm mit x‑Punkten hat, die man abha­ken muss, dann kann man sich einen sehr schö­nen, ent­spann­ten Tag machen. Und den hat­ten wir.

The Clock Tower, seit 2012 – dem 60. Thronjubiläum – Elizabeth Tower. Mit Big Ben

Themse / River Thames

Das Gebäude im Hintergrund ist St Thomas‘ Hospital. Mitten im Zentrum, an der Themse, mit Blick auf den Palace of Westminster

Okay, ich schreib’s trotz­dem hin: die Tower Bridge.

Look right

Buckingham Palace

Im Pub, kurz vor Halloween (die klei­nen Spinnen erkennt man lei­der nicht …)

Wintergrüße aus Berlin

Nein, ich war nicht in Berlin in letz­ter Zeit, doch Katarina Pollner lebt dort. Katarina ist Autorin, Poesiepädagogin und Lektorin und eine Texttreff-Kollegin. Sie woll­te für mich bzw. quer­beet gele­sen einen Blogwichtelbeitrag schrei­ben – da sie lei­der wit­te­rungs­be­dingt ver­hin­dert war, hat sie Frau Bodenlosz vom Bodenlosz-Archiv als Wichtel vor­bei­ge­schickt. Danke für die Wintergrüße, das Foto und den Buchtipp, Nina Bodenlosz! :)

Texttreff Blogwichteln

 

Wintergrüße aus Berlin

Wenn in Berlin Schnee fällt, schal­tet die Stadt auf Alarmstufe rot. Die Straßen sind mit Eis, Schnee oder schlei­mi­gem Matsch bedeckt, die S‑Bahn fährt nur ab und zu, Busse kom­men oder nicht. Der Wintereinbruch scheint ein neu­es Phänomen zu sein. Nur Geduld, die Forschung arbei­tet sicher schon daran.
Es gibt durch­aus Versuche, dem Winter Herr zu wer­den: Heizungen wer­den in Weichen und Gleise ein­ge­baut, Maschinen, die aus­se­hen wie inter­ga­lak­ti­sche Raumschiffe, räu­men ein paar Meter Gehweg und wenn man Glück hat, ergat­tert man im Schuhladen Spikes, die man unter die Schuhe schnal­len kann.
Ich kann mich noch an Zeiten erin­nern, als Schnee kein Drama war. Es wur­de kalt, es schnei­te, der Schnee wur­de weg­ge­schippt, es wur­de gestreut, die S‑Bahn kam und selbst mit dem Rad konn­te ich zur Schule fah­ren. Spikes hat­te damals nie­mand an, man brauch­te sie nicht, nicht ein­mal im Vorort auf Nebenstraßen. Das kommt mir heu­te vor wie ein Märchen aus dem Wirtschaftswunder-Schlaraffenland.
In mei­nem Berliner Mietshaus exis­tiert kei­ne ein­zi­ge Schneeschippe. Es gibt ja kei­nen Hauswart mehr, der sie bedie­nen könn­te. Zuständig ist eine Hauswartsfirma, von der man nur gerüch­te­wei­se hört. Wahrscheinlich besitzt sie kei­ne futu­ris­ti­sche Schneeräummaschine und kann des­we­gen nichts ausrichten.
Warum sind die Schneeschippen ver­schwun­den? Ich fin­de, sie hat­ten eine ele­gan­te Form. Und die­ses herz­haf­te Schrappen auf Beton am frü­hen Morgen! Vielleicht waren sie aus Tropenholz, die Schippen, der Leim war gif­tig, ihr Einsatz scha­de­te einer Krötenart und wur­de euro­pa­weit ver­bo­ten. Ich weiß es nicht.
Schneeschippen ist eine alte Kulturtechnik, die bald aus­ge­stor­ben sein wird. Nur noch die ganz Alten über vier­zig kön­nen erzäh­len, wie man das frü­her mach­te. So wie in unse­rer Familie nur noch mein Vater mit der Sense mähen konn­te und auch der längst nicht so gut wie sei­ne Vorfahren.
Ich bin ein Relikt: Ich kann mit einer Schippe umge­hen. Oder ich könn­te es, wenn ich eine hät­te. Vielleicht lädt mich ein Museum als Zeitzeugin ein, damit ich es prä­sen­tie­ren kann. Wenn ich es übers Eis lebend bis ins Museum schaffe.

Berlin-Fahrraeder-Winter

Und noch ein Buchtipp zur Berliner Weihnachtsgeschichte: „Deutsche Weihnacht. Ein Familienalbum 1900–1945“

Herr Wagner aus Berlin-Schöneberg war begeis­ter­ter Fotograf. 45 Jahre lang nahm er am Heiligen Abend mit Selbstauslöser sich selbst, sei­ne Frau, den Baum und die Geschenke auf. Diese Fotos wur­den in „Deutsche Weihnacht“ zusam­men­ge­stellt und kom­men­tiert. Man blät­tert durch die Jahre und erlebt deut­sche Sozialgeschichte im Wohnzimmer der Wagners. Ein wun­der­ba­res Weihnachtsgeschenk für alle Leute, die sich für Geschichte und Fotos interessieren.

Deutsche Weihnacht: Ein Familienalbum 1900–1945. Herausgegeben von Birgid Jochens. Berlin: Nicolaische Verlagsbuchhandlung (5. Aufl.) 2006.