November

Der Sommer ist vor­bei, der Herbst auch bald. Ich hab von ers­ten Weihnachtsmarktbesuchen gehört, für man­che Leute beginnt schon jetzt Weihnachten. Dabei ist der November der graue Monat, der Monat des Erinnerns, der Trauer, der Monat, in dem man viel­leicht mal nicht die Gedanken mit käuf­li­chen und nicht-käuf­li­chen Sachen und Spielchen betäu­ben muss. Kann man natürlich.

Die grau­en Feiertage sind: Allerheiligen, Allerseelen, Volkstrauertag, Buß- und Bettag, Totensonntag. Ich ken­ne es so, dass erst nach dem Totensonntag weih­nacht­lich-fest­lich geschmückt wird. Vorher nicht. Ja, die Tage ver­ge­hen schnell, kaum ist der Dezember da, ist er schon wie­der vor­bei. Aber lie­ber lass ich die Weihnachtssachen bis in den Januar hin­ein ste­hen, als mich vor dem Totensonntag ins Weihnachts-Wunderland zu flüchten.

Kamille

In Radebeul kann man sich ja tot­lau­fen, die Stadt ist eine lan­ge Straße, auf der immer Betrieb ist, nicht die Sächsische Weinstraße sei die­se lan­ge Straße, son­dern die Sächsische Krachstraße, stand im Juni auf einem klei­nen Banner an der Meißner Straße zu lesen.

Eine lan­ge Straße und ein lan­ges Elend, kein rich­ti­ges Zentrum, man geht am bes­ten direkt nach Altkötzschenbroda, dort gibt es Kneipen und Gaststätten und so was wie Flair, oder man läuft die ver­win­kel­ten Straßen hoch Richtung Weinberge. Im Radebeuler Villenviertel gibt es was fürs Auge, aber man ver­ir­re sich bes­ser nicht mit Kindern dort­hin, denn natür­lich hat jede Villa ihren eige­nen Garten mit mehr oder weni­ger Spielgeräten, sodass kein Bedarf an öffent­li­chen Spielplätzen besteht, die man also ver­geb­lich sucht.

Bleiben wir in Altkötzschenbroda und bie­gen Richtung Elbe ab, ein Weg durch Wiesen und zu einem Platz am Wasser. Am Wegrand ein Meer aus Kamille und Wusch! kommt die Kindheit zurück. Im Garten und am Feld wuchs Kamille, die für die Schlammsuppenkocherei ver­wen­det wer­den konn­te, sie roch so gut.

Ein Katzenleben: „Wer hat Angst vor Kater Sam?“ von Runhild und Günter Arnold

Schwer zu sagen, für wen die­ses Buch gedacht ist. Vom Format und vom Cover her scheint es zunächst ein Bilderbuch zu sein. Ein Blick in das Buch: viel, viel Text, nur eini­ge weni­ge klei­ne Bilder. Also kein Bilderbuch. Kinder unter zehn Jahren wer­den mit der Geschichte noch nichts anfan­gen kön­nen, wie ich jetzt weiß. Und ob älte­re Kinder sich dafür inter­es­sie­ren? Die Zielgruppe dürf­ten doch Erwachsene sein, die Katzengeschichten lesen. In der Ich-Form erzählt Kater Sam. Er lebt in England, „in einem Professorenhaushalt“. Vielleicht erzählt er des­halb auf Deutsch und auf Englisch. Die Buchseiten sind immer zwei­ge­teilt, links der Text auf deutsch, rechts die eng­li­sche Version. Vokabelhilfen gibt es kei­ne, im Anhang fin­det sich nur „Sam’s CATalogue of useful English“ mit Wörtern wie „cat call“, „cat­a­combs“, „cathar­sis“ usw.

Sam erzählt also aus sei­nem Alltag und räumt mit eini­gen Mensch-Vorurteilen auf, unter ande­rem dem, dass Katzen ein unbe­schwer­tes, frei­es Leben in Saus und Braus füh­ren. So darf Kater Sam tags­über zwar raus, kommt aber nicht immer rein, wenn er will, da die Tür ver­schlos­sen ist. Nachts muss er im Haus blei­ben, und ist er am Abend nicht pünkt­lich da, wird nach ihm geschrie­en, wodurch er „zum Gespött der gan­zen Nachbarschaft“ wird, beson­ders pein­lich ist ihm das wegen der „süßen Miezen“. Manche Zimmer im Haus sind auch tabu für ihn, unter ande­rem das Musikzimmer und das Badezimmer, an den Türen kle­ben Zettel, die vor der „gefähr­li­chen Katze“ war­nen: „Wer hat Angst vor Kater Sam?“ Dann geht es noch um Sams Kindheit (Tierheim), die zwei Lieblingsmiezen (Catherine und Lizzy) und eine der Studentinnen, die oben im Haus lebt, Elsie. Sie war ver­lobt, wur­de ver­las­sen, der Ex kam zurück, sie woll­te ihn nicht und dann traf sie wie­der jemanden …

Das Buch liest sich ange­nehm, es ist ganz unauf­ge­regt, Kater Sam hat die Ruhe weg. Und sicher hat die Autorin, Runhild Arnold, eine Katze, wenn nicht, wür­de mich das sehr wun­dern. Das Buch ist also etwas für Leute, die Katzen mögen und lesen wol­len, was im Kopf und Leben einer Katze so vor sich gehen könn­te, vielleicht.

Runhild Arnold: Wer hat Angst vor Kater Sam?
Illustrationen von Günter Arnold
Mironde Verlag 2012
44 Seiten
ISBN: 978–3‑937654–67‑6
14,90 Euro