Bloß nichts verpassen: „Ich bin wirklich noch nicht müde!“ von Lori Sunshine und Jeffrey Ebbeler

Die alte Geschichte: Man denkt, man wür­de etwas Großartiges ver­pas­sen, wenn man bei irgend­ei­ner Sache nicht dabei ist. Und wie geht es da erst Kindern – die jeden Tag lan­ge vor den Eltern ins Bett müs­sen und gar nicht wis­sen kön­nen, was die Erwachsenen machen, wenn sie, die Kinder, schla­fen oder schla­fen sol­len. Wunderbarer Erzählstoff für ein Bilderbuch, für „Ich bin wirk­lich noch nicht müde!“ von Lori Sunshine. Der Name der Autorin ver­rät es, das Buch ist aus Amerika über den gro­ßen Teich zu uns gewan­dert, über­setzt hat es Constanze Breckoff.

Da wäre also Tom, der eines Abends über­haupt noch nicht müde ist und end­lich her­aus­fin­den will, was sei­ne Eltern machen, wenn er im Bett liegt, mit Sicherheit die tolls­ten Dinge! Mit Pitt, sei­nem Panda-Teddybär, schleicht Tom durchs Haus. Der Teddy hat die rote Taschenlampe in der Pfote, und im Lichtkegel sieht man, was Tom sich so alles aus­malt: die Eltern als Akrobaten im Zirkus, als Tierpfleger im Zoo, im Astronautenanzug vor einem Raumschiff, im Garten mit einem Dinosaurier …

Die Illustrationen von Jeffrey Ebbeler sind in gedämpf­ten Farben, sie strah­len eine gewis­se Ruhe aus, auch wenn Toms Fantasie Purzelbäume schlägt. Also kann man das Buch gut vor dem Schlafengehen anschau­en und vor­le­sen, was nicht heißt, dass die Bilder zum Einschlafen sind, sie wir­ken wie aus einem guten Zeichentrickfilm und man kann vie­le Details ent­de­cken. Besonders gut gefällt mir das Nachtblau, das immer wie­der auf­taucht, als Kontrast zum Licht der Taschenlampe. Manchmal erstreckt sich eine Szene über zwei Seiten, manch­mal fül­len meh­re­re Szenen und Illustrationen eine Doppelseite aus, das wechselt.

Zwei Versuche braucht Tom, um dem Geheimnis auf die Spur zu kom­men, beim ers­ten Anlauf knarzt die Treppe, was die Eltern hören. Beim zwei­ten Mal schafft Tom es bis zur Wohnzimmertür, er öff­net sie und lugt durch den Spalt, und „es war über­haupt nicht so, wie er sich das vor­ge­stellt hat­te“. Aber das kann Tom gar nicht erschüt­tern, er ist sicher, dass er Zirkus, Zoo, Eisenbahn, Torte usw. nur gera­de ver­passt hat und will es am nächs­ten Tag wie­der versuchen …

Lori Sunshine: Ich bin wirk­lich noch nicht müde!
Illustrationen von Jeffrey Ebbeler
Aus dem Englischen von Constanze Breckoff
ab 5 Jahren
40 Seiten
Lappan Verlag
ISBN: 978–3‑8303–1190‑4
12,95 Euro

Es ist Frühling! „Kabulski und Zilli-Ohwiewunderbarschön“ von Brigitte Werner und Birte Müller

Ganz schön lang, der Name: Zilli-Ohwiewunderbarschön. Erst habe ich Zilli-Ohwiewunderschön gele­sen, ohne „bar“. Zillikatze ist auch wun­der­schön, fin­det zumin­dest Kabulski, ein Kater im Ruhrpott. Er ist schwarz und mit Bauch, der beim Herumrennen ein wenig hin­der­lich ist, aber nicht so sehr, dass Kabulski nicht ren­nen wür­de, zumin­dest, wenn er mit Zillikatze unter­wegs ist.

Und Zillikatze fin­det alles ohwie­wun­der­bar­schön, beson­ders wenn es etwas ist, was Kabulski vor­schlägt. An einem Frühlingsabend schlägt er vor, Elefanten und Nashörner zu jagen. Im Ruhrpott, wohl­ge­merkt. Und Zilli ist begeis­tert, sie reißt Kabulski mit, sie jagen durch die Stadt und sto­ßen viel­leicht sogar auf ein Nashorn, bei­na­he. Und irgend­wann sind sie völ­lig erle­digt, aber auch – glücklich.

Von Nashörnern und Elefanten wim­melt es auf den Bildern des Buchs, sie sind an Litfaßsäulen, in Hausfenstern, auf dem Strommast, hin­ter Büschen, in Müllkübeln, in Einfahrten … Die Illustrationen sind von Birte Müller, und ich fin­de sie wun­der­bar­schön. Die Farben sind pur, satt, sie leuch­ten. Nix Vermischtes, son­dern flä­chig und ein­fach, an Plakatfarben erin­nert mich das. Zillikatze ist weiß, ihre Ohren und Nase „tief­ro­sa­rot“, Kabulski ist schwarz und mit Bauch, wie gesagt.

Brigitte Werner spielt mit den Wörtern, sie schreibt: Fizzematenten, der Duden Fi­si­ma­ten­ten, kei­ne Frage, wel­che Variante schö­ner ist, dann hät­ten wir noch „wib­be­lig­wib­be­lig­krib­be­lig“ und „blitz­schnell­mög­lichst­so­fort“, und Zillikatze tanzt den „AchichbinsoaufgeregtlassunsanfangenTanz“. Eine Katze und ein Kater im Frühling auf der Jagd nach Elefanten und Nashörnern, die natür­lich lie­bend gern von Katzen gejagt wer­den, wie Kabulski sagt, sich aber den­noch gekonnt ver­ste­cken. Am Schluss weiß Zillikatze immer noch nicht, wie Elefanten und Nashörner aus­se­hen, und schläft „ratz­fatz­di­katz“ ein, aber Kabulski kuschelt sich an sie und sein Herz ist „auf der Stelle ein schlin­gern­des Karussell“. Es ist Frühling!

Brigitte Werner:
Kabulski und Zilli-Ohwiewunderbarschön
Illustrationen von Birte Müller
ab 6 Jahren
Verlag Freies Geistesleben
ISBN 978–3‑7725–2487‑5
57 Seiten
12 Euro

Adressenverkauf und gute Ratschläge

Zurzeit habe ich wie­der ein Auge für komi­sche Sachen, die oft genug auf Verpackungen, in Katalogen und eigent­lich über­all ste­hen. Kann man über­se­hen, muss man aber nicht. Ich amü­sie­re mich, und manch­mal wun­de­re ich mich.

Diese Woche hat­te ich einen Katalog im Briefkasten, den ich nicht bestellt hat­te. Es stand mei­ne Adresse drauf, war also kei­ne Postwurfsendung an alle Haushalte. Ich warf dann einen Blick auf die Rückseite des Katalogs, und hier war zu lesen: „Adresse wur­de uns zur Verfügung gestellt von: …“ Von wem, das hab ich jetzt mal unkennt­lich gemacht auf dem Foto unten. Dass Unternehmen die Adressen ihrer Kunden tau­schen und/oder ver­hö­kern, ist nichts Neues. Aber dass ich erfah­re, wer mei­ne Adresse ohne Einwilligung wei­ter­ge­ge­ben hat, das hat­te ich noch nicht.

Lustig ist auch, wenn gewis­se Lebensmittel vor sich selbst war­nen. In die­sem Fall waren es Kräuterbonbons aus dem Bioladen. Unter den Zutaten und der Aufzählung der x‑Kräuter stand ein Hinweis: „Achten Sie auf eine gesun­de Lebensweise.“ Ja, und? Die Bonbons bestehen aus Zucker und nicht mal 1 % Kräuterextrakt. Zucker in Form von: Glucosesirup, Zucker, Bienenhonig, Malzextrakt. Wahrscheinlich erteilt sich die Bonbonfirma mit dem schö­nen Hinweis die Absolution: Wir haben euch ja gewarnt, Leute. Es ist Zucker pur! Eure armen Zähne und der böse, böse Zucker! Wenn ihr schon unse­re Bonbons esst, dann ach­tet wenigs­tens ins­ge­samt auf eure Gesundheit. Und jetzt: Marsch ins Bett!

Nicht-Bio-Bonbons sind übri­gens kei­ne Alternative, weil da eigent­lich immer Süßstoffe drin sind. Die sind viel­leicht nicht schlecht für die Zähne, haben aber sonst auch nicht gera­de den bes­ten Ruf. Und war­um über­haupt Bonbons? In der Husten- und Schnupfenzeit tun sie gut, wenn irgend­was Scharfes drin ist, ob nun Ingwer oder Kräuter oder Salbei. Und dann bleibt alles schön feucht im Mundraum und der Husten ist nicht zu tro­cken. Bonbons sind Herbst- und Winterheilmittel, und wenn ich die bei Husten esse, ach­te ich auf mei­ne Gesundheit. So ist das.