Giftmüll im Kinderbuch? „Such Professor M. – Eine Reise durch die Welt“

Irgendwann sind Kinder zu groß für die wun­der­ba­ren Wimmelbücher von Ali Mitgutsch und Rotraut Susanne Berner. Die wer­den ab 2 Jahren emp­foh­len und sind für Fünfjährige viel zu lang­wei­lig, die brau­chen här­te­ren Tobak – zum Beispiel die Wo-ist-Walter-Bücher. Jetzt gibt es Konkurrenz für Walter, sie kommt aus Dänemark: vier Kinderagenten, die durch die Welt und durch die Zeit den Bösewicht Professor M. verfolgen.

Agent B beauf­tragt die Kinder, Professor M. auf­zu­spü­ren, der über­all wild sei­nen Müll ent­sorgt. In der Savanne lädt der Professor Plastiktüten ab, die von den Tieren gefres­sen wer­den, in den Bergen will er in einer Schlucht Giftmüll ablas­sen, und in der Tiefsee hat er Fässer mit Atommüll ver­senkt. Wenn die Kinder Müll ent­de­cken, rufen sie die Entsorgungsteams an. Die Buchbildergucker sind der­weil auf der Suche nach den Kindern, Professor M. und dem Müll. Zusätzlich sind auf jeder Doppelseite die Komplizen des Professors zu fin­den – zehn Räuber, fünf geklon­te Schweine, eine Ratte – und außer­dem ein Zeitzünder.

Texte:

Die Texte sind okay. Nur okay, denn sie über­zeu­gen sprach­lich nicht so rich­tig. Kinderagenten? Na ja, stimmt schon, aber dass es Kinder sind, sieht man auch so ganz gut. Und es sind „coo­le Kinder“, was ich bald nicht mehr lesen (und hören) kann. „Entsorgungs-Team“ klingt selt­sam, und war­um da jetzt ein Bindestrich steht, weiß ich auch nicht. Die omi­nö­sen Entsorger, die am lau­fen­den Band von den Kindern geru­fen wer­den, bekommt man nie zu sehen, scha­de eigent­lich. Aber logisch, denn sie tre­ten ja erst auf den Plan, wenn die Agenten schon anders­wo suchen.
Ein Vorleser (des­sen Name mir bekannt ist ;-)) mein­te, dass es sich bei dem „Zeitzünder“ um einen Zünder hand­le, denn er habe kei­ne Uhr, son­dern einen Hebel – kawumm! Trotzdem ist es gut, dass es die Texte und somit eine (wenn auch schlan­ke) Geschichte gibt, denn die ver­bin­det die Reiseetappen bzw. die Bilder, und man kann Kindern etwas vor­le­sen. Aber das Wichtigste an dem Buch sind natür­lich die

Bilder!

Und die Bilder sind 1A. Erste Güteklasse, ein­fach pri­ma. Man kann sich (wenn man will mit Kind oder Kindern, aber das muss nicht sein) hin­set­zen und die Dinge suchen, die man fin­den soll. Oder man taucht ein­fach mal ab, zum Beispiel in die afri­ka­ni­sche Savanne. Am blass­gel­ben Himmel flie­gen Flamingos, unten sta­peln sich die Tiere fast, unter ande­rem Zebras, Büffel, Giraffen, Elefanten, Antilopen. Die  meis­ten Tiere gucken etwas gries­grä­mig aus der Wäsche, was wahr­schein­lich dar­an liegt, dass sich in ihrer Savanne so vie­le Menschen tum­meln. Und im Wasser liegt jede Menge Müll, viel­leicht haben sie davon Bauchweh, wer weiß. Am ent­spann­tes­ten sehen noch die zwei Löwendamen aus, die im Vordergrund auf den Wurzeln eines gefäll­ten Baumes schla­fen, und die Ameisen las­sen sich auch nicht stö­ren. Nette Details sind Hühner mit Kükenansammlungen, ein Gartenzwerg, ein Mopedfahrer, ein Einradfahrer, ein Periskop im Tümpel, ein Boxkampf, ein Filmteam, ein Wäscheplatz … Sieht zwar etwas voll aus, aber durch­aus gemüt­lich – wenn da nur der Müll nicht wäre.

Also ein Buch mit Sendung, ein Buch für die Umwelt? Kann sein, dass die Kinder kapie­ren, dass man Müll nicht über­all­hin kip­pen darf. Kann sein, dass die Kinder sehen, dass Müll sich nicht gut macht in der Natur. Aber das wird nicht mit der Moralkeule rüber­ge­bacht, son­dern so neben­bei, ganz spie­le­risch. Vor allem macht es Spaß, sich die Bilder anzu­schau­en, sie sind ver­blüf­fend in ihrer Vielfalt. Allein die ver­schie­de­nen Gesichtsausdrücke (!) bei den Fischen … Ein fei­nes Buch.

Such Professor M. – Eine Reise durch die Welt
Bild: Sören Tomas, Text: Karsten Mungo Madsen
Lappan Verlag 2011
32 far­bi­ge Seiten
12,95 Euro
ISBN: 978–3‑8303–1165‑2