Zehn Fragen und jede Menge Buchtipps

Gleich zwei Blogfragebögen klopf­ten die­ser Tage bei mir an, vom Behnke-Blog und vom Kinderohren-Blog. Insgesamt zwei­und­zwan­zig Fragen wären das gewe­sen, ich hab mir zehn raus­ge­sucht. Die kann gern mit­neh­men, wer mag.

1. Was hat dich bewo­gen zu bloggen?
Streusalz.

2. Wie kommst du auf dei­ne Themen?
Leben, Alltag, Bücher.

3. Hast du das Gefühl, dass Blogs etwas bewe­gen können?
Ja.

4. Was ist das Internet für dich?
Alltag.

5. Zwei Wochen ohne Internet – geht das?
Ja.

6. Welches Buch hat dich in der letz­ten Zeit beson­ders beeindruckt?
„Die Kunst des Feldspiels“ von Chad Harbach.

7. Was war dein liebs­tes Buch, als du ein Kind warst?
Die Zauberland-Bücher von Alexander Wolkow, „Der Affenstern“ von Peter Abraham, die Wilhelmine-Bücher von Konrad Potthoff, „Ich bin die Nele“ von Peter Brock, sämt­li­che Bücher von Astrid Lindgren und Erich Kästner, „Die unend­li­che Geschichte“ von Michael Ende, die Alissa-Bücher von Kir Bulytschow, „Das Wildpferd unterm Kachelofen“ von Christoph Hein, „Das Blaue vom Himmel“ von Hannes Hüttner, die Mumin-Bücher von Tove Jansson, sämt­li­che Bücher von Tonke Dragt, „Drei lus­ti­ge Gesellen“ von Eno Raud, „Der gro­ße Winter“ von Tais Teng, die Frank-Bücher von Karl Neumann, „Der bis­si­ge Benjamin“ und „Der son­der­ba­re Herr Käferstein“ von Sibylle Durian, „Mein Onkel Odysseus“ von Günter Ebert, „Der Hausflug“ von Gert Prokop, „Konrad oder Das Kind aus der Konservenbüchse“ und die Gretchen-Sackmeier-Bücher von Christine Nöstlinger, „Stelzenbein“ von Siegfried Weinhold, die Emily- und die Anne-Bücher von Lucy Maud Montgomery, „Die rote Zora“ von Kurt Held usw. usf.

8. Welches ist heu­te dein liebs­tes Kinderbuch?
Die von 7., außer­dem Bücher von Isabel Abedi, Kirsten Boie, Cornelia Funke, „Pu der Bär“ von A. A. Milne (über­setzt von Harry Rowohlt), „Harry Potter“ usw. usf.

9. Welches Buch für Erwachsene hat dich so begeis­tert, dass du es dei­nen Lesern unbe­dingt ans Herz legen möchtest?
„Momente der Geborgenheit“ von Erik Fosnes Hansen.

10. Nutzt du einen Redaktionsplan oder bloggst du spon­tan nach Lust und Laune?
Spontan, nach Lust und Laune.

Keine Ahnung von Baseball

Wenn ein Roman „Die Kunst des Feldspiels“ heißt und im Klappentext schon etwas von Baseball steht, muss man sich nicht davon abschre­cken las­sen, auch wenn man kei­ne Ahnung von Baseball hat. Man hat doch von vie­len Dingen kei­ne Ahnung, über die man liest, und auch wenn Baseball tat­säch­lich eine nicht unwich­ti­ge Rolle in Chad Harbachs Debütroman spielt, stört das nicht. Mich hat es jeden­falls nicht gestört (bis auf eine Baseball-Ballung am Schluss). Fußball wäre für mich nicht bes­ser gewe­sen, das ist zwar ver­trau­ter, aber es inter­es­siert mich gar nicht. Noch weni­ger anspre­chend hät­te ich Tennis gefun­den, und Golf erst … Sportarten ste­hen nicht im luft­lee­ren Raum, man hat Bilder davon im Kopf, ein bestimm­tes Milieu vor Augen, die Menschen, die die­sen Sport betrei­ben und die Menschen, die sich die­sen Sport live oder im Fernsehen anschauen.

Baseball ist fremd, Baseball ist Amerika, Baseball ist – das gro­ße Unbekannte, so wie jedes Buch, wenn man es anfängt zu lesen. Wenn man mit „Die Kunst des Feldspiels“ fer­tig ist, wird Baseball nicht unbe­dingt ein guter Bekannter sein, aber ein Unbekannter auch nicht mehr. Endlich wie­der ein Buch, in dem sich nicht alles um eine Person oder um ein Liebespaar dreht, son­dern in dem ein fes­seln­des Beziehungsnetz gefloch­ten wird, fünf Personen im Zentrum, in der Peripherie noch eini­ge mehr, die auch nicht nur Wasserträger der Handlung sind. Man denkt an John Irving (der auf dem Buchcover zitiert wird, lobend äußert er sich über Chad Harbachs Roman), die­se Art von Figurennetz baut er eben­falls, sei­ne Geschichten und Leute sind viel­leicht noch etwas skur­ri­ler als die in „Die Kunst des Feldspiels“, die­se sind ziem­lich nor­mal, geer­det, die Leute von neben­an qua­si (wenn auch mit einer Prise Wunderbarkeit, die sie unver­wech­sel­bar macht), und sie sind so wahr­haf­tig dar­ge­stellt und reden eben­so, dass man sich an Stephen Kings Romane erin­nert fühlt. Und es gibt die­se Stellen, die man sich raus­schrei­ben will, raus­schrei­ben wür­de, müss­te man nicht ohne Pause wei­ter­le­sen. Ein rich­tig gutes Buch, eines, das man, trotz­dem es 600 Seiten stark ist (die Schrift ist eher klein), gar nicht mehr aus der Hand legen kann.

„Die andere Seite der Liebe. Was in der Trauer guttut“ von Manu Keirse

„Der Kummer über den Verlust eines Menschen grün­det in der Liebe. Er ist die ande­re Seite der Liebe.“ So ist das. Wo Liebe ist, ist Trauer, wenn der gelieb­te Mensch stirbt. Wie könn­te es anders sein? Aber wie die­se Trauer aus­sieht, ist unter­schied­lich, bei jedem Mensch anders. Auch dar­um geht es in Manu Keirses Buch „Die ande­re Seite der Liebe. Was in der Trauer gut­tut“. Das Buch ist für Menschen, die trau­ern. Auch für Menschen, die jeman­den unter­stüt­zen wol­len, der trau­ert. Es ist ein schö­nes Buch. Schon der Umschlag. Ein fes­ter Einband in einem Rotton, ein Vogel in der Mitte, sche­men­haft, eine Taube viel­leicht. Die ja auch ein Symbol für die Liebe ist.

Neunzig Seiten hat das Buch, eini­ge mit Illustrationen von Nele Reyniers, die auch den Umschlag gestal­tet hat. Ruhige, redu­zier­te Bilder, weni­ge, aber kräf­ti­ge Farben, sie pas­sen gut. Am Anfang jedes Kapitels steht ein Gedicht, ver­fasst von Menschen, die jeman­den betrau­ern. Und der Text selbst, er ist wie ein ruhi­ger Fluss, man­ches kehrt wie­der, unter­schied­li­che Themen wer­den ange­spro­chen. Der Autor, Manu Keirse, ist Niederländer, er ist kli­ni­scher Psychologe und hat schon ande­re Bücher über Trauer und Verlust geschrie­ben. Er wählt ein­fa­che Worte, bleibt all­ge­mein, er spricht dem Leser, der Leserin zu. Was sagt er ihnen?

Dass jeder anders trau­ert. Dass aber Trauer in jedem Fall Zeit braucht. Nicht nur Tage oder Wochen, son­dern Monate, sogar Jahre. Dass Trauer ver­schie­de­ne Phasen durch­läuft (auf die der Autor jedoch nicht genau­er ein­geht), dass der Schmerz wie Wellen kommt und geht, dass er einen über­rum­peln, auch umwer­fen kann. Dass ganz ver­schie­de­ne Gefühle und Reaktionen in der Trauer „nor­mal“ sind, auch Aggressionen zum Beispiel, die sich gegen den Toten, gegen sich selbst, gegen ande­re, die man liebt, rich­ten kön­nen. Dass man Gefühle zulas­sen soll, dass reden gut ist, immer wie­der. Dass Aggressionen und ande­re Verhaltensweisen in der Trauer aber auch zu weit gehen kön­nen, sodass Hilfe von außen von­nö­ten ist, von Fachleuten.

Dass Trauer eine Belastung für den Trauernden ist, nicht nur psy­chisch, auch kör­per­lich. Dass es umso wich­ti­ger ist, sich selbst Gutes zu tun, auf sich auf­zu­pas­sen. Und vie­les mehr. Kein pathe­ti­sches Buch, son­dern ein empha­ti­sches. Eins, das die Trauer nicht weg­schrei­ben will (denn das geht nicht), son­dern ihr Raum gibt – aber deut­lich macht, dass es wei­ter­geht. Keine „Anleitung zum rich­ti­gen Trauern“ und kein Sachbuch, der Autor erwähnt eini­ge Trauernde und ihren Umgang mit dem Verlust, geht aber nicht wei­ter ins Detail. Wenn man selbst schon getrau­ert oder ande­re Trauernde erlebt, beglei­tet hat, ist das alles nichts Neues. Aber es kann gut­tun, dar­über zu lesen.

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Manu Keirse
Die ande­re Seite der Liebe. Was in der Trauer guttut
Aus dem Niederländischen von Bärbel Jänicke
Illustrationen von Nele Reyniers
Patmos Verlag
2013
96 Seiten
ISBN: 978–3‑8436–0434‑5
14,99 Euro