Eine Frau, ein Mann, zwei Kleinkinder und ein Esel unterwegs auf Korsika: „Ist das jetzt der Urlaub?“

In man­chen Büchern geht es um Dinge, die man nie tun wür­de. In ande­ren Büchern geht es um Dinge, die man selbst schon getan hat oder durch­aus tun wür­de. In „Ist das jetzt der Urlaub?“ von Christine Hutterer geht es um einen Urlaub, der für mich in die ers­te Kategorie fällt: So was wür­de ich nie tun. Aber es war ein Vergnügen, dar­über zu lesen!

2010 hat Christine Hutterer mit ihrem Mann und den zwei klei­nen Kindern, ein und drei Jahre alt, einen schon ziem­lich außer­ge­wöhn­li­chen Urlaub gemacht: Fast vier Wochen lang sind sie duch Korsika gewan­dert – mit einem Esel. Esel Bronco trug die drei­jäh­ri­ge Tochter der Familie sowie einen Großteil des Gepäcks. Der ein­jäh­ri­ge Sohn saß in der Kindertrage. Einer der Erwachsenen muss­te den Esel füh­ren, der ande­re hin­ter­her­lau­fen und wei­te­res Gepäck schlep­pen. Wenn ich dar­an den­ke, wie viel Gepäck sich bei einer Familie nor­ma­ler­wei­se ansam­melt, wenn sie in den Urlaub fährt, gera­de wenn Kleinkinder dabei sind – Windeln, Wechselsachen, Spielzeug, dies und das … Aber es geht auch mit ganz wenig, das zeigt das Buch recht eindrücklich.

Unaufgeregt, detail­liert und sehr per­sön­lich berich­tet Christine Hutterer von der Reise. Von den Unsicherheiten am Anfang, da sie kei­ner­lei Erfahrung mit Eseln hat­ten und nicht wuss­ten, was genau sie erwar­te­te. Von Improvisation, wenn es galt, Unterkünfte, Lebensmittel und Geld zu orga­ni­sie­ren auf einer zwar tou­ris­tisch erschlos­se­nen, jedoch eher ein­sa­men Route. Von vie­len guten Begegnungen und weni­gen nicht so guten. Von grö­ße­ren und klei­ne­ren Schreck-Erlebnissen auf unweg­sa­mem Gelände und mit Tieren. Auch von Momenten, in denen die Anspannung und die Verzweiflung groß war – wenn etwas schief­ging zum Beispiel und die Nerven doch mal schlapp­mach­ten und man ein­fach nur sau­er oder wütend war …

Dass sol­che Momente auch vor­kom­men in dem Buch, die gan­ze Palette von Freude über Dankbarkeit bis Ärger, macht das Ganze erst rund. So liest man eine span­nen­de Reiseschilderung und zugleich ein Familienporträt, nicht zu ver­ges­sen Esel Bronco, der sich nicht in die Karten schau­en ließ, was er nun von allem hielt, aber doch zu einem Familienmitglied wur­de, von dem am Ende der Abschied schwer­fiel. Unbedingt erwähnt wer­den müs­sen auch die tol­len Fotos: von der Landschaft sowie von den vier Hutterers – und Esel Bronco natür­lich. Es sind vie­le Fotos, die das „Mitreisen“ per­fekt unterstüzen.

Ich blei­be dabei: Für mich wäre so was nichts. Aber gele­sen habe ich das Buch sehr gern. Und Lust auf Urlaub hät­te ich jetzt auch …

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Christine Hutterer ist wie ich Mitglied im Texttreff, wir sind uns schon mal „in echt“ begeg­net, von ihrem Urlaub mit Esel auf Korsika erfuhr ich aller­dings erst viel spä­ter. Ihr Buch „Ist das jetzt der Urlaub?“ habe ich mir in mei­ner Stadtbibliothek aus­ge­lie­hen, und nach dem Lesen muss­te ich die­se Rezension ein­fach schrei­ben. Ein paar Fragen zur Entstehung des Buches hat­te ich auch noch, fürs Antworten geht ein gro­ßes Dankeschön nach München, an Christine. :)

Bist du schon mit einem Verlagsvertrag los­ge­reist oder hast du nach dem Urlaub einen Verlag gesucht?
Die Idee zu dem Buch kam erst unter­wegs. Daher hat­te ich auch noch kei­nen Verlag und schon gar kei­nen Vertrag. Das war aber viel­leicht auch ganz gut so, denn sonst hät­te ich mich unter Druck gesetzt gefühlt, etwas Besonderes erle­ben zu MÜSSEN. So war es zual­ler­erst eine Familienreise mit Abenteuercharakter.

Wie hast du die Reise fest­ge­hal­ten: Hast du wäh­rend­des­sen Notizen gemacht oder erst danach geschrieben?
Teils teils. Nach dem ers­ten Tag, der so chao­tisch war, dach­te ich, dass ich dar­über eigent­lich ein Buch schrei­ben soll­te. Dann habe ich ange­fan­gen, mir ver­ein­zelt Notizen zu machen und als wir dann mal in einem Geschäft ein Heft gefun­den haben, habe ich nach­ge­tra­gen und ergänzt.

Wie ging es mit der Buchidee bzw. dem Buch wei­ter, als ihr wie­der zu Hause wart?
Zurück zu Hause war ich begeis­tert von der Idee, über unse­re Erlebnisse ein Buch zu schrei­ben. Doch ich muss­te wie­der arbei­ten – damals war ich noch ange­stellt – und fand ein­fach die Zeit neben den bei­den klei­nen Kindern nicht, um damit anzu­fan­gen. Außerdem woll­te ich mich beruf­lich ver­än­dern und war daher im Kopf nicht frei für das Schreiben. Im Laufe des rest­li­chen Jahres ent­schied ich, mich selb­stän­dig zu machen. Und nach­dem ich bei mei­nem Arbeitgeber gekün­digt hat­te, begann ich mit dem Schreiben des Buches!

Da ich noch kei­ner­lei Erfahrung und kei­nen Kontakt zu ande­ren Autoren hat­te (das Netzwerk Texttreff kann­te ich noch nicht), trat ich dann mit dem fer­ti­gen Manuskript an Verlage her­an – so, wie man es nicht machen soll. Meinen favo­ri­sier­ten Verlag habe ich zuerst nicht ange­schrie­ben, denn ich woll­te erst das Feedback von ande­ren haben, um das Manuskript even­tu­ell noch ein biss­chen ver­bes­sern zu kön­nen. Doch irgend­wann war ich etwas frus­triert, weil ich ein­fach mona­te­lang nichts von den Verlagen hör­te, so dass ich mir ein Herz fass­te und ein Exposé und ein Probekapitel an ter­ra magi­ca schick­te. Nur weni­ge Tage spä­ter bat man mich, doch das gan­ze Manuskript nach­zu­rei­chen, und eini­ge Wochen spä­ter unter­zeich­ne­te ich den Verlagsvertrag.

Dann muss­te es schnell gehen, denn das Buch soll­te im Frühjahr erschei­nen – es war schon Ende Oktober und es muss­ten doch noch eini­ge Überarbeitungen gemacht wer­den. Aber es hat alles geklappt! Die Lektorin war sehr nett, hat­te ein offe­nes Ohr für mei­ne Fragen und hat mir erklärt, wor­auf es ankäme.

Im Frühjahr 2013 erschien das Buch dann und ich war sehr stolz, es in den Buchhandlungen zu ent­de­cken. Allerdings läuft das Marketing etwas schlep­pend. Von Verlagsseite wird lei­der – für mein Empfinden – zu wenig unter­nom­men, aber das ist schein­bar auch immer so, wenn man nicht schon eine bekann­te Autorin ist. Daher mache ich viel Marketing selbst – über mei­nen Blog und über die Webseite, ich schrei­be Outdoor- und Familienmagazine an und bie­te das Thema Eselwandern an, kon­tak­tie­re Anbieter von Eselwanderungen in Europa und ver­net­ze mich mit ihnen … Es ist müh­sam, macht aber auch Spaß.

Eure Kinder waren bei die­ser Reise ein bzw. drei Jahre alt. Erinnern sie sich noch dar­an, und an Esel Bronco?
Der Kleine erin­nert sich wohl nicht mehr dar­an, aber natür­lich weiß er aus Erzählungen und Bildern und aus dem Buch, dass er dabei war und wie der Esel hieß. Valentina hin­ge­gen kann sich noch gut erin­nern und hat auch noch lan­ge von Ereignissen erzählt, die mir gar nicht in Erinnerung geblie­ben waren. Und an den Esel Bronco erin­nert sie sich auch noch.

Euer Urlaub mit Bronco auf Korsika war 2010. Waren eure Urlaube seit­her immer so abenteuerlich?
Nein, um Himmels wil­len. Wir sind zwar nicht die Hotel- und Pauschalurlauber, son­dern fah­ren eher auf Berghütten, Campingplätze oder in Ferienwohnungen, aber das ist ja doch alles sehr gemäßigt.

Planst du schon wei­te­re Bücher?
Das ist eine gute Frage. Ich habe Ideen für meh­re­re Bücher – aller­dings nicht zuerst für Reiseerzählungen. Zwar wür­de ich ger­ne wie­der eine tol­le Reise machen und dar­über schrei­ben, aber im Moment las­sen das die äuße­ren Umstände nicht zu. Aber ich habe noch ande­re Ideen: für einen Roman und ein Kinderbuch. Mal sehen, wann ich die Ideen anpacke!

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-> Website und Blog zum Buch: ist-das-jetzt-der-urlaub.de
-> Website Christine Hutterer: lebens-werke.de

Blogger schenken Lesefreude 2014

Blogger_Lesefreude_2014_LogoIn die­sem Jahr bin ich dabei: bei „Blogger schen­ken Lesefreude“! Zum Welttag des Buches am 23. April (ein­fach zu mer­ken: 2, 3, 4 – 23.4.!) wer­de ich zwei Hörbücher aus dem Zeitbrücke Verlag ver­lo­sen: „Die Titanic und ande­re Lost Liners“ sowie „Karl der Große – Vater Europas?“ Das Hörbuch über Karl den Großen ist ganz neu, es ist in die­sem März, kurz vor der Buchmesse, erschienen.

Der Zeitbrücke Verlag macht mit sei­nen Hörbüchern Geschichte leben­dig – mit einer span­nen­den Handlung, mit bekann­ten Stimmschauspielern, mit Musik und Experteninterviews. Ich weiß, wovon ich spre­che, ich habe die­se Hörbücher lektoriert. ;)

In „Die Titanic und ande­re Lost Liners“ geht es neben der Titanic um die Empress of Ireland, die Lusitania, die Britannic, die Normandie, die Wilhelm Gustloff und die Andrea Doria. Es sind drei CDs und unterm Strich über 200 Minuten – da kann man lan­ge hören!
Die bei­den Haupterzähler Gerrit Schmidt-Foss und Ulrike Stürzbecher sind die deut­schen Stimmen von Leonardo DiCaprio und Kate Winslet ali­as Jack und Rose in „Titanic“.

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„Karl der Große – Vater Europas?“: 2014 jährt sich der Todestag von Karl dem Großen zum 1200. Male. Ein guter Anlass, um mehr über den karo­lin­gi­schen Herrscher zu erfah­ren, der im Jahre 800 zum Kaiser gekrönt wurde.
Haupterzähler sind Reiner Schöne und Cordula Trantow.

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bloggerschenkenlesefreude.de
www.zeitbruecke.com

Ein Buch für den Kopf, nicht fürs Herz: „Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert“

Ja, Kopf oder Herz, das ist ein biss­chen pla­ka­tiv, aber es passt: Auf Empfehlung habe ich die­ser Tage Joël Dickers „Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert“ gele­sen. Das Buch lag eine Weile her­um, unter ande­rem, weil es über 700 Seiten hat. Kleine Schrift. Die Zeit muss man ja erst mal haben. Und mein Bücherstapel ist groß. Als ich nun also las, konn­te ich nicht mehr auf­hö­ren. Und Seiten über­sprin­gen bzw. über­flie­gen, was man­che Wälzer pro­blem­los erlau­ben, ging lei­der auch nicht. Weil es dau­ernd wich­ti­ge Wendungen gab und kei­ne Seite zu viel war.

Es ist eine Art Krimi, mit Leiche und Ermittlungen. Es ermit­telt Marcus Goldman, Schriftsteller, Anfang drei­ßig, der einen Erfolgsroman ver­fasst hat und dem danach nichts Neues ein­fällt. Da kommt ihm der Fall (kann man wört­lich neh­men, Fall wie fal­len) sei­nes Mentors, des berühm­ten Schriftstellers Harry Quebert, gera­de recht. Natürlich nur aus Freundschaft reist Marcus in die Höhle des Löwen und ver­sucht her­aus­zu­be­kom­men, was vor drei­und­drei­ßig Jahren zwi­schen Harry Quebert und Nola geschah.

Das Buch wech­selt zwi­schen Vergangenheit (1975) und Gegenwart (2008), wie eine Zwiebel, Schicht um Schicht, ent­blät­tert Marcus die alte Geschichte, bis er am Ende schließ­lich auf die nack­te Wahrheit stößt. Vielleicht. Kurzweilig ist das Buch, fes­selnd. Aber es packt einen nicht unmit­tel­bar, es zieht einen nicht in einen emo­tio­na­len Sog, es bleibt eine Distanz, das Ganze ist gar zu per­fekt kon­stru­iert, man sieht zum Ende hin regel­recht den Autor, Joël Dicker, am Roman-Reißbrett vor sich, wie er noch eine Wendung rein­packt und dabei zufrie­den oder leicht ver­rucht grinst. Es ist nur „eine Art“ Krimi, da im Zentrum der Geschichte die zwei Schriftsteller, Marcus Goldman und Harry Quebert, ste­hen – ihre Mühen beim Schreiben, das Nichtschreibenkönnen, das glück­li­che Schreiben usw., noch dazu ist jedem Kapitel ein Tipp, den Mentor Quebert sei­nem Protegé Marcus einst zum Buchschreiben gege­ben hat, vorangestellt.

Zweierlei hat mich an dem Buch genervt: zum einen der Name der weib­li­chen Hauptfigur, Nola. Das klingt so schreck­lich nach „nölen“. Zum andern die Beziehung zwi­schen Harry Quebert und Nola. Ich ver­ra­te jetzt mal, dass der Mann über drei­ßig und das Mädchen fünf­zehn ist, als sie sich ver­lie­ben. Nun geht das Buch nicht ins Detail, der Autor über­lässt es der Fantasie des Lesers, ob die bei­den ins Bett stei­gen oder nicht. Jedenfalls duzt er sie und sie siezt ihn. Eisern. Wenn Joël Dicker auf Englisch geschrie­ben hät­te, könn­te man’s auf den Übersetzer schie­ben, aber das Original ist fran­zö­sisch, und da gibt es kein „you“, son­dern „tu“ und „vous“. Ein wich­ti­ges Element der Geschichte ist also die­se Liebe zu einer Minderjährigen. Die ver­meint­lich ganz gro­ße Liebe mit schmach­ten­dem Mädchen und Hin-und-weg-Mann, der sich zusam­men­rei­ßen will, weil das ja alles nicht geht mit der Kleinen. Muss das sein? Gähn!

Trotzdem mag ich das Buch. Weil es span­nend ist. Weil man sich nach dem Lesen noch den Kopf dar­über zer­bre­chen kann (wenn man Lust hat). Und weil es von Autoren und vom Schreiben handelt.