Dumme Katze, schlauer Hund? Ein Buch (nicht nur) für spät erkannte Hochbegabte

Manon García hat ein Buch über Hochbegabung geschrie­ben: „Sind Sie noch Katze oder schon Hund? Hochbegabung nach dem Testergebnis“. Es gebe zwar Bücher über und für hoch­be­gab­te Kinder (und deren Eltern), für Erwachsene habe sie bei der Recherche jedoch ledig­lich ein-zwei Bücher gefun­den, die aber nichts Umfassendes zum Thema lie­fer­ten. Die Autorin legt nun ein Buch vor, das nicht ganz Ratgeber und nicht ganz Sachbuch ist. Stark ist das Buch, wenn García von ihrem eige­nen Erleben erzählt. Mit 38 hat­te sie einen IQ-Test gemacht und erfah­ren, dass sie hoch­be­gabt ist. Ihre Reaktion auf das Testergebnis schil­dert sie im 1. Kapitel anhand von sechs Phasen nach Heinz-Detlef Scheer: Überraschung, Euphorie, Ernüchterung, Aggression, Trauer und Versöhnung.

Das Persönliche zieht sich durch das gan­ze Buch, und auch der Leser oder die Leserin wer­den direkt ange­spro­chen, gesiezt, um genau zu sein. Denn das Buch wen­det sich an Hochbegabte, mit denen García ihre Erfahrungen tei­len und denen sie auch Hilfen für die Zeit nach dem Test geben möch­te. Dass die Autorin ihren eige­nen Weg schil­dert, passt gut – ich kann mir vor­stel­len, dass die Identifikationsmöglichkeit für ande­re spät erkann­te Hochbegabte recht groß ist. Sicher lässt sich das Leben nach dem Test auch nicht ver­all­ge­mei­nern, sodass Handlungsanweisungen oder ähn­li­ches fehl am Platz wären.

Wenn es dar­um geht, Informationen zu ver­mit­teln, ist das Buch teils etwas schwer­fäl­lig, zitiert zu umfang­reich. Es wer­den die Autorennamen genannt, der Titel jedoch zumeist nicht. Dafür muss man zurück­blät­tern, in den Anhang. Zum Beispiel war von dem Auszeit-Buch Hape Kerkelings die Rede, jedoch wur­de nicht erwähnt, wie es heißt. (Blättern.) Oder von einem Film Jodie Fosters, in dem es um ein hoch­be­gab­tes Kind geht, aber wie hieß er gleich noch mal? (Blättern.) Das sind jedoch Kleinigkeiten, die ein gerin­ges Gewicht haben im Vergleich zu dem Gewinn, lesens­wer­te Informationen gut auf­be­rei­tet prä­sen­tiert zu bekom­men. Als sehr inter­es­sant habe ich zum Beispiel die Abschnitte zur prä­na­ta­len Entwicklung und zum Schulsystem emp­fun­den sowie über die Berichterstattung zum Thema Hochbegabung in den Medien.

In der BRD war (intel­lek­tu­el­le) Hochbegabung zunächst kein Thema, von den 50ern bis in die 80er Jahre hin­ein gab es nur die Pole „Wunderkind“ und „Schulversager“ – Extreme und Anderssein waren uner­wünscht, (intel­lek­tu­el­le) Hochbegabte wur­den nicht geför­dert. Besser wur­de das nach 1985, in jenem Jahr war in Hamburg die „6. Weltkonferenz für hoch­be­gab­te und talen­tier­te Kinder“. Hier fin­det sich schon eine Erklärung, war­um aktu­ell spät erkann­te Hochbegabung ein Thema ist: Die Kinder aus der Zeit, in der Hochbegabung als gesell­schaft­lich nicht rele­vant betrach­tet wur­de, sind längst erwach­sen und set­zen sich nun mit ihrem „Anderssein“, wie es die Autorin auch nennt, aus­ein­an­der. In der DDR wur­de mit Hochbegabung anders umge­gan­gen, dazu erfährt man aber nichts Näheres.

Das „Anderssein“ und die Probleme von spät erkann­ten Hochbegabten las­sen sich Menschen, die selbst nicht unmit­tel­bar betrof­fen sind, schlecht ver­mit­teln. So fand Manon García das Bild eines Hundes, der unter Katzen auf­wächst und erst spät merkt, dass er „anders“ ist. Mit die­sem Verlgeich gelingt der Autorin die Veranschaulichung tat­säch­lich sehr gut. Hund und Katze sind ver­schie­den, das beginnt schon beim Schwanzwedeln, das eine unter­schied­li­che Bedeutung hat (Hund: Freude und Spiel, Katze: Gefahr und Angriff). Meist wird ja die Katze, die unab­hän­gig ist und ihren Halter gut dres­siert (sie­he Simon’s Cat ;-)), als schlau­er als der Hund ange­se­hen, der auch beim 20. Mal noch dem Stöckchen nach­rennt. Aber war­um soll man nicht mal die Perspektive wech­seln? Der Hund ist lern­wil­li­ger als die Katze, er hat Potenziale, die sich im Training mit sei­ner Halterin oder sei­nem Halter aus­schöp­fen las­sen. Eine Katze lebt ihr Leben, man wird ihr noch bei­brin­gen kön­nen, aufs Katzenklo zu gehen, aber sonst? (Falls das jetzt nicht stimmt, könnt Ihr Euch gern in den Kommentaren aus­to­ben. Das ist mei­ne beschei­de­ne Meinung als Nicht-Katzen- und Nicht-Hundebesitzerin.) Dumm ist die Katze natür­lich trotz­dem nicht, aber der Hund eben­so nicht. (Und ein biss­chen Provokation muss sein.)

Manon Garcías Beispielhund ist „anders“ als sei­ne Katzenfamilie, und er muss erst ler­nen, damit umzu­ge­hen. Genau so heißt hoch­be­gabt eben nicht, dass man auto­ma­tisch höher, schnel­ler, wei­ter denkt und leis­tet als Nicht-Hochbegabte, son­dern: Auch Hochbegabte müs­sen geför­dert wer­den und ler­nen, um zum einen Höchstleistungen brin­gen und zum ande­ren sich in der eige­nen Haut wohl­füh­len zu kön­nen. García zeigt, dass Hochbegabte, die sich an „Normalbegabte“ anpas­sen und ihr eige­nes Potenzial nicht ver­fol­gen, oft mit sich selbst und ihrem Leben  unzu­frie­den sind. Ein Test auf Hochbegabung zeigt also einer­seits in die Zukunft – man hat die Möglichkeit, etwas zu ver­än­dern. Andererseits ist ange­ra­ten, zuvor in die eige­ne Vergangenheit zu schau­en, um mit dem neu­en Bewusstsein der Hochbegabung zu ver­ste­hen, war­um man z. B. in der Schule und der Familie eher ein Außenseiter, der Klassenclown oder der „Versager“ war.

Im 5. Kapitel, „Rückschlüsse“, wer­den für spät erkann­te Hochbegabte eini­ge Wege auf­ge­zeigt, wie sie ihr Leben ändern kön­nen, so sie das wol­len. García nennt Selbstcoaching (eine inter­es­san­te Technik für jeden, nicht nur für Hochbegabte), eine Auszeit neh­men (Hape Kerkelings Buch, das hier zitiert wird, heißt „Ich bin dann mal weg“), ein Erfolgsteam bzw. einen Mentor suchen. Für spät erkann­te Hochbegabte gebe es kei­ne Förderungsprogramme, man muss sich also alles selbst zusam­men­bas­teln. Dazu bie­te das Web 2.0 zahl­rei­che Möglichkeiten, so die Autorin.

Fazit: Ein sehr infor­ma­ti­ves Buch, das sich natür­lich auch damit aus­ein­an­der­setzt, wann man von Hochbegabung spricht, wel­che Arten es gibt, was die Gehirnforschung zu dem Thema zu sagen hat usw. Das Bild von dem Hund, der kei­ne Katze ist, das aber erst spät mit­be­kommt, fin­de ich gut, nur wird es ein wenig zu sehr aus­ge­reizt, der Vergleich hät­te nicht in jedem Unterkapitel bemüht wer­den müs­sen. Ich den­ke, das Buch kann eine gro­ße Hilfe für spät erkann­te Hochbegabte sein. Es wur­de in Eigenregie bei BoD ver­öf­fent­licht, da Verlage, die die Autorin kon­tak­tier­te, die Zielgruppe als „zu klein“ ansa­hen. Was zu bewei­sen wäre …

Zum Schluss noch ein Schmankerl aus dem Buch: Auf der Website des Mensa e.V. gibt es einen Online-Kurztest, in des­sen Auswertung man erfährt, ob ein „rich­ti­ger“ IQ-Test sinn­voll wäre. ;-)

Manon García: Sind Sie noch Katze oder schon Hund?
Hochbegabung nach dem Testergebnis
BoD
200 Seiten
19,95 Euro
ISBN 978–3‑8391–9967‑1

Typisch Eltern! Kein Erziehungsratgeber von Felicitas Römer

Weihnachten ist über­stan­den, aber Silvester steht noch bevor, wir haben jetzt die Tage zwi­schen den Jahren, an denen die meis­ten Kindergärten – und die Schulen sowie­so – geschlos­sen sind. Eine gute Gelegenheit, Kinder bei den Großeltern zu par­ken und Ruhe zu suchen … Aber das klappt ja nicht immer, und so dürf­ten in eini­gen Familien die Nerven blank lie­gen. Extremsituation! Und also idea­le Bedingungen, um her­aus­zu­fin­den, wel­cher Erziehungstyp man ist.

In die­sem Buch geht es nicht um ver­meint­lich tyran­ni­sche Kinder und wie man sie brav bekommt (oder nicht), son­dern um die Eltern. „Typisch Eltern – 7 Arten Kinder zu (v)erziehen“ von Felicitas Römer stellt in sie­ben Kapiteln poin­i­tert sie­ben Elterntypen vor. Das kann man sich von der ers­ten bis zur letz­ten Seite hin­ter­ein­an­der­weg durch­le­sen, aber die Kapitel ste­hen für sich, so dass man zum Beispiel mit dem Elterntyp, der am inter­es­san­tes­ten klingt, anfan­gen und irgend­wo wei­ter­ma­chen kann. Das Buch sei „gedul­dig und fle­xi­bel ein­setz­bar“, schreibt Felicitas Römer, und so ist es auch. Die Autorin hat selbst vier Kinder, und da müs­sen Bücher ver­mut­lich ab und zu län­ger auf dem Nachttisch warten.


Das Buch ist klein und hand­lich (Hardcover!), die Schrift ist lei­der auch nicht all­zu groß, aber man muss sich nicht extra eine Brille anschaf­fen, wenn man sonst kei­ne benö­tigt, die Dudenschrift ist schon mal klei­ner, es geht also wirk­lich. Zu jedem Elterntyp gibt es eine Illustration von Jens Rassmus, eine gute Vorlage, die man dann mit dem eige­nen Kopfbild von die­sem Elterntyp abglei­chen kann.

Die sie­ben Elterntypen: Chef, Kuscheleltern, Animateur, Selbsterfahrungseltern, Bullerbüeltern, Schlauberger, Coach. Wie ist die Autorin auf die­se Typen gekom­men? Sie sind „das Ergebnis mei­ner lang­jäh­ri­gen Beschäftigung mit dem Thema ‚Familie und Erziehung‘ – als Mutter, als Journalistin, als sys­te­mi­sche Familienberaterin“, schreibt Felicitas Römer im Vorwort. Sie sind natür­lich über­zeich­net, es sind Typen, die man nicht 1:1 tref­fen wird, aber gera­de das kann das Erkennen erleichtern.

Die Kapitel sind gleich auf­ge­baut. Zunächst wer­den die Elterntypen vor­ge­stellt, was sind ihre Stärken und Schwächen. Dann wird eine Situation geschil­dert, z. B. das Kind will im Supermarkt par­tout etwas haben. Nun wer­den ver­schie­de­ne Reaktionsmöglichkeiten der Eltern gezeigt, mög­li­che Erziehungsfallen benannt, für die der jewei­li­ge Elterntyp anfäl­lig ist, und es wird gesagt, wie man es ver­mei­den könn­te, in die­se Fallen zu tappen.

Nehmen wir den Cheftypen. Er hat oft einen Kommandoton drauf: Lass das! Sitz ruhig! Iss ordent­lich! Sei lei­se! – Wer kennt das nicht. Was sagt Felicitas Römer? Dass das Kind einen respekt­vol­len Umgangston ver­dient. Es ist eben ein Kind, ein klei­ner Mensch – und kein Hund. Man soll­te beob­ach­ten: Wann hat man die­sen Ton drauf? Man soll­te sich vor­stel­len: Wie wür­de man sich füh­len, wenn man an der Stelle des Kindes wäre und stän­dig her­um­kom­man­diert wür­de? Das ist eigent­lich der Weg, den die Autorin bei allen geschil­der­ten Erziehungsfallen vor­schlägt: Augen öff­nen, erken­nen, was even­tu­ell schief­läuft, nach dem Warum fra­gen, dazu zeigt sie mög­li­che Lösungen auf.

Sie ist dabei nicht dog­ma­tisch. Leute, die selbst Kinder haben und die Höhen und Tiefen des Familienalltags ken­nen, wis­sen eben, dass Mütter und Väter auch nur Menschen sind und nicht durch­ge­hend kon­se­quent, gedul­dig, ‚erwach­sen‘ han­deln. Der Knackpunkt ist eher, dass man­che Verhaltensweisen bes­ser kein Dauerzustand wer­den soll­ten – wie z. B. das „Wenn du das nicht machst, dann gibt es mor­gen das nicht“-Verhalten, das Felicitas Römer im Chefkapitel bespricht.

Die Autorin baut zur Veranschaulichung zahl­rei­che Beispiele ver­schie­de­ner Situationen mit Kindern unter­schied­li­cher Altersgruppen ein. Dass meist von „Ihrem Kind“, „Ihrer Tochter“, „Ihrem Sohn“ die Rede ist, fand ich etwas irri­tie­rend, ange­neh­mer war doch die Variante, einen belie­bi­gen Namen zu wäh­len und ein Alter zu erwäh­nen, bei­spiels­wei­se Leona, 4 Jahre.

Gut fin­de ich den Ansatzpunkt die­ses Ratgebers – die Elterntypen zu ‚beob­ach­ten‘ und ihre Arten des Erziehens unter die Lupe zu neh­men. Ich schät­ze, jede Leserin und jeder Leser mit Kind oder Kindern wird eini­ge Merkmale von sich wie­der­fin­den oder sogar bei einem Typ ein Aha-Erlebnis haben. Manche Typen könn­ten einem gänz­lich fremd sein, und dann ist es wie­der­um span­nend, hier ein paar Einblicke zu erhal­ten. Vielleicht kann man für sich ein paar Tipps mit­neh­men und/oder Anregungen, sich wei­ter zu bele­sen. Allein durch die Lektüre die­ses Buches wird eine Chefmutter sicher nicht von heu­te auf mor­gen ihre Wenn-aber-Drohungen ein­stel­len, aber das erwar­tet ja kei­ner von einem Buch, nicht ein­mal die Autorin, die im Gegenteil emp­fiehlt: „Geben Sie sich Zeit, wenn Sie an sich arbei­ten möch­ten. Gehen Sie klei­ne Schritte. Haben Sie Geduld, wenn es zu den unver­meid­li­chen ‚Rückfällen‘ kommt. Und machen Sie sich zwi­schen­durch immer wie­der klar, was Sie alles schon geleis­tet haben und was in der Familie gut läuft.“ Das ist doch mal ein ordent­li­ches Schlusswort! Ergänzen will ich nur noch, dass das natür­lich doch ein Erziehungsratgeber ist – einer, der an der Selbsterziehung der Eltern feilt!

Typisch Eltern – 7 Arten Kinder zu (v)erziehen
Felicitas Römer
Walter-Verlag
Oktober 2010
209 Seiten
14,95 Euro
ISBN: 978–3‑530–50603‑7

Jawohl, das Leben ist zu kurz für Knäckebrot!

Vorgeschichte: Durch mei­nen Buchhändler (live und in Farbe, nicht vir­tu­ell) wur­de ich auf „Das Leben ist zu kurz für Knäckebrot“ auf­merk­sam. Der Titel gefiel mir. Die Kurzbeschreibung auch. Und so war ich neu­gie­rig: Ist das tat­säch­lich kein Diätschinken? Soll hier wirk­lich nie­mand – so von hin­ten – über­zeugt wer­den, dass dick doch doof ist?

Ausgangslage: Alles, was mit Diät zu tun hat, inter­es­siert mich nicht; ich schla­ge Bücher und Zeitschriften, die radi­ka­les Abnehmen inner­halb weni­ger Wochen oder gar Tage ver­spre­chen, gar nicht erst auf. Natürlich kommt frau nicht kom­plett an die­sem Thema vor­bei, das lau­ert ja an allen Ecken und Enden, sogar in mei­nem Mondkalender – da steht, wann es güns­tig ist, eine Diät zu begin­nen. (Unglaublich …)

Das Buch: Es knus­pert sich weg wie Knäckebrot – ist sehr kurz­wei­lig geschrie­ben, so im Plauderton, von Frau zu Frau, 240 Seiten, kei­ne Winzlingschrift, mit Luft für den Text und Hühnercartoons. Ich sage nicht, dass es eine Offenbarung ist, aber es tut gut! Denn hier wird wirk­lich kei­ne Diät, kei­ne bestimm­te Lebensweise ver­kauft oder als die bes­te dar­ge­stellt. Sabine Asgodom fragt nach den Ursachen fürs Dicksein und macht eini­ge Vorschläge, wie frau am bes­ten oder bes­ser damit leben kann, nicht dürr, dünn oder schlank zu sein.

Das Buch macht ganz neben­bei Appetit auf mehr Lesestoff von Asgodom. „Das Leben ist zu kurz für Knäckebrot“ war das ers­te, das ich von ihr gele­sen habe. Aber sie hat ja noch eini­ges geschrie­ben und erwähnt die Titel, wenn es gera­de passt. Wie’s aus­sieht, hat Asgodom für alle Lebenslagen ein Buch …

Das Buch ist per­sön­lich gehal­ten, Asgodom erzählt von ihrer „Diätkarriere“ – wie sie zu ihren Pfunden kam und sie auch oder gera­de wegen etli­cher Diäten nie wie­der los­wur­de. Das Buch ist kein Lob des Dick- oder Fettseins, aber erst recht nicht des Dürrseins. Die gro­ße Botschaft lau­tet, dass frau das Leben genie­ßen und sich ent­pup­pen soll­te, und der Schmetterling ist dabei kei­ne Schablone, an die man sich anpas­sen müsste.

Schön fand ich auch sofort das Cover mit die­sen bei­den Frauen, die so aus­se­hen, als könn­ten sie eine Menge Spaß haben. Kein schuld­be­wuss­ter Blick (ich dum­me Dicke), son­dern offen und direkt, leuch­ten­de Farben! Kein Maßband, kei­ne gesun­den Nahrungsmittel in grel­len Farben, kein Licht am Horizont, wel­ches das Auftauchen aus dem düs­te­ren dicken Leben sym­bo­li­sie­ren soll – wie angenehm!

Aber ein biss­chen muss ich auch meckern. So nerv­ten mich die Verweise etwas, die beson­ders gehäuft in den ers­ten Kapiteln auf­tra­ten, die­ses „das kommt spä­ter“, „dar­auf gehe ich noch ein“. So vie­le lose Enden, und wer hat schon die Nerven, alle im Auge zu behal­ten? Als Coach hat Asgodom natür­lich eine spe­zi­el­le Herangehensweise an Probleme und das Lösen der­sel­ben, also feh­len in dem Buch weder die Tabellen noch die Aufzählungen. Ob die fünf „T“ des Dickwerdens, die fünf „L“ (L wie Lösungen), die Übersicht „war­um jemand gern dick ist“, 9 Thesen zur „Würde der Dicken“ usw. – es wirkt auf jeden Fall auf­ge­räum­ter, wenn man die Fragen und Antworten so prä­sen­tiert. Allerdings hat man dann auch schnell mal das Gefühl, man müs­se den Füller zücken und Notizen machen (wenn die Schule noch in den Knochen steckt).

Ein wenig pole­misch geht es auch zu, aber das ist okay und erfri­schend. Von der „Diktatur des Dünnseins“ ist die Rede, und Pharmafirmen und die Diätindustrie krie­gen auch ihr Fett ab. Immer spür­bar ist die Empathie für die Frauen, mit denen Asgodom zu tun hat­te und die ihr ihre Geschichten erzählt haben, eini­ge haben Eingang gefun­den in das Buch. Über die Seiten ver­teilt Zitate von Frauen und Männern, die ermu­ti­gen – habe ich schon gesagt, dass das Buch chi­cken soup für die Seele ist?

Wann ist man zu dick, wel­che Rolle spielt die Kindheit, spie­len die Gene, wie wird man dick, wie wird man dünn, war­um ist Diäten aso­zi­al usw. – Antworten gibt es im Buch, das ich drin­gend zur Lektüre emp­feh­le. Ich hab mich amü­siert, und ich habe was gelernt. Was will ich mehr?

* * *

Sabine Asgodom: Das Leben ist zu kurz für Knäckebrot
2010 Kösel Verlag
250 Seiten
16,99 Euro
ISBN: 978–3‑466–30896‑5