Anna und Orlanda: „Das Lied meiner Schwester“ von Gina Mayer

Für das Literaturnotiz-Blog habe ich eine Rezension über Gina Mayers „Das Lied mei­ner Schwester“ geschrie­ben. Eine kür­ze­re Version ist dort als Beitrag zum Rezensionswettbewerb zu lesen. Warum kür­zer? Bei 700 Wörtern soll­te Schluss sein, hier dage­gen kann ich mich ohne Grenzen aus­to­ben. :-) Gina Mayer kann­te ich bis zu die­sem Zufallsbuchfund nicht. „Das Lied mei­ner Schwester“ ist ihr vier­ter Roman, außer­dem schreibt sie Kinderbücher und ande­re Texte, sie ist also eine, die vom Schreiben lebt.

Und nun zum Buch: Mehrere Figuren kom­men zu Wort, am häu­figs­ten Anna und Orlanda, zwei Schwestern. Die Leserin beglei­tet sie über etli­che Jahre in deren Leben, haupt­säch­lich, als sie in den Dreißigern sind. Es ist auch die Zeit, in der die Nazis an die Macht kom­men und Hitler schließ­lich den Krieg beginnt. Die Schwestern sind sehr gegen­sätz­lich: Die Ältere, Anna, ist ein ruhi­ger Typ, sie wür­de am liebs­ten alles in ihrem Leben und dem Leben ihrer Lieben geord­net wis­sen. Sie ver­sucht zu pla­nen, ver­nünf­ti­ge, wohl­über­leg­te Entscheidungen zu fäl­len, bemut­tert die jün­ge­re Schwester. Die bei­den haben früh ihre Eltern ver­lo­ren, sodass Anna bei­zei­ten gro­ße Verantwortung über­neh­men muss­te. Orlanda scheint alles zuzu­flie­gen, ob es um Arbeit oder Männerherzen geht. Sie ist spon­tan, grü­belt nicht zu sehr über das Morgen. Die Schwestern haben ein­an­der nicht viel zu sagen, es scheint, als sei die enge Verwandtschaft das Einzige, was sie zusammenhält.

Zunächst ist das Leben der Schwestern recht unpo­li­tisch, Hauptrollen spie­len die Arbeit (bei Anna) und die Musik sowie Männer (bei Orlanda). Als aber die Nazikrake immer tie­fer in das Leben der Menschen ein­dringt, müs­sen die Schwestern sich ent­schei­den, ob sie Mitläuferinnen wer­den oder einen ande­ren Weg gehen. Vor der glei­chen Entscheidung ste­hen auch die drei Männer die­ses Buches, Clemens, der Sänger, Leopold, der Geiger, und Johannes, der Organist. Orlanda steht zwi­schen zwei Männern, Anna liebt einen drit­ten, jedoch nicht bedin­gungs­los, denn sie will zwar die­sen Mann, jedoch für ein Hausfrauen- und Mutterdasein nicht auf ihre Arbeit ver­zich­ten. Und die Zeit war so, dass frau als Mutter zu Hause zu blei­ben hat­te, Ehefrau und Mutter zu sein war das Ziel, das Ideal: „Schwester Greta war jetzt Frau Doktor Müller. Sie war erst drei­und­zwan­zig und hat­te alles erreicht, was man als Frau errei­chen konn­te“ (S. 222).

Die Geschichte ist nicht außer­ge­wöhn­lich, aber ori­gi­nell, sie hat kei­ne Längen, denn Gina Mayer schreibt sehr dicht und schiebt hin und wie­der zwecks Straffung Zeitsprünge ein. Ich mag Bücher, die mich nicht lang­wei­len, hier hät­ten wir also schon einen Pluspunkt. Die Sprache ist auch flüs­sig, anspre­chend, sie passt zur Geschichte. Allerdings stör­ten mich die Ausflüge in den Konjunktiv: Öfter erfährt die Leserin – in aller Kürze –, was in Zukunft z. B. mit einer Person pas­sie­ren wird. Ein belieb­tes Werkzeug vie­ler Autoren, aber Gina Mayer hand­habt es nicht ganz so vir­tu­os wie z. B. Markus Zusak in sei­nem wun­der­ba­ren Buch „Die Bücherdiebin“. Was in Zusaks Buch die Leserin ver­stört und berührt, lässt sie in „Das Lied mei­ner Schwester“ oft erstaun­lich kalt. So ein Aha am Rande, mehr nicht. Dieses Nicht-tief-Berühren schwebt auch nach der Lektüre im Raum – es ist eigent­lich eine dra­ma­ti­sche Geschichte aus einer dra­ma­ti­schen Zeit, die hier erzählt wird, aber so rich­tig ergreift und trifft, bohrt und fängt es nicht. Woran mag das lie­gen? Die Personen sind gut gezeich­net, das sind kei­ne Schwarz-Weiß-Charaktere, sie ent­wi­ckeln sich, ihr Bild setzt sich all­mäh­lich zusam­men, ist kom­plex. So han­delt einer der Männer immer wie­der wie ein rich­ti­ges Arschloch, und doch kann die Leserin nach­voll­zie­hen, dass eine der Schwestern ihn liebt – irgend­wie, irgend­wo. Es ist nicht alles gleich geklärt, die Beziehungen sind – in einem guten Sinne – recht rea­lis­tisch gezeich­net. Nein, ein „Frauenroman“ à la Sophie Kinsella ist das nicht.

Ein Grund für besag­ten Abstand ist viel­leicht, dass die Geschichte nicht im „Jetzt“ spielt, son­dern im Rückblick erzählt wird, im Haupttext und in ein­ge­scho­be­nen Briefen. Wobei Briefe eigent­lich sehr nahe­ge­hen kön­nen. Ein wei­te­rer Grund mag sein, dass die Bausteine – Geschichte, Figuren, Verbindungen usw. – zwar bes­tes Material sind, sehr schön zusam­men­ge­fügt – aber ein letz­ter Hauch von höchs­ter Lebendigkeit fehlt. Eine Episode im Buch erin­ner­te mich an Erik Fosnes Hansens „Momente der Geborgenheit“, es geht um eine Fliege: „Sie gehör­te zu einer sel­te­nen Schwebfliegenart, die in eini­gen Jahren aus­ster­ben wüde, bevor irgend­ein Insektenforscher Gelegenheit gehabt hät­te, sie zu benen­nen. Niemand wuss­te, dass es die Art gab, und nie­mand wür­de jemals von ihr erfah­ren“ (S. 219). Sehr char­mant, das, aber es fällt her­aus, passt nicht recht zum Buch, wäh­rend Einschübe die­ser Art für „Momente der Geborgenheit“ typisch sind und den Charakter die­ses Buches ausmachen.

„Das Lied mei­ner Schwester“ – ein Vertipper vor­hin war: „Das Leid mei­ner Schwester“. Das wäre nicht ver­kehrt, aber die Musik ist schon wich­tig in die­sem Roman. Für die sechs Personen, um die sich die Geschichte dreht, sowie­so, denn fünf von ihnen haben ursprüng­lich Musik als Beruf. Ursprünglich des­halb, weil eini­ge Karrieren im Nazideutschland enden, aber ich will nicht zu weit vor­grei­fen. Lest es doch selbst.

Gina Mayers „Das Lied mei­ner Schwester“ ist ein gut geschrie­be­nes Buch mit einer stim­mi­gen Geschichte aus einer Zeit, über die man gar nicht genug lesen kann. Kein Volltreffer, aber ziem­lich nahe dran – es fehlt nicht viel. Ich bin gespannt auf ihr nächs­tes Buch!

* * *

Das Lied mei­ner Schwester
Gina Mayer
Verlag Rütten & Loening
erschie­nen: Juli 2010
448 Seiten
ISBN: 978–3‑352–00786‑6
19,95 Euro

Ehrlinspiels erster Fall: „Schweig still, mein Kind“ von Petra Busch

Ich habe Petra Buschs Debütroman „Schweig still, mein Kind“ gele­sen und bin – über­zeugt. Ja, die­ses Buch ist gut, es ist ein Krimi, den  ich emp­feh­le. Ich habe ihn in einem Rutsch gele­sen, zum Glück war Sonntag …

Ein 500-Seelen-Dorf im Schwarzwald. Das pure Idyll, so scheint es. Dann liegt in der nahen Rabenschlucht eine tote Schwangere. Sie war gera­de erst nach zehn Jahren in ihre Heimat zurück­ge­kehrt. Hauptkommissar Ehrlinspiel nimmt die Ermittlungen auf – und stößt auf mehr als ein düs­te­res Dorfgeheimnis. Und eine zwei­te Leiche … (Quelle)

Ein paar Worte zum Buch:

Der Kommissar
Nicht alt, nicht krank, nicht über­mä­ßig des­il­lu­sio­niert. Eine Wohltat nach all den kurz­at­mi­gen, alten, ein­sa­men Ermittlern, von denen ich in letz­ter Zeit gele­sen habe. Ehrlinspiel, des­sen Vorname mir ent­fal­len ist, aber das ist ja typisch bei Ermittlern, dass man sich nur ihren Nachnamen merkt, erin­nert mich ein wenig an Commissario Brunetti: Hübscher Typ, Erfolg bei den Frauen, was im Kopf, ein Genießer. Im Gegensatz zu Brunetti hat Ehrlinspiel aller­dings noch nicht die Frau sei­nes Lebens gefun­den, und Kinder hat er (neh­me ich jeden­falls an) erst recht nicht. Karrieretyp, aber nicht so, dass es unsym­pa­thisch wäre. Eine Vergangenheit hat er auch, aber er schaut vor allem nach vorn. (Ach so. Moritz heißt er. Ist Jahrgang 1972. Katzenliebhaber und Hobbyfotograf.)

Die Frau
Journalistin, Redakteurin, kei­ne Landpomeranze, nicht auf den Mund gefal­len, weiß, wie sie an Informationen kommt.

Der Rechtsmediziner
Arrogant und abge­brüht, macht einen guten Job, zeigt Mitgefühl nur aus­nahm­wei­se, kein Privatleben, von dem jemand etwas wüss­te, Interesse für Savants.

Der Außenseiter
Für die­se Rolle gibt es im Buch eini­ge Kandidaten, aber einer lebt gar in einer ande­ren Welt. Ein Zufall, dass ich vor eini­ger Zeit Mark Haddons „Supergute Tage oder Die son­der­ba­re Welt des Christopher Boone“ gele­sen habe, in der ein autis­ti­scher Junge die Hauptrolle spielt. Es ist fas­zi­nie­rend, wie unter­schied­lich Autoren das Kopf- und Gefühlsleben von Autisten in Worte fassen.

Das Dorf
Im Schwarzwald, bei Freiburg, eine Dorfkneipe, alle ver­wandt oder ver­schwä­gert, Aberglaube ist hier nicht nur ein Wort.

Die Sprache
Petra Busch ist Autorin und Lektorin. Man muss nur mal auf ihrer Website rein­le­sen, um mit­zu­be­kom­men, dass hier jemand die Sprache im Griff hat und mit ihr manch­mal sogar zau­bern kann. Ihr Krimi liest sich flüs­sig, die Sprache wirkt natür­lich, sie passt zu den Personen, auch für den Außenseiter, sie­he oben, fin­det sie Worte, die sich rich­tig anfühlen.

Die Geschichte
Geradlinig, alle Fäden füh­ren zusam­men, Aufklärungsquote von 100 %. Keine Sackgassen. Die Vergangenheit könn­te biss­chen far­bi­ger sein, zwei ein­schnei­den­de Erlebnisse im Leben von dem Kommissar und der Frau blei­ben etwas blass.

Die Schmankerl
Ich fin­de es nett, wenn ich in Büchern Dinge erfah­re, die ich nicht unbe­dingt wis­sen muss, die man aber ruhig wis­sen kann. Ob es nun um unge­wöhn­li­che Arten der Beerdigung geht, den Grund für den ‚Geruch des Alters‘ oder Katzenfutter-Gourmetrezepte…

Das Fazit
Ein süf­fi­ger Krimi, der sich weg­liest wie nichts. Es besteht aku­te Gefahr, am nächs­ten Morgen unaus­ge­schla­fen zu sein, weil man in der Nacht nicht auf­hö­ren konn­te zu lesen. „Schweig still, mein Kind“ ist kein Mankell, kein Nesser, um nur mal zwei zu nen­nen, und das ist gut, denn Krimis müs­sen nicht immer aus­ufernd und gar zu dun­kel sein. Punkt.

Und weil mir mal wie­der danach war, habe ich Petra Busch noch fünf Fragen zu ihrem Buch gestellt:

1. Was war zuerst da: die Handlung, der Kommissar, ein Thema, ein Ort?
Eine Stimmung. Ein klei­nes Dorf, abge­schie­den, November, Nebel, ein paar skur­ri­le Gestalten. Das hat sich dann nach und nach zu einer Geschichte und Handlung kon­kre­ti­siert. Das Dorf ist sozu­sa­gen bevöl­kert wor­den mit Menschen und Schicksalen.

2. Wie ’stei­nig‘ war der Weg von der Buchidee bis zum gedruck­ten Buch?
Der Anfang war recht eben. Ich habe das Projekt in ein Exposee gepackt und nur weni­ge Wochen dar­auf lagen drei Vertragsangebote auf mei­nem Tisch. Die Strecke von unter­schrie­be­nen Vertrag zum fer­ti­gen Manuskript ist dann aber nicht nur ein Spaziergang gewe­sen. Es ste­cken viel Arbeit und Disziplin in einem Roman. Es ist ja kei­nes­wegs so, dass man sich hin­setzt und von irgend­wo­her inspi­riert wird. Jeder Tag bedeu­tet: hin­set­zen und arbei­ten. Am Plot und den Figuren fei­len – und vor allem schrei­ben. Während die­ses Prozesses ent­ste­hen wei­te­re, neue Ideen für das Buch. Es wächst beim kon­ti­nu­ier­li­chen Tun – wird Schritt für Schritt ein Ganzes.

3. Wie wich­tig waren Dir die Namen der Personen?
Namen sind ganz wich­tig. Sie lösen Assoziationen aus, ver­ra­ten Herkunft, Kultur und Traditionen, haben oft sym­bo­li­sche Bedeutung. Eine Catarina ist kei­ne Susi, ein Sören kein Heinrich. Auch der Klang (hart, weich, ein- oder mehr­sil­big) beein­flusst uns. Namen sind ein wun­der­ba­res Mittel zur Personencharakterisierung.

4. Warum ein Kommissar und kei­ne Kommissarin?
Das war eine Bauchentscheidung. Vielleicht, weil ich gute Freunde (männ­li­che) bei der Kripo habe und einen Riesenrespekt vor deren Arbeit (vor der der Kolleginnen natür­lich genau­so!). Ich könn­te mir aber eben­so­gut eine Kommissarin für mei­ne Bücher vorstellen.

5. Welche Krimiautorinnen und ‑autoren haben Dich beeinflusst?
Alle, die die 74 Meter Krimi-Regale bei mir füllen :)

Vielen Dank, Petra, für die Antworten!

* * *

Petra Busch: Schweig still, mein Kind
Knaur, September 2010
447 Seiten
8,99 Euro
ISBN: 978–3‑426–50557‑1

Herzdamengeschichten – vom Blog zum Buch

Ich fin­de Sammlungen von lus­ti­gen Kurzgeschichten bezie­hungs­wei­se Geschichten mit Pointe anstren­gend. Das liegt dar­an, dass ich Bücher hin­ter­ein­an­der­weg lesen muss, ich kann sie schlecht locker und läs­sig irgend­wo­hin depo­nie­ren und immer, wenn mir gera­de danach ist, ein oder zwei Geschichten lesen. Geht nicht. Funktioniert mit Gedichten, aber nicht mit Geschichten.

So habe ich zum Beispiel frü­her gern die Kolumnen von Axel Hacke in der Süddeutschen gele­sen, mir jedoch nie die ver­buch­te Variante ange­schafft. Einmal die Woche Axel Hacke, eine Geschichte, mal mehr, mal weni­ger amü­sant, die für sich steht und den Raum bekommt, der ihr (meis­tens) gebührt: So fin­de ich das gut. (Die Hackesche Kolumne gibt es immer noch, aber zur Zeit lese ich Martenstein. Für den gilt dasselbe.)

Nun also Maximilian Buddenbohm, in der Welt der Blogger und Blogleser bes­ser bekannt als Merlix. Er schreibt seit eini­gen Jahren sei­ne Herzdamengeschichten, und nun ist ganz frisch ein Buch von ihm her­aus­ge­kom­men, in dem sich alles um ihn, sei­ne Herzdame sowie die zwei Söhne dreht. Titel: Zwei, drei, vier – Wie ich eine Familie wur­de. Titel sind ja irgend­wo auch Geschmackssache, aber: Warum nicht „Herzdamengeschichten“? Hätte ich ja wirk­lich kna­cki­ger gefun­den, scha­de drum.

Im Herzdamenblog lese ich seit viel­leicht einem Jahr mit. Das gibt es aber schon viel län­ger, zuerst war es noch auf blogg.de, da kann man sich jetzt auch noch durchs Archiv lesen. Was ich viel­leicht irgend­wann, irgend­wann ein­mal tun wer­de. Es dürf­te schwer gewe­sen sein, aus die­ser Fülle von Posts mit den aller­schöns­ten Pointen die Geschichten für das Buch aus­zu­wäh­len. Das Leitthema des Buches ist, wie aus M. Buddenbohm „eine Familie wur­de“, und inso­fern ist der Titel doch – passend.

Das Buch, Innenleben. Keine kapi­tel­un­ter­glie­der­te Geschichte, son­dern Geschichten, die zwar chro­no­lo­gisch geord­net sind, aber doch für sich ste­hen. Kostprobe gefäl­lig? Die Herzdame ist mit Kind 1 schwan­ger, und das Paar schaut sich an einem Infoabend im Krankenhaus den Kreißsaal an:

„Die Hebamme zeig­te auf eine Musikanlage: ‚Sie kön­nen sich ger­ne eige­ne Musik mit­brin­gen, das emp­fin­den vie­le Frauen als hilf­reich. Überlegen Sie bit­te recht­zei­tig, was Sie mit­neh­men wol­len.‘ Die Herzdame sah mich streng an und wies sicher­heits­hal­ber schon mal dar­auf hin, daß die Musik für sie hilf­reich sein sol­le, nicht für mich. Kein Sinatra wäh­rend der Geburt also, kein Dean Martin, kein Louis Prima, eher Nirvana: ‚Come as you are.‘
Ein jun­ger Mann knie­te vor der Musikanlage, sah sich suchend um und frag­te dann: ‚Hat man von hier aus viel­leicht auch Internetzugang?‘ Die Hebamme ver­nein­te lachend und guck­te etwas irri­tiert, als dann zwei Männer wie aus einem Munde ’scha­de‘ sagten.
Der Ellbogen der Herzdame war ein­fach nicht schnell genug.“
(Im Buch auf Seite 89, im Herzdamengeschichten-Blog kann man die gan­ze Geschichte hier nachlesen.)

Ich fin­de das Internet auch sehr toll, da kann man zum Beispiel mal eben Louis Prima nach­schla­gen. Internet im Kreißsaal, das ist aller­dings schon – eine Treppe wei­ter, oder? Aber es passt zum geblogg­ten Leben, zu den Herzdamengeschichten. Das sind kei­ne Geschichten, die aus dem Rahmen, in irgend­ein Extrem fal­len, sie kom­men einem tat­säch­lich sehr bekannt vor: Nachtschlaf bei offe­nem oder geschlos­se­nem Fenster, Hilflosigkeit ob des Überangebots in einem Babymarkt, Kinderlieder, die einem nicht mehr aus dem Kopf gehen („Ich hab Hände, sogar zwei.“, „Hei, hei, huss­as­sa!“) und der­glei­chen. Beim Lesen der Geschichten grinst man eher in sich hin­ein bezie­hungs­wei­se lächelt so vor sich hin, das lau­te Lachen, wie es die hacke­schen Pointen oft her­aus­kit­zeln, wird hier nicht pro­vo­ziert. Denn das sind ja die Herzdamengeschichten, es ist nicht „Das Beste aus mei­nem Leben“.

Was ich wirk­lich bewun­de­re: das gute Gedächtnis von Maximilian Buddenbohm. Ich geste­he, dass ich dar­auf fast etwas nei­disch bin. Gerade mit Kindern erlebt man ja vie­les, das man ver­sucht, im Hinterkopf zu spei­chern, nur, um sich irgend­wann zu fra­gen: Da war doch was? Was war da noch? Und wie­der hat man etwas – ver­ges­sen. Vielleicht ist es ja Übungssache? Zum bes­tens funk­tio­nie­ren­den Gedächtnis kommt bei M. B. noch ein sehr gutes Auge für Details und eine schö­ne Schreibe. Das muss man erst mal nachmachen …

Trotz mei­ner anfangs erwähn­ten Abneigung gegen­über Kurzgeschichtenbänden habe ich also das Buch gele­sen. Ja! Die Neugier war zu stark … Und wer soll das sonst noch lesen? Die Blogleser, damit sie end­lich ein Herzdamengeschichtenbuch im Regal ste­hen haben. Und die Nichtblogleser, damit sie wis­sen, worums geht. Und wenn sie Feuer gefan­gen haben, kön­nen sie im Blog wei­ter­le­sen. (Denn 196 Seiten sind wenig, wenns um den Herzdamenkosmos geht.) Viel Spaß dabei …

Maximilian Buddenbohm: Zwei, drei, vier – Wie ich eine Familie wurde
Sankt Ulrich Verlag
Januar 2010
196 Seiten
ISBN: 978–3‑86744–138‑4
16,90 Euro