Wir brauchen jetzt erst mal ein bisschen Fantasie, bitte. Mehr oder weniger, je nachdem, wann das hier (diese Buchbesprechung) gerade gelesen wird. Geschrieben wird sie jedenfalls im Mai, bei sommerlichen Temperaturen. Und in dem Buch, um das es geht, ist Winter. Weihnachten, um genau zu sein! Aber dass Winter ist, spielt wiederum keine so große Rolle, weil Percy Pumpkin (= Hauptfigur) und seine Freunde kaum aus dem Schloss kommen. Aus dem großen, verwinkelten Schloss Darkmoor Hall, in dem Lord und Lady Darkmoor mit ihren Zwillingstöchern Claire und Linda leben. Zu Weihnachten ist das Schloss jedoch gut gefüllt mit allen möglichen Verwandten der Darkmoors. Darunter Percy Pumpkin mit seinen Eltern. Lady Darkmoor ist seine Tante (die Schwester seiner Mutter), die Zwillinge Claire und Linda sind also seine Cousinen. Mit Percy, Claire und Linda ist die Detektivbande von Darkmoor Hall fast vollzählig, es fehlen nur noch Cousin John (etwas dicklich) und Percys Hund Jim (nicht direkt mutig, aber treu). Fünf Freunde!
Ich hoffe, man kann mir bis hierher folgen? Oder waren es zu viele Namen? Das Problem mit den Namen hatte ich auch. „Der Mumienspuk“ ist der zweite Teil der Percy-Pumpkin-Reihe, das erste Buch habe ich (noch) nicht gelesen. An sich kein Ding, da am Anfang kurz der Inhalt von Buch eins nacherzählt wird und im Anhang die wichtigsten Personen (Kinder und Erwachsene) aufgezählt und mit ein paar Sätzen charakterisiert sind. Doch Buch zwei bezieht sich natürlich auf Buch eins und die Verwandtschaft, die sich im Schloss tummelt, auseinanderzuhalten und zuzuordnen, dürfte auch manchem nicht ganz so leicht fallen, der Band eins kennt. Aber: macht nichts, stört nicht weiter. Ich hab das sportlich genommen und mich mit dem Buch sehr gut unterhalten. Warum? Weil die Geschichte spannend ist – mit vielen Rätseln (nicht alle werden gelöst), mit extrem neugierigen und wagehalsigen Zwillingsmädchen, die Percy und John auf gefährliche Detektivtouren durch Schloss Darkmoor mitschleppen, mit kauzigen, bösartigen, fragwürdigen, schrulligen Verwandten (das gilt für Erwachsene und Kinder gleichermaßen) …
Und vielleicht fragt sich jetzt jemand, worum es überhaupt geht? Ums Essen natürlich. Um Worcestershire-Sauce! Die berühmte Sauce von Aunt Annie, die die Darkmoors unsagbar reich gemacht hat. Das Rezept der Sauce kennt nur die Köchin der Darkmoors, sie trägt es stets bei sich. Nun hat es leider jemand auf das Rezept und so auch auf die Köchin abgesehen, und im Schloss geschehen merkwürdige Dinge. In Buch eins verschwanden Percy Pumpkins Eltern spurlos, seltsame Maschinen bedrohten das Leben der Schlossbewohner, ein Mord entpuppte sich als … etwas anderes. Und in Buch zwei, dem „Mumienspuk“, mischen munter mit: ein eigenartiges grünes Licht, eine geheime Kammer, eine Mumie, eine gefährliche Erfindung, ein echter Detektiv aus Amerika, ein Sarkophag, ein Spion in den eigenen Reihen. Noch dazu hört Percy manchmal Stimmen und ist nicht ganz er selbst. Aber in seinen „normalen“ Momenten schlägt er sich wacker, was er auch den Gruselgeschichten zu verdanken hat, die er ständig liest (wenn er Zeit hat). Denn in vertrackten Situationen, in die Percy immer wieder (zusammen mit seinen Freunden) gerät, helfen ihm Gruselbücher wie „Die Schreckensgruft des Grafen“ und „Horror im Hungerverlies“ weiter, da die Buchhelden dort Ähnliches erleben. Die fünf Freunde versuchen also herauszubekommen, was im Schloss vor sich geht, was die Erwachsenen verschweigen (alle scheinen Geheimnisse zu haben, keinem ist zu trauen?) und wer sich das Geheimrezept der Worcestershire-Sauce unter den Nagel reißen will.
Viel zu tun für Percy Pumpkin und Co. Und auch Buch zwei endet mit einem Cliffhanger – es geht weiter! Mein Tipp: mit Buch eins anfangen und sich dann freuen, dass es Buch zwei schon gibt und man auf Buch drei wahrscheinlich nicht lange warten muss. Für alle ab zehn Jahren, für die es in Büchern abenteuerlich, rätselhaft und auch gruslig zugehen soll und die nicht gleich aufgeben, wenn mehr als fünf Namen auf rund 370 Seiten herumschwirren. Bis denn, Percy Pumpkin!
Christian Loeffelbein:
Percy Pumpkin (Bd. 2)
Der Mumienspuk
Lektorat: Jutta Knollmann
ISBN: 978–3‑8157–5167‑1
Coppenrath Verlag
368 Seiten
ab 10 Jahren
14,95 Euro
PS: Die Geschichte spielt nicht „jetzt“, sondern vor rund 70 Jahren (schätze ich), was man aber nicht weiter merkt. Der Autor (= „ich“ = Christian Loeffelbein) erzählt im Vorwort, er habe alte Notizbücher seines verstorbenen Onkels gefunden, in denen dieser die Percy-Pumpkin-Abenteuer festgehalten habe. Diesen Kunstgriff kennt man ja von einer anderen Reihe aus dem Hause Coppenrath: Ulysses Moore. Das hätte es nicht gebraucht, aber warum nicht … Mehr über die Percy-Pumpkin-Bücher und den Autor auf dieser Seite: Percy Pumpkin. Hier gibt es auch ein Rezept für Karamellbonbons (die wichtig sind!) und Hinweise zu Mumien, Pyramiden, Hieroglyphen (aus Gründen).