„Die tun nicht nichts, die liegen da und wachsen“ von Elisabeth Raffauf

„Die tun nicht nichts, die lie­gen da und wach­sen“ ist ja schon mal ein sehr anspre­chen­der Titel, dazu passt das Cover mit gro­ßer Schrift und Teenagerkopf. „Was in der Pubertät hilft“ lau­tet der Untertitel des Buchs und gleich in der Einleitung stellt die Autorin – Diplom-Psychologin Elisabeth Raffauf – klar, dass sie kei­ne Ratschläge geben, son­dern Geschichten erzäh­len will. Geschichten von der Pubertät also, und die­se sind ganz locker nach Themen in 26 Kapitel sor­tiert, zum Beispiel:

  • „Mama, geh ster­ben.“ Das Gegenteil von Respekt
  • „Gucken, was geht.“ Grenzen sind zum Überschreiten da
  • „Was kann ich dafür, dass ihr die Wahrheit nicht ver­tragt?“ Lügen, Kontrolle und Vertrauen
  • „Ich kann auch ohne Handy schlecht in der Schule sein.“ Medien
  • „Du stinkst.“ Mobbing
  • „Ihr seid die mie­ses­ten Eltern der Welt.“ Eltern müs­sen manch­mal doof sein

Das sind bloß 6 von 26 Kapitelüberschriften, und man ahnt bereits, dass die Autorin ziem­lich umfas­send ver­schie­dens­te Dinge auf­greift, die Eltern umtrei­ben, wenn ihre Kinder lang­sam ins Pubertätsalter kom­men oder schon mit­ten­drin sind. Statt bei den Eltern Panik zu schü­ren, bringt die Autorin ein gutes Stück Gelassenheit rein, indem sie selbst von ihrer Pubertätszeit erzählt und ande­re Mütter und Väter von Teenagern zu Wort kom­men lässt. Die Storys an sich sind nicht unbe­dingt beru­hi­gend, ihre Botschaft aber schon: Denk an frü­her, du warst auch mal Teenager und in der Pubertät und hast über die Stränge geschla­gen, es ging dir schlecht, dei­ne Eltern waren das Letzte, du bist aus­ge­tickt usw., aber das war eine Phase in dei­nem Leben und die war nötig und auch irgend­wann vorbei.

Die Einleitung des Buches und eigent­lich das gan­ze Buch steht unter dem Motto: „Erinnern hilft ver­ste­hen“, und das mag ein Schlüssel für Eltern sein, die Pubertätszeit der eige­nen Kinder für bei­de Seiten mög­lichst erträg­lich zu gestal­ten – erin­nern und ver­su­chen zu ver­ste­hen bzw. Verständnis zei­gen. „Was in der Pubertät hilft“, kann Elisabeth Raffauf wohl recht gut ein­schät­zen, sie arbei­tet als Psychologin in einer Erziehungsberatungsstelle und in eige­ner Praxis und hat schon meh­re­re Erziehungsratgeber und Aufklärungsbücher ver­fasst, auch ihr neu­es Buch pro­fi­tiert von die­sem Erfahrungsschatz. Sie blen­det nicht aus, dass Pubertät für alle Beteiligten anstren­gend, schwie­rig, ver­let­zend usw. sein kann, dass es Probleme gibt – aber die las­sen sich meist lösen und über­ste­hen und wie war das noch mal, frü­her, als man selbst jung und in der Pubertät war?

Elisabeth Raffauf: Die tun nicht nichts, die lie­gen da und wach­sen. Was in der Pubertät hilft
192 Seiten
Patmos 2018
ISBN: 978–3‑8436–1019‑3
18 Euro

„Pubertät. Der Ratgeber für Eltern“ von Angela Kling und Eckhard Spethmann

Vielleicht gibt es ja Eltern, die intui­tiv alles rich­tig machen und tat­säch­lich nie einen Ratgeber brau­chen. Aber die meis­ten Eltern ste­hen sicher irgend­wann oder immer mal wie­der im Leben mit Kind vor Situationen, in denen ein Blick von außen hilf­reich ist. Informieren kann man sich im Familien‑, Freundes- und Bekanntenkreis, im Internet, in Beratungsstellen, aber eben auch mit Büchern. Ich fin­de Ratgeber gut, die nicht zu umfang­reich sind und kei­ne Phrasen dre­schen, son­dern ech­te, hilf­rei­che Informationen bieten.

Das schafft der Pubertäts-Ratgeber von Angela Kling und Eckhard Spethmann. Das Buch hat 200 Seiten, aber im Kleinformat, die Schrift hat genug Luft und ist nicht zu klein. Warum ich das extra schrei­be? Weil ich schon Ratgeber in der Hand hat­te, bei denen zu viel Text in ein zu klei­nes Format gepresst wur­de, was das Lesen unnö­tig erschwert.

Nach den ers­ten Seiten des Pubertät-Ratgebers war ich leicht unge­dul­dig, zu wenig Konkretes für mei­nen Geschmack. Das wur­de aber schnell bes­ser, das heißt: prak­ti­scher. Zunächst geht es dar­um, was Pubertät über­haupt ist, wann sie z. B. beginnt, inwie­fern sie bei Jungen und Mädchen unter­schied­lich ver­läuft usw. Dann wer­den sie­ben Phasen der Pubertät unter­schie­den, von Vorahnung bis Integration. Eine sol­che Einordnung mag für Eltern ganz hilf­reich sein, da sie die Pubertät als fort­schrei­ten­den Prozess, als Entwicklung zeigt, die nor­ma­ler­wei­se auch ein (gutes) Ende nimmt.

Im wei­te­ren Verlauf gehen die bei­den Autoren auf „Gefahren“ bzw. „ris­kan­tes Verhalten“ wäh­rend der Pubertät ein: Sex, Depression, gestör­tes Essverhalten, Alkohol, Rauchen, Mobbing, Computerspiele usw. All die­se Themen wer­den natür­lich nur ange­ris­sen, doch was Angela Kling und Eckhard Spethmann dazu schrei­ben, hat Hand und Fuß und hilft mei­nes Erachtens wei­ter, durch Tipps etwa oder Verweise auf kon­kre­te Websites.

In einem sepa­ra­ten Kapitel fin­den sich Hinweise und Vorschläge, was man tun kann, um mit dem puber­tie­ren­den Kind bzw. Jugendlichen in Kontakt, im Gespräch zu blei­ben. Und zum Schluss lis­ten die Autoren qua­si als Zusammenfassung „10 gol­de­ne Regeln“ auf, mit denen Eltern und Kind gut durch die Pubertät kom­men, sowie ein „Pubertäts-ABC“ mit häu­fig gestell­ten Fragen.

Sehr ange­nehm an die­sem Ratgeber ist, dass er so gar nicht rei­ße­risch ist, kei­ne Super-Strategie ver­mit­teln will, dass die Autoren sich nicht selbst beweih­räu­chern und auch kei­ne Buchseiten mit über­flüs­si­gem Gebrabbel fül­len. Der Ton ist ange­nehm zuge­wandt, für mein Empfinden manch­mal ein biss­chen zu gefüh­lig, aber gestört hat das nicht. Es wird auf Mädchen und Jungen ein­ge­gan­gen, auch wenn auf dem Cover ein Mädchen abge­bil­det ist.

Besonders gut eig­net sich der Ratgeber viel­leicht für Eltern, deren Kind noch vor der Pubertät steht. Dann kann man sich schon mal men­tal vor­be­rei­ten und hat ver­schie­de­ne mög­li­che Probleme auf dem Schirm, aber auch Ideen, was man machen kann, spä­ter und bereits jetzt. Die Hinweise und Tipps der Autoren sind ganz boden­stän­dig, im Prinzip weiß man das meis­te oder könn­te von selbst drauf kom­men. Aber im Alltag mit Kind, im Korsett der Routinen und mit mehr oder weni­ger Stress Tag für Tag ist die­ser schlan­ke, gehalt­vol­le Ratgeber mit sei­nen Impulsen ein­fach eine fei­ne, hilf­rei­che Sache.

Angela Kling und Eckhard Spethmann: Pubertät. Der Ratgeber für Eltern. Mit 10 gol­de­nen Regeln durch alle Phasen
208 Seiten
hum­boldt Verlag 2016
ISBN 978–3‑86910–637‑3
9,99 Euro