Liebe und Nasenblut! Conni Lubek: „Der Beste zum Schluss“

Ein biss­chen skep­tisch war ich schon. Das Buch ist ziem­lich dick (dicker als sei­ne Vorgänger!), die Geschichte schein­bar nicht neu, der Klappentext klang eher nach einer belang­lo­sen bis unter­ir­di­schen Liebesschnulze, und was soll­te denn über­haupt noch kommen?

„Der Beste zum Schluss“ also, nach „Anleitung zum Entlieben“ und „Entlieben für Fortgeschrittene“ der letz­te Band über Lchen und ihr Liebesleben, zum Glück ohne „Entlieben“ im Titel. Ein Omen? (Apropos Glück: Das hat­te ich hier, denn ich hab das Buch tat­säch­lich gewon­nen – bei Herzgedanke und mit Unterschrift auf der ers­ten Seite, das war ne Freude! Noch mal dan­ke auch hier dafür. :) Wenn ich es furcht­bar und/oder lang­wei­lig gefun­den hät­te, wür­de ich mei­nen Mund hal­ten. Einem geschenk­ten Gaul schaut man nicht ins Maul und so.)

Also: In den drei Lchen-Büchern mag es um die Liebe gehen, aber es ist nichts Fluffiges, rein Amüsantes und auch nicht das gro­ße Tragische, irgend­was zwi­schen­drin, viel­leicht könn­te man sagen: das Leben. Ziemlich nah dran. Man hat das Gefühl, Mäuschen spie­len zu dür­fen oder bei einer Freundin am Küchentisch (auf dem Sofa, im Café usw.) zu sit­zen und den neu­es­ten Stand der Dinge zu hören. Schönes dabei, aber auch ziem­lich Beschissenes, Sperma im Auge, Nasenblutflut im Supermarkt, end­gül­ti­ger Abschied vom Ex, so etwas.

Lchen ist mit Christian zusam­men, der aber nicht direkt zu ihr passt, sowohl sexu­ell (zu aktiv) als auch intel­lek­tu­ell (ande­re Interessen, könn­te man sagen). Aber er liebt sie – so, wie sie 119 geliebt hat. Der ihr, als sie zusam­men gewe­sen waren, regel­mä­ßig gesagt hat­te, dass er sie nicht lie­be. Lchen also in der Rolle von 119, und glück­lich macht sie das nicht. Christian ist gleich­zei­tig zu viel und zu wenig, und so hat Lchen Platz für einen zwei­ten, der längst bekannt ist, Dick – klein, Holländer, Hausmann, ver­kapp­ter Künstler. Lchen zwi­schen zwei Männern! Mal liebt sie den einen mehr, mal den ande­ren, wen soll sie neh­men, wohin mit dem schlech­ten Gewissen?

Das lie­be ich an die­sen Büchern: den Lchen-Stil, den Lchen-Ton. Egal, ob Lchen schlecht weg­kommt, blöd dasteht, die Hosen run­ter­lässt, auch mal so rich­tig glück­lich ist: Wir lesen mit. Nichts bleibt uns erspart. Und was in ande­ren Romanen die­ses Genres sagen­haft über­zeich­net ist und des­we­gen gern leicht, seicht, lus­tig rüber­kommt, hat hier noch Bodenhaftung. Deprimierend ist das Lesen trotz­dem nicht, da sind Lchens Ironie und Witz vor, damit kriegt sie die Kurve, immer.

War also scha­de, das Buch nach 383 Seiten zuzu­klap­pen, aber län­ger hät­te es auch nicht sein müs­sen. Gerade rich­tig, rund­um gut, und ich sage jetzt nicht „das Beste zum Schluss“, denn das wäre ja wohl ziem­lich ein­falls­los und platt. Der eher sel­te­ne Fall des nicht miss­lun­ge­nen Abschlusses einer Reihe, cha­peau! Ach, und um Curd noch kurz zu erwäh­nen: Er hat eine eige­ne Bildergeschichte und ist auch sonst wie­der mit von der Partie, bis zum furchtbaren/tollen/traurigen/glücklichen Ende. (Es trifft natür­lich nicht alles zu, ich will aber nicht zu viel ver­ra­ten. Selber lesen, unbedingt!)

Machs gut, Lchen, machs gut, Curd, ich wün­sche euch nur das Beste. (Und lese wei­ter im Blog mit – Tipp auch für Leute, die noch nichts von Lchen und Curd gehört haben: Anleitung zum Entlieben, das Blog.)

Kripoalltag in Ingolstadt? „Donaugrab“ von Lisa Graf-Riemann

Stefan Meißner kann sich Namen und Gesichter nicht gut merken.

Das geht vie­len so. Doch Meißner ist Hauptkommissar bei der Ingolstädter Kripo, und da könn­te die­se Eigenschaft schon eine gewis­se Sprengkraft ent­wi­ckeln. Nicht in die­sem Band der Reihe, so viel sei hier schon mal ver­ra­ten. Zur Geschichte noch dies: Ein zwölf­jäh­ri­ger Junge ver­schwin­det in Ingolstadt, die Kripo nimmt schnell die Ermittlungen auf. Die Schule des Jungen, das Tilly-Gymasium, ist ein wich­ti­ger Ort in die­sem Krimi, aber eine Klinik, ein Gartenhaus, Kneipen und die Donau soll­ten auch erwähnt wer­den. Letztere schon allein des­halb, weil sie titel­ge­bend war. Wer sein Grab in der Donau fin­det, erzäh­le ich hier nicht; dafür aber, dass es im Buch zwei Tote gibt …

Ein auf­ge­reg­ter Krimi ist „Donaugrab“ nicht.

Kein Krimithriller, zum Glück, also kei­ne Dutzende Tote und gräß­lich ver­stüm­mel­te Mordopfer, son­dern eher das, was ich mir unter Kripoalltag in einer nicht ganz so gro­ßen Stadt vor­stel­len wür­de. Gelöst wird der Fall, doch min­des­tens eine Spur bleibt offen, viel­leicht wird sie ja in einem ande­ren Band wie­der auf­ge­grif­fen? Zumal das Buch auch mit einem Cliffhanger der Extraklasse endet – einem pri­va­ten, wohlgemerkt.

Stefan Meißner, der Kommissar, ist nicht der Jüngste und lebt von sei­ner Frau Carola getrennt, die schwan­ger ist, viel­leicht von ihm, das weiß (noch) kei­ner. Meißner hat mit einer jün­ge­ren Kollegin ange­ban­delt, Marlu Rosner, und schein­bar gibt es noch ande­re hei­ße Eisen im Feuer … „Donaugrab“ ist der zwei­te Roman mit Stefan Meißner, im ers­ten ging es um „Eine schö­ne Leich“. Man muss das ers­te Buch nicht gele­sen haben, um im zwei­ten den Durchblick zu haben, aber es besteht die Gefahr, dass man dann neu­gie­rig wird und sich das ers­te noch nach­kau­fen muss. ;)

Das Coverbild mit dem Fluss (der Donau ver­mut­lich) passt.

Die Geschichte ist eher ruhig und bestän­dig im Fluss, als dass sie sich dra­ma­tisch und herz­klop­fend einem Höhepunkt nähern wür­de. Natürlich wird es auch mal hek­tisch, wie sich das für einen Krimi gehört, doch die Charaktere und Gespräche bekom­men viel Raum. Wer das Buch an einem grau­en Regentag liest, muss nicht fürch­ten, nach der Lektüre dop­pelt depri­miert zu sein: „Donaugrab“ ist nicht so dun­kel und schwer wie vie­le Schwedenkrimis es bei­spiels­wei­se sind. Das liegt unter ande­rem an Kommissar Meißner, der zwar bis­wei­len auch düs­te­re Gedanken wälzt, aber im Großen und Ganzen recht zufrie­den mit sei­nem Leben und sei­nem Beruf zu sein scheint. Und das ist in der Krimiszene ja nicht gera­de selbstverständlich.

Ein Buch also für Leute, die einen Krimi suchen, in dem es kei­nen Massenmörder oder Psychopathen gibt. Und beson­ders nett ist „Donaugrab“ sicher für Leser, die Ingolstadt ken­nen – ich konn­te mit den Gebäuden und Straßennamen lei­der nichts anfan­gen, ich war noch nie in der Stadt …

Lisa Graf-Riemann
Donaugrab
Oberbayern-Krimi
Emons Verlag
ISBN 978–3‑89705–820‑0
9,90 Euro

Mängelexemplar

Na, ich hin­ke mal wie­der der Zeit hin­ter­her und habe Sarah Kuttners „Mängelexemplar“ erst jetzt gele­sen, war ein glück­li­cher Bibliotheksfund. Ich habe zwar immer mehr als genug zu lesen, in die Bibliothek gehe ich den­noch, ich könn­te ja sonst was verpassen.

Das Buch also ist von 2009, und dass es nicht mehr ganz „heu­te“ ist, merkt man u.a. dar­an, dass irgend­was „galo­re“ ist. Was es genau war, habe ich ver­ges­sen, aber wer sagt denn noch galo­re? Ich habs nie gemacht, aber ich bin auch nicht Sarah Kuttner oder Karo Herrmann, so heißt die Hauptperson und das Mängelexemplar. Mit der Psyche hat sies, und dafür gibts Gründe, aber das geht nicht in ihren Kopf oder nur ganz schwer. Angst und Depression, das ist nicht ver­ein­bar mit einem Leben, in dem alles auf­ge­räumt und locker sein soll. Es liest sich leicht, die­ses Buch und endet opti­mis­tisch, was ich gut fin­de, denn ich mag depri­mie­ren­de Enden nicht, auch wenn ich sie manch­mal groß­ar­tig finde.

Es kommt schon rüber, wie schwarz und zer­stö­re­risch die­se psy­chi­schen Krankheiten sein kön­nen, aber dass es auch Licht und Hilfe gibt, wenn man Depressionen und Ängste hat, ist doch eine tau­send­mal bes­se­re Botschaft.