„Gesunde Venen, schöne Beine“ von Heike Höfler

Schwere Beine, geschwol­le­ne Füße, Venen, die her­vor­tre­ten, Krampfadern – wahr­schein­lich neh­men vie­le die­se Dinge ein­fach hin, ist eben so, wenn man älter wird, zu viel wiegt, wenn es im Sommer dau­ernd heiß ist oder man auf Arbeit lan­ge ste­hen bzw. sit­zen muss. Man kann aber auch was dage­gen tun, und ein ers­ter mög­li­cher Schritt wäre, die­sen Ratgeber von Heike Höfler zu lesen. Sie ver­sam­melt auf fast 150 Seiten jede Menge Tipps und Übungen für gesun­de Venen und spricht damit sowohl Menschen an, bei denen noch alles gut funk­tio­niert, als auch sol­che, die schon Venenprobleme haben.

Das Buch glie­dert sich in vier Teile: Infos zum Thema Venen, Venen natür­lich stär­ken, venen­ge­sun­de Ernährung und Venentraining. Das Venentraining nimmt den meis­ten Platz ein, etwa die Hälfte des Buches. Die Übungen sind bebil­dert und Schritt für Schritt erklärt, es gibt wel­che qua­si für alle Lebenslagen: im Liegen, Sitzen, Stehen, Gehen und mit dem Ballkissen, aber auch fürs Büro, für lan­ge Fahrten in Bus, Auto und Zug, fürs Flugzeug und am Strand. Die Fülle der Übungen fand ich zunächst leicht abschre­ckend, aber wenn man sie nicht von vorn nach hin­ten durch­ar­bei­tet, son­dern das raus­sucht, was man gera­de braucht, ist es perfekt.

Fazit: Ein prak­ti­scher, hilf­rei­cher Ratgeber für alle, die aktiv was für ihre Beine und gesun­de Venen tun wollen.

Heike Höfler: Gesunde Venen, schö­ne Beine. Beschwerden natür­lich und aktiv behan­deln. Das Gefäßtraining für den Alltag
Lektorat: Linda Strehl
144 Seiten
2019 humboldt
ISBN 978–3‑89993–869‑2
19,99 Euro

„Der Goldschmied und der Dieb“ von Tonke Dragt

„Der Brief für den König“, „Der wil­de Wald“, „Die Türme des Februar“ – die­se Bücher habe ich als Kind geliebt und sie ste­hen nach wie vor in mei­nem Bücherregal. Ihretwegen habe ich den Namen der Autorin, Tonke Dragt, nie ver­ges­sen und sie sind auch der Grund, war­um ich „Der Goldschmied und der Dieb“ lesen woll­te. Der Titel selbst hat mich nicht so sehr ange­spro­chen, auch der Klappentext nicht. Aber Tonke Dragt!

Das Buch wur­de 1961 zuerst ver­öf­fent­licht, und das merkt man auch. Ich schät­ze, wenn eine Autorin heu­te mit ähn­li­chen Geschichten zu Verlagen gin­ge, hät­te sie kei­ne Chance. Die „Geschichten von den unglei­chen Zwillingsbrüdern“ spie­len in einem mär­chen­haf­ten Gestern, lesen sich aber auch etwas behä­big, ich brauch­te eine Weile, um in die­se Welt hin­ein­zu­fin­den. Dazu pas­sen die Schwarz-Weiß-Illustrationen, die gleich­falls von Tonke Dragt sind, so rich­tig anspre­chend fin­de ich sie nicht, ein biss­chen alt­mo­disch und lang­wei­lig. Ganz anders die Coverillustration, die jedoch nicht von der Autorin, son­dern von Annemarie van Haeringen stammt. In mei­nen Augen hät­te das Buch deut­lich gewon­nen, wenn van Haeringen sämt­li­che Illustrationen gelie­fert hät­te, aber das war ver­mut­lich auch eine Geldfrage. Das Buch hat rund 380 Seiten und es hät­ten locker mehr sein kön­nen, wenn die Schrift nicht so klein gewählt wor­den wäre. Man braucht zwar kei­ne Lupe, aber rich­tig lese­freund­lich ist es nicht, zumal für ein Kinderbuch.

Und das wars jetzt mit Kritik, denn ich habe das Buch ja den­noch von der ers­ten bis zur letz­ten Seite gele­sen und woll­te es teils gar nicht aus der Hand legen. In zwölf Geschichten beglei­tet die Leserin, der Leser die Zwillingsbrüder Laurenzo und Jiacomo von ihrer Kindheit bis ins Erwachsenenalter. Äußerlich kann die bei­den nie­mand aus­ein­an­der­hal­ten, doch ansons­ten sind sie recht ver­schie­den. Der eine ein biss­chen bra­ver, der ande­re aben­teu­er­lus­ti­ger, bei­de aber gute Kerle, könn­te man sagen, die sehr anein­an­der hän­gen und sich und ande­ren Menschen nichts Böses wol­len. Man kennt es ja aus Märchen und anders­wo­her, dass bei Brüderpaaren häu­fig der eine „gut“ und der ande­re „böse“ ist, es war also ange­nehm, dass das in „Der Goldschmied und der Dieb“ nicht so platt daher­kommt. Das hät­te zwar ein biss­chen Dramatik gebracht, aber span­nend wird es auch so bei den Abenteuern, die die Brüder zusam­men oder getrennt erleben.

Dabei bekom­men sie es fast nur mit Menschen zu tun, die es gut mit ihnen mei­nen, ob das nun Räuber, Herzöge oder Ritter sind, doch es wird schon mal ver­zwickt bis brenz­lig und oft genug kommt es (gewollt oder nicht) zu Verwechslungen, das muss bei Zwillingen als Hauptpersonen ja direkt sein. Diese nicht kon­flikt­freie, aber über­schau­ba­re, gerech­te und har­mo­ni­sche Geschichtenwelt dürf­te auf Kinder wie auf Erwachsene ein­la­dend wir­ken, gera­de in unse­rer Zeit …

Tonke Dragt: Der Goldschmied und der Dieb. Geschichten von den unglei­chen Zwillingsbrüdern
Aus dem Niederländischen von Liesel Linn („Verhalen van de tweelingbroers“)
Illustrationen von der Autorin, Einbandillustration von Annemarie van Haeringen
381 Seiten
ab 9 Jahren
4. Auflage 2019, Verlag Freies Geistesleben
ISBN 978–3‑7725–2881‑1
16 Euro

„Opapi-Opapa. Besuch von den Krawaffels“ von Paul McCartney

Als ich das Buch zum ers­ten Mal in den Händen hielt, hat­te ich gleich gute Laune: Das Cover ist wun­der­bar gestal­tet. Die fünf Hauptpersonen im Mittelpunkt, in einem Kompass, Opapa mit sei­nen vier Enkelkindern, die er „Krawaffels“ nennt, drum­her­um eine Weltkarte. Macht neu­gie­rig, ist bunt und ein­la­dend, mit vie­len Details, aber nicht über­la­den – und das gilt eigent­lich für das gan­ze Buch.

„Opapi-Opapa“ heißt es, ange­lehnt an den Beatles-Song „Obladi-Oblada“. Im Original lau­tet der Titel „Hey Grandude!“ (wie „Hey Jude“), und die Enkelkinder sind die „Chillers“. Dass „Hey Grandude!“ und „Chillers“ nicht ein­fach gelas­sen, son­dern über­setzt wur­den, ist das Einzige, was mir an dem Buch nicht passt. „Opapi-Opapa“ klingt für mich leicht alt­ba­cken, „Hey Grandude“ nicht, das ist eine super Wortschöpfung, gera­de mit Blick auf den pro­mi­nen­ten Autor des Buchs, Paul McCartney, und wenn Kinder das noch nicht ver­ste­hen, kann man ihnen das sicher pro­blem­los erklä­ren … „Opapi-Opapa“ ist kein voll­wer­ti­ger Ersatz, das merkt man auch im Buch. Und „chill mal“ ist mitt­ler­wei­le durch­aus im Deutschen ange­kom­men, wohin­ge­gen ich mich gefragt habe, was „Krawaffels“ bedeu­ten soll und wie die Übersetzerinnen dar­auf gekom­men sind …

Das ist also etwas scha­de, ändert aber nichts dar­an, dass das Buch Spaß macht. Es nimmt Kinder und Erwachsene mit auf eine aben­teu­er­li­che Fantasiereise, die mit Langeweile beginnt. Lucy, Tom, Em und Bob sind übers Wochenende bei ihrem Opa, das Wetter ist mies, die Laune auch, da kommt der Opa mit alten Postkarten an. Mithilfe sei­nes magi­schen Kompasses rei­sen die fünf an drei Orte, die auf drei Postkarten zu sehen sind: an einen Traumstrand mit Fliegenden Fischen, in den Wilden Westen mit einem Cowboy und in die Schweizer Berge mit net­ten Kühen. Alles wun­der­schön, wenn nicht jeweils etwas pas­sie­ren wür­de, das die Reisenden aus den Idyllen ver­treibt, sodass sie am Schluss ganz froh sind, wie­der in Opapas Haus zu landen.

Die Geschichte wird mit weni­gen Sätzen (in gro­ßer Schrift) und mit ein­fach tol­len Bildern erzählt, toll ist auch, dass sich mit den Enkelkindern ganz ver­schie­de­ne Lesekinder iden­ti­fi­zie­ren kön­nen: Es sind zwei Jungs und zwei Mädchen, es gibt rote, blon­de, dunk­le Haare, lan­ge und kur­ze, glat­te und locki­ge, eine Brille, Mützen usw. Der Opa ist natür­lich ein ziem­li­cher Traumopa: sehr ent­spannt, dabei sou­ve­rän, wenns brenz­lig wird, in sei­ner lege­ren Anzugjacke, mit Weste, Mini-Melone und Zöpfchen. Und voll und ganz für sei­ne Enkelkinder da. So soll es sein …

Paul McCartney: Opapi-Opapa. Besuch von den Krawaffels
illus­triert von Kathryn Durst
aus dem Englischen von Judith Holofernes und Cornelia Holfelder-von der Tann
Lektorat: Christiane Lawall
40 Seiten
ab 4 Jahren
2019 annet­te betz
ISBN: 978–3‑219–11821‑6
14,95 Euro