„Pubertät. Der Ratgeber für Eltern“ von Angela Kling und Eckhard Spethmann

Vielleicht gibt es ja Eltern, die intui­tiv alles rich­tig machen und tat­säch­lich nie einen Ratgeber brau­chen. Aber die meis­ten Eltern ste­hen sicher irgend­wann oder immer mal wie­der im Leben mit Kind vor Situationen, in denen ein Blick von außen hilf­reich ist. Informieren kann man sich im Familien‑, Freundes- und Bekanntenkreis, im Internet, in Beratungsstellen, aber eben auch mit Büchern. Ich fin­de Ratgeber gut, die nicht zu umfang­reich sind und kei­ne Phrasen dre­schen, son­dern ech­te, hilf­rei­che Informationen bieten.

Das schafft der Pubertäts-Ratgeber von Angela Kling und Eckhard Spethmann. Das Buch hat 200 Seiten, aber im Kleinformat, die Schrift hat genug Luft und ist nicht zu klein. Warum ich das extra schrei­be? Weil ich schon Ratgeber in der Hand hat­te, bei denen zu viel Text in ein zu klei­nes Format gepresst wur­de, was das Lesen unnö­tig erschwert.

Nach den ers­ten Seiten des Pubertät-Ratgebers war ich leicht unge­dul­dig, zu wenig Konkretes für mei­nen Geschmack. Das wur­de aber schnell bes­ser, das heißt: prak­ti­scher. Zunächst geht es dar­um, was Pubertät über­haupt ist, wann sie z. B. beginnt, inwie­fern sie bei Jungen und Mädchen unter­schied­lich ver­läuft usw. Dann wer­den sie­ben Phasen der Pubertät unter­schie­den, von Vorahnung bis Integration. Eine sol­che Einordnung mag für Eltern ganz hilf­reich sein, da sie die Pubertät als fort­schrei­ten­den Prozess, als Entwicklung zeigt, die nor­ma­ler­wei­se auch ein (gutes) Ende nimmt.

Im wei­te­ren Verlauf gehen die bei­den Autoren auf „Gefahren“ bzw. „ris­kan­tes Verhalten“ wäh­rend der Pubertät ein: Sex, Depression, gestör­tes Essverhalten, Alkohol, Rauchen, Mobbing, Computerspiele usw. All die­se Themen wer­den natür­lich nur ange­ris­sen, doch was Angela Kling und Eckhard Spethmann dazu schrei­ben, hat Hand und Fuß und hilft mei­nes Erachtens wei­ter, durch Tipps etwa oder Verweise auf kon­kre­te Websites.

In einem sepa­ra­ten Kapitel fin­den sich Hinweise und Vorschläge, was man tun kann, um mit dem puber­tie­ren­den Kind bzw. Jugendlichen in Kontakt, im Gespräch zu blei­ben. Und zum Schluss lis­ten die Autoren qua­si als Zusammenfassung „10 gol­de­ne Regeln“ auf, mit denen Eltern und Kind gut durch die Pubertät kom­men, sowie ein „Pubertäts-ABC“ mit häu­fig gestell­ten Fragen.

Sehr ange­nehm an die­sem Ratgeber ist, dass er so gar nicht rei­ße­risch ist, kei­ne Super-Strategie ver­mit­teln will, dass die Autoren sich nicht selbst beweih­räu­chern und auch kei­ne Buchseiten mit über­flüs­si­gem Gebrabbel fül­len. Der Ton ist ange­nehm zuge­wandt, für mein Empfinden manch­mal ein biss­chen zu gefüh­lig, aber gestört hat das nicht. Es wird auf Mädchen und Jungen ein­ge­gan­gen, auch wenn auf dem Cover ein Mädchen abge­bil­det ist.

Besonders gut eig­net sich der Ratgeber viel­leicht für Eltern, deren Kind noch vor der Pubertät steht. Dann kann man sich schon mal men­tal vor­be­rei­ten und hat ver­schie­de­ne mög­li­che Probleme auf dem Schirm, aber auch Ideen, was man machen kann, spä­ter und bereits jetzt. Die Hinweise und Tipps der Autoren sind ganz boden­stän­dig, im Prinzip weiß man das meis­te oder könn­te von selbst drauf kom­men. Aber im Alltag mit Kind, im Korsett der Routinen und mit mehr oder weni­ger Stress Tag für Tag ist die­ser schlan­ke, gehalt­vol­le Ratgeber mit sei­nen Impulsen ein­fach eine fei­ne, hilf­rei­che Sache.

Angela Kling und Eckhard Spethmann: Pubertät. Der Ratgeber für Eltern. Mit 10 gol­de­nen Regeln durch alle Phasen
208 Seiten
hum­boldt Verlag 2016
ISBN 978–3‑86910–637‑3
9,99 Euro

Ilse Bos: „Die wilde Meute“

Das Buch hat etwas von Pippi Langstrumpf: In „Die wil­de Meute“ regeln drei­zehn Kinder, von zwölf bis vier Jahre alt, ihren Alltag ohne Erwachsene. Sie gehen regel­mä­ßig in die Schule, ein Junge bekocht alle, zusam­men hal­ten sie das Hausboot, auf dem sie leben, in Schuss. Pola, die die Geschichte größ­ten­teils erzählt, ist die Älteste und des­we­gen die Bestimmerin, sie hat zwei Halbbrüder, die ande­ren Mädchen und Jungen sind alle irgend­wann zur Familie dazu­ge­sto­ßen, adop­tiert von Polas Mutter Tineke. Tineke ist das Jahr über in der gan­zen Welt unter­wegs, um zu arbei­ten und nach ihrer gro­ßen Liebe zu suchen, Polas Vater, den sie kurz nach dem Kennenlernen gründ­lich aus den Augen ver­lo­ren hat­te. Alle drei Monate schaut sie bei den Kindern vor­bei und ruft jeden Samstag zur glei­chen Zeit an.

Die Geschichte beginnt damit, dass eine über­eif­ri­ge Dame vom Jugendamt nach­forscht, ob die drei­zehn Kinder einen gere­gel­ten Tagesablauf mit Eltern haben, und dass über­all in der Stadt gro­ße Löcher auf­tau­chen, eins davon direkt vor der Schule, in die die Kinder gehen. Niemand weiß, wer die Löcher gräbt, das will ich auch gar nicht ver­ra­ten, nur so viel: Es ist ein biss­chen wie in Michael Endes „Momo“, wo die grau­en Herren die Zeit rau­ben, bloß anders. In „Die wil­de Meute“ geht es nicht um die Zeit, son­dern dar­um, dass alles zuge­baut wird und einen Zweck hat, dass es kei­nen Platz mehr zum Toben und Wildsein gibt. Das bekom­men auch die drei­zehn Kinder zu spü­ren: Ihr Hausboot ankert an einer Halbinsel, die ursprüng­lich ver­las­sen und ver­wil­dert war, doch im Laufe der Jahre wur­de sie besie­delt und die Häuser rücken immer näher ans Meer und damit ans Boot.

Das Buch liest sich wun­der­bar, dazu tra­gen auch die schö­nen Illustrationen von Linde Faas bei. Bunt, leicht und detail­ver­liebt, jedes der drei­zehn Kinder ist auf eine ganz typi­sche Weise dar­ge­stellt. Lesenderweise könn­te man bei so vie­len Kindern schnell den Überblick ver­lie­ren, was die Autorin ver­hin­dert, indem sie jedes Kind klar cha­rak­te­ri­siert, aber nicht scha­blo­nen­haft und nicht über das Äußere. Da ist Jan, der stän­dig etwas strickt und schnell weint. Da ist Wolke, die meis­tens auf den Boden schaut und Tierchen ret­tet, egal ob Käfer oder Assel. Da ist Knut, der so wenig wie mög­lich redet, aber alle vor­züg­lich bekocht. Am Ende des Buches fin­det sich eine Übersicht aller Kinder, mit Bild und kur­zem Steckbrief.

Und die Geschichte selbst? Die ist eine gelun­ge­ne Mischung aus Abenteuer- und Familiengeschichte, mit etli­chen Überraschungen und einem glück­li­chen Ende. Schön!

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Ilse Bos: Die wil­de Meute
Mit Illustrationen von Linde Faas
Aus dem Niederländischen von Eva Schweikart
303 Seiten
zum Vorlesen ab 7 Jahren, zum Selberlesen ab 10 Jahren
Urachhaus 2016
ISBN: 978–3‑8251–7927‑4
17,90 Euro

Markus Barth: „Soja-Steak an Vollmondwasser. Das Handbuch der überschätzten Lebensmittel“

Das Buch ist wie Popcorn, es mampft sich weg wie nichts. Popcorn kommt dar­in aller­dings nicht vor, dafür Reis- und Maiswaffeln. Keine Überraschung, dass die Waffeln ihr Fett abkrie­gen, mit weni­gen Worten nur, aber aus­nahms­wei­se gereimt. In vier Teilen watscht Markus Barth alle mög­li­chen „über­schätz­ten“ Lebensmittel ab, von Trendfood über schlech­te Einfälle von Lebensmittelindustrie und Mutter Natur bis Schickimicki-Food. Nicht aus der Sicht eines Ernährungs- oder sons­ti­gen Experten, son­dern aus der eines Gern- und Oft-Essers.

Das ist natür­lich ent­waff­nend, so könn­te er bei Chia-Samen, Drachenfrucht und Co. immer nur schrei­ben: schmeckt nicht! Aber „schmeckt nicht“ und „die­ser Hype ist Humbug“ lässt sich auf vie­ler­lei Art und Weise und sehr unter­halt­sam aus­drü­cken, mal kür­zer, mal län­ger. Und ein paar Fakten gibt es ab und an auch dazu, z. B. dass Himalaya-Salz nicht aus dem Himalaya stammt und wie die rosa Farbe zustan­de kommt, wor­aus vege­ta­ri­sche Wurst und Tempeh bestehen und war­um Surimi kein Lebensmittel ist.

Das Büchlein bie­tet eine Auswahl an neu­en und wie­der­ent­deck­ten Wunder-Lebensmitteln, die in letz­ter Zeit durch die Medien geis­ter­ten, eini­ge Klassiker haben eben­falls ihren Auftritt. Das ist zum Grinsen oder sogar zum Lachen, aber das Beste an Markus Barths Buch ist in mei­nen Augen, dass er ent­spannt bleibt. Kein Ereifern über das Thema Essen, kein Verteidigen einer Ernährungsweise bis aufs Blut, kein Verteufeln eines Lebensmittels. Wie ange­nehm! Er macht sich ein­fach lus­tig über die Auswüchse der Lebensmittel- und Werbeindustrie, das durch­aus scharf­zün­gig und hin und wie­der leicht anzüg­lich, aber den­noch nett, indem er die kri­ti­sier­ten Lebensmittel qua­si direkt anspricht: „Ach, Crema di Balsamico, man kommt ja gar nicht mehr an dir vor­bei …“ Ich wet­te übri­gens, dass alle, die das Buch lesen, sich bei min­des­tens einem Lebensmittel etwas ertappt füh­len … ging mir jeden­falls so. :)

Markus Barth: Soja-Steak an Vollmondwasser. Das Handbuch der über­schätz­ten Lebensmittel
128 Seiten
Lappan Verlag 2016
ISBN: 978–3‑830–33441‑5
9,99 Euro