„Im Garten von Monet“ von Kaatje Vermeire

Sicher gibt es ziem­lich vie­le Biografien von Claude Monet, dies ist nun eine in Bilderbuchform, mit  wenig Text und gro­ßen Doppelseitenbildern. Das ers­te Bild: Monet als Kind am Meer. Das zwei­te Bild: als jun­ger Mann in der Malschule. Ab dem drit­ten Bild: älter wer­dend inmit­ten meist üppi­ger Natur, umge­ben von Bäumen, Blumen, am Fluss, im Garten. Monet ist auf jedem Bild zu sehen, sonst nur weni­ge ande­re: sei­ne Frau Camille, sei­ne zwei­te Frau Alice, die Kinder, ein Malerkollege. Der Stil der Bilder erscheint ver­traut, Kaatje Vermeire hat sich ver­mut­lich lang und län­ger mit Monets Werk aus­ein­an­der­ge­setzt, dann Abstand genom­men und schließ­lich etwas Eigenes geschaf­fen, das jedoch Monet „atmet“ und auch ver­schie­de­ne Stadien sei­nes Schaffens aufgreift.

Die Bilder sind alle fas­zi­nie­rend und laden zum Verweilen ein. Ob der vor Farben und Formen schier explo­die­ren­de Park im Frühling, die herbst­li­che Landschaft am Fluss in leuch­ten­dem Rot und Gelb oder der Seerosenteich mit Schilf, Bäumen und Brücke mit zer­lau­fen­den Farben, so wie der Maler, des­sen Augen schwä­cher wer­den, sie nun sieht. Bilder und Texte machen neu­gie­rig auf das Leben und Werk des Künstlers, sie rei­ßen nur an, ver­su­chen gar nicht erst, mehr als einen Bruchteil abzu­bil­den. Und genau das kann eine Biografie leis­ten, nicht mehr und nicht weniger.

Kaatje Vermeire: Im Garten von Monet
Aus dem Niederländischen von Eva Schweikart
32 Seiten
ab 5 Jahren
2020 Verlag Freies Geistesleben
ISBN 978–3‑7725–2925‑2
18 Euro

„Mala und das flüsternde Haus“ von Usch Luhn

Dass das Buch ein biss­chen magisch ist, zeigt schon das Cover mit zwei Kindern in einem alt­mo­di­schen Raum vol­ler Bücher und ein wenig Zauberstaub. Schlägt man „Mala und das flüs­tern­de Haus“ auf, sieht man einen Stadtplan von Silberstadt. In der Ecke links oben ist das Sonnenschloss. Ziemlich schnell erfährt die Leserin, der Leser, dass das Sonnenschloss ein Kinderheim ist, in dem die Heldin des Buches, Mala, lebt und die schreck­li­che Frau Grunzei das Sagen hat. Zu Malas Glück wohnt auch Viktor im Heim, ihr bes­ter und ein­zi­ger Freund. Auf etwas mehr als 200 Seiten erle­ben die bei­den ein Abenteuer, das ihr Leben gründ­lich ändert – und zwar ganz klar zum Besseren hin.

Malas Welt ist rela­tiv rea­lis­tisch, dabei sind vor allem die Erwachsenen über­spitzt gezeich­net und es pas­sie­ren magi­sche Dinge. So wird aus einem Marzipanschwein ein ech­tes Ferkel, das noch dazu Glück bringt. Im Haus von Ophelia Mirakel, die Mala über die Sommerferien zu sich holt, kön­nen Gegenstände spre­chen, wie im ver­zau­ber­ten Schloss von „Die Schöne und das Biest“, und sie tra­gen eben­falls Namen und haben ihre Eigenarten und Marotten. Vor allem geht es im Buch aber um die Freundschaft zwi­schen Mala und Viktor. Sie hal­ten zusam­men, egal wie brenz­lig es wird, und kom­men einem alten Geheimnis von Frau Grunzei und Ophelia Mirakel auf die Spur.

Was gleich auf­fällt: Die Schrift ist groß und damit per­fekt für Leserinnen und Leser ab acht Jahren. Jedes Kapitel star­tet mit einer kur­zen Überschrift und einer Vignette pas­send zum Inhalt. Die Geschichte ist gut durch­dacht und schön erzählt, auch wenn ich fin­de, dass die Kinder sich zum Teil etwas „erwach­sen“ aus­drü­cken. „Mala und das flüs­tern­de Haus“ ist viel­leicht nicht der tref­fends­te Titel, da das Haus nicht im Mittelpunkt steht (und auch nicht selbst flüs­tert, son­dern man­che Gegenstände dar­in). Aber der Titel macht natür­lich neu­gie­rig auf das Buch und erfüllt damit sei­nen Zweck.

Usch Luhn: Mala und das flüs­tern­de Haus
Umschlagillustration und Vignetten: Monika Parciak
Lektorat: Emily Huggins
220 Seiten
ab 8 Jahren
2020 ueberreuter
ISBN: 978–3‑7641–5158‑4
14,95 Euro

„Der Goldschmied und der Dieb“ von Tonke Dragt

„Der Brief für den König“, „Der wil­de Wald“, „Die Türme des Februar“ – die­se Bücher habe ich als Kind geliebt und sie ste­hen nach wie vor in mei­nem Bücherregal. Ihretwegen habe ich den Namen der Autorin, Tonke Dragt, nie ver­ges­sen und sie sind auch der Grund, war­um ich „Der Goldschmied und der Dieb“ lesen woll­te. Der Titel selbst hat mich nicht so sehr ange­spro­chen, auch der Klappentext nicht. Aber Tonke Dragt!

Das Buch wur­de 1961 zuerst ver­öf­fent­licht, und das merkt man auch. Ich schät­ze, wenn eine Autorin heu­te mit ähn­li­chen Geschichten zu Verlagen gin­ge, hät­te sie kei­ne Chance. Die „Geschichten von den unglei­chen Zwillingsbrüdern“ spie­len in einem mär­chen­haf­ten Gestern, lesen sich aber auch etwas behä­big, ich brauch­te eine Weile, um in die­se Welt hin­ein­zu­fin­den. Dazu pas­sen die Schwarz-Weiß-Illustrationen, die gleich­falls von Tonke Dragt sind, so rich­tig anspre­chend fin­de ich sie nicht, ein biss­chen alt­mo­disch und lang­wei­lig. Ganz anders die Coverillustration, die jedoch nicht von der Autorin, son­dern von Annemarie van Haeringen stammt. In mei­nen Augen hät­te das Buch deut­lich gewon­nen, wenn van Haeringen sämt­li­che Illustrationen gelie­fert hät­te, aber das war ver­mut­lich auch eine Geldfrage. Das Buch hat rund 380 Seiten und es hät­ten locker mehr sein kön­nen, wenn die Schrift nicht so klein gewählt wor­den wäre. Man braucht zwar kei­ne Lupe, aber rich­tig lese­freund­lich ist es nicht, zumal für ein Kinderbuch.

Und das wars jetzt mit Kritik, denn ich habe das Buch ja den­noch von der ers­ten bis zur letz­ten Seite gele­sen und woll­te es teils gar nicht aus der Hand legen. In zwölf Geschichten beglei­tet die Leserin, der Leser die Zwillingsbrüder Laurenzo und Jiacomo von ihrer Kindheit bis ins Erwachsenenalter. Äußerlich kann die bei­den nie­mand aus­ein­an­der­hal­ten, doch ansons­ten sind sie recht ver­schie­den. Der eine ein biss­chen bra­ver, der ande­re aben­teu­er­lus­ti­ger, bei­de aber gute Kerle, könn­te man sagen, die sehr anein­an­der hän­gen und sich und ande­ren Menschen nichts Böses wol­len. Man kennt es ja aus Märchen und anders­wo­her, dass bei Brüderpaaren häu­fig der eine „gut“ und der ande­re „böse“ ist, es war also ange­nehm, dass das in „Der Goldschmied und der Dieb“ nicht so platt daher­kommt. Das hät­te zwar ein biss­chen Dramatik gebracht, aber span­nend wird es auch so bei den Abenteuern, die die Brüder zusam­men oder getrennt erleben.

Dabei bekom­men sie es fast nur mit Menschen zu tun, die es gut mit ihnen mei­nen, ob das nun Räuber, Herzöge oder Ritter sind, doch es wird schon mal ver­zwickt bis brenz­lig und oft genug kommt es (gewollt oder nicht) zu Verwechslungen, das muss bei Zwillingen als Hauptpersonen ja direkt sein. Diese nicht kon­flikt­freie, aber über­schau­ba­re, gerech­te und har­mo­ni­sche Geschichtenwelt dürf­te auf Kinder wie auf Erwachsene ein­la­dend wir­ken, gera­de in unse­rer Zeit …

Tonke Dragt: Der Goldschmied und der Dieb. Geschichten von den unglei­chen Zwillingsbrüdern
Aus dem Niederländischen von Liesel Linn („Verhalen van de tweelingbroers“)
Illustrationen von der Autorin, Einbandillustration von Annemarie van Haeringen
381 Seiten
ab 9 Jahren
4. Auflage 2019, Verlag Freies Geistesleben
ISBN 978–3‑7725–2881‑1
16 Euro