„Mala und das flüsternde Haus“ von Usch Luhn

Dass das Buch ein biss­chen magisch ist, zeigt schon das Cover mit zwei Kindern in einem alt­mo­di­schen Raum vol­ler Bücher und ein wenig Zauberstaub. Schlägt man „Mala und das flüs­tern­de Haus“ auf, sieht man einen Stadtplan von Silberstadt. In der Ecke links oben ist das Sonnenschloss. Ziemlich schnell erfährt die Leserin, der Leser, dass das Sonnenschloss ein Kinderheim ist, in dem die Heldin des Buches, Mala, lebt und die schreck­li­che Frau Grunzei das Sagen hat. Zu Malas Glück wohnt auch Viktor im Heim, ihr bes­ter und ein­zi­ger Freund. Auf etwas mehr als 200 Seiten erle­ben die bei­den ein Abenteuer, das ihr Leben gründ­lich ändert – und zwar ganz klar zum Besseren hin.

Malas Welt ist rela­tiv rea­lis­tisch, dabei sind vor allem die Erwachsenen über­spitzt gezeich­net und es pas­sie­ren magi­sche Dinge. So wird aus einem Marzipanschwein ein ech­tes Ferkel, das noch dazu Glück bringt. Im Haus von Ophelia Mirakel, die Mala über die Sommerferien zu sich holt, kön­nen Gegenstände spre­chen, wie im ver­zau­ber­ten Schloss von „Die Schöne und das Biest“, und sie tra­gen eben­falls Namen und haben ihre Eigenarten und Marotten. Vor allem geht es im Buch aber um die Freundschaft zwi­schen Mala und Viktor. Sie hal­ten zusam­men, egal wie brenz­lig es wird, und kom­men einem alten Geheimnis von Frau Grunzei und Ophelia Mirakel auf die Spur.

Was gleich auf­fällt: Die Schrift ist groß und damit per­fekt für Leserinnen und Leser ab acht Jahren. Jedes Kapitel star­tet mit einer kur­zen Überschrift und einer Vignette pas­send zum Inhalt. Die Geschichte ist gut durch­dacht und schön erzählt, auch wenn ich fin­de, dass die Kinder sich zum Teil etwas „erwach­sen“ aus­drü­cken. „Mala und das flüs­tern­de Haus“ ist viel­leicht nicht der tref­fends­te Titel, da das Haus nicht im Mittelpunkt steht (und auch nicht selbst flüs­tert, son­dern man­che Gegenstände dar­in). Aber der Titel macht natür­lich neu­gie­rig auf das Buch und erfüllt damit sei­nen Zweck.

Usch Luhn: Mala und das flüs­tern­de Haus
Umschlagillustration und Vignetten: Monika Parciak
Lektorat: Emily Huggins
220 Seiten
ab 8 Jahren
2020 ueberreuter
ISBN: 978-3-7641-5158-4
14,95 Euro

„Das verwunschene Schloss“ von Irene Zimmermann

Lindas Eltern sind ziem­lich spon­tan: Ihr Vater hat online für wenig Geld ein Schloss erstei­gert, und nun bre­chen sie alle Brücken hin­ter sich ab und wol­len ein Schlosshotel eröff­nen – ohne das Schloss je gese­hen zu haben. Sie haben Glück, das Schloss macht ordent­lich was her, nur muss es erst mal gründ­lich ent­rüm­pelt wer­den. Und wie der Titel des Buchs schon ankün­digt: Mit dem Schloss stimmt was nicht. Linda drif­tet wie­der­holt in eine Parallelwelt ab und trifft einen spre­chen­den Wasserspeier, der ihr von einer Prophezeiung erzählt und sie um Hilfe bittet.

Was sie tun soll und was mit dem Schloss los ist, erfährt sie aller­dings nicht sofort, son­dern nach und nach, und mit Linda tappt auch die Leserin, der Leser lan­ge im Dunkeln. Was okay ist, denn Linda ist wit­zig und ziem­lich aktiv, mit ihr wird es nicht lang­wei­lig. Ihre Gedankenkommentare über alles Mögliche (gern in Klammern) sind so was wie ihre per­sön­li­che Signatur, dazu gibts ein paar grus­li­ge Momente, die Kapitel enden gern mit einem Cliffhanger und in die neue Schule muss Linda auch, wo sie es mit mög­li­chen Freundinnen, einem span­nen­den Jungen und einem ner­vi­gen Mathelehrer zu tun bekommt, nicht zu ver­ges­sen ihre Eltern, die schon ein biss­chen aus der Reihe tan­zen, ihre schwar­ze Katze Mirabell, die eine beson­de­re Verbindung zur Parallelwelt zu haben scheint, und ein Telefon, das immer wie­der pünkt­lich zur Geisterstunde klingelt …

Alles recht anspre­chend für Leserinnen und Leser ab zehn Jahren, und das Buch selbst ist auch schön anzu­se­hen mit dem Cover à la Scherenschnitt in Blau, Weiß und Schwarz, das eini­ge Elemente der Geschichte auf­greift. Die Blumenornamente tau­chen auf den rund 180 Buchseiten wie­der auf und das Einzige, wor­über sich meckern lie­ße, ist viel­leicht, dass das Ende, die Auflösung, ein wenig abrupt rüber­kommt. Macht aber nichts, weil nicht die Geschichte die Hauptrolle spielt, son­dern Linda, mit der man sich gut noch ein wei­te­res Buch vor­stel­len könnte.

Irene Zimmermann: Das ver­wun­sche­ne Schloss
Lektorat: Kathleen Neumann
Umschlaggestaltung: Carolin Liepins
182 Seiten
ab 10 Jahren
2019 ueberreuter
ISBN: 978-3-7641-5164-5
12,95 Euro

„Becoming Elektra“ von Christian Handel

Drei Wochen im Jahr 2083, die Isabels Leben auf den Kopf stel­len. Isabel ist ein „Mensch zwei­ter Klasse“, eine Klonin. Sie lebt in einem Institut, aus dem sie nie raus­darf, sie und die ande­ren Kloninnen und Klone sind Ersatzteillager für die Menschen, deren Kopien sie sind. Als Isabels Original, Elektra Hamilton, stirbt, wird Isabel aus dem Institut geholt und soll Elektra erset­zen. Sie lan­det in einem herr­schaft­li­chen Haus, in einer Familie, die sie alles ande­re als mit offe­nen Armen emp­fängt, Ausnahme: Elektras Vater, der um jeden Preis will, dass sie eine arran­gier­te Verlobung in Sack und Tüten bringt. Frei ist Isabel somit auch jetzt nicht, und noch dazu in gro­ßer Gefahr. Denn Elektra ist kei­nes natür­li­chen Todes gestor­ben und nie­mand sagt Isabel, was wirk­lich gespielt wird …

Es ist nicht leicht, bei Kinder- und Jugendbüchern halb­wegs fri­sche Themen zu fin­den bzw. sie so umzu­set­zen, dass sie noch frisch rüber­kom­men. Christian Handel ist das gelun­gen, sein Buch über Klone, über ihre Rolle und den Umgang mit ihnen, ist packend von der ers­ten bis zur letz­ten Seite. Er erzählt so, dass es die Leserin, den Leser in die Geschichte zieht, sie ist nach­voll­zieh­bar und nah, obwohl sie etli­che Jahre in der Zukunft spielt. Im Mittelpunkt ste­hen Menschen und ihr Beziehungsgeflecht, auch die Nebenfiguren wir­ken authen­tisch und leben­dig, sie sind nicht nur Statistinnen und Statisten. Die Geschichte ist nicht kom­pli­ziert, aber alles ande­re als sim­pel, sie hält ein paar Überraschungen parat und macht süch­tig, man kann gar nicht auf­hö­ren zu lesen. Sie lädt zum Abtauchen in eine ande­re Welt ein, hat aber mit dem Klonen ein Thema, über das man durch­aus ins Grübeln kom­men kann.

Ein Hingucker ist das tol­le Cover, das Motiv wie­der­holt sich auf dem Buchrücken, „Becoming Elektra“ macht sich also auch pri­ma im Regal. Etwas über 400 Seiten hat das Buch, das Ende bie­tet Stoff für eine Fortsetzung, die aber, so der Autor im Nachwort, nicht geplant ist. Ich finds gut, dass die Geschichte nicht bis zum Letzten aus­ge­walzt wird, dann spinnt man sie eben selbst wei­ter – und freut sich auf eine gänz­lich neue, die hof­fent­lich nicht all­zu lang auf sich war­ten lässt.

Christian Handel: Becoming Elektra. Sie bestim­men, wer du bist
Lektorat: Emily Huggins
Umschlaggestaltung: Alexander Kopainski
416 Seiten
ab 14 Jahren
2019 ueberreuter
ISBN: 978-3-7641-7094-3
17,95 Euro