„Ich helfe mir selbst – Bluthochdruck“ von Pepe Peschel

Das Paar auf dem Buchcover beschäf­tigt mich mehr, als es soll­te, die wir­ken für das Thema irgend­wie zu schlank, zu beweg­lich, zu hap­py. Aber viel­leicht sol­len sie ja auch das Ideal, das Ziel zei­gen. Wenigstens sind sie nicht ganz jung, denn mit zuneh­men­dem Alter sind mehr Menschen von Bluthochdruck betrof­fen, ab fünf­und­vier­zig Jahren geht es ordent­lich hoch, wie Autorin Pepe Peschel mit einer Tabelle vom Robert-Koch-Institut belegt. Faktoren, die Bluthochdruck begüns­ti­gen, sind dem­nach unter ande­rem Übergewicht, über­mä­ßi­ger Alkoholkonsum, Rauchen. Also Dinge, die vie­le Menschen schon in jun­gen Jahren pfle­gen, die sich aber irgend­wann rächen. Zugleich Dinge, gegen die man etwas unter­neh­men kann, und das ist ja der Ansatzpunkt des Buches: „Ich hel­fe mir selbst.“

Die Autorin wen­det sich eher an Menschen, die noch kei­ne Profis in Sachen Bluthochdruck sind, sie zeigt den aktu­el­len Stand in Forschung und Behandlung bzw. Medikation und erklärt zum Beispiel auch, wie der Blutdruck ver­läss­lich gemes­sen wird, was durch­aus Sinn ergibt, da Gebrauchsanweisungen für man­che kryp­tisch blei­ben und in Arztpraxen nicht unbe­dingt kon­kret und nach­hal­tig genug erklärt wird. Es wird recht deut­lich gesagt, dass man Bluthochdruck nicht auf die leich­te Schulter neh­men soll­te. Man soll­te zum einen sei­nen Blutdruck ken­nen und zum andern, falls er zu hoch ist, etwas tun, sonst kann das lang­fris­tig schwer­wie­gen­de gesund­heit­li­che Folgen haben.

Das Buch ist in vier Teile geglie­dert: „Deine Riesenpumpe … sorgt für dich“ behan­delt die Grundlagen. In „Dein Körper … ist geni­al“ gibt es Erklärungen und Tipps, was man machen kann, um den Bluthochdruck zu sen­ken, und zwar in den Bereichen Bewegung und Ernährung. Dieser Teil ist der umfang­reichs­te. „Deine Natur … schenkt Gefäßenergie“ ver­weist auf Therapiemöglichkeiten wie Wasseranwendungen und Nahrungsergänzungsmittel. In „Deine Psyche … hat Wirkung“ dreht sich alles um emo­tio­na­len Druck und Stress und was man dage­gen tun kann.

Das Buch liest sich recht schnell mit sei­nen knapp 150 Seiten, die Autorin schreibt gut ver­ständ­lich und locker, sie duzt die Leserin, den Leser. Etwas Abwechslung brin­gen etli­che blau her­vor­ge­ho­be­ne Kästen mit Tipps und Infos sowie drei Interviews mit Experten (ja, mit drei Männern, kei­ne Expertin dabei). Je nach Situation kann die Leserin, der Leser sicher Informationen für sich mit­neh­men, vor allem aber Motivation, denn wei­ter­ma­chen wie gehabt ist bei Bluthochdruck kei­ne Option …

Pepe Peschel: Ich hel­fe mir selbst – Bluthochdruck. Blutdruck zuver­läs­sig sen­ken. Richtig bewe­gen, ernäh­ren und Stress abbauen
Lektorat: Annette Gillich-Beltz
152 Seiten
2020 hum­boldt Verlag
ISBN 978-3-86910-047-0
19,99 Euro

„Florence Nightingale. Nur Taten verändern die Welt“ von Nicolette Bohn

Florence Nightingale, der Name dürf­te nach wie vor vie­len etwas sagen, aber mehr als „die­se bekann­te bri­ti­sche Krankenschwester“ fällt den meis­ten wahr­schein­lich nicht ein, mir jeden­falls ging es so. Also kam die­se Biografie von Nicolette Bohn gera­de recht, die anläss­lich Nightingales 200. Geburtstag am 12. Mai 2020 erschie­nen ist.

Das Buch ist mit 176 Seiten rela­tiv schmal, es war bestimmt anspruchs­voll, sich so zu beschrän­ken. Gibt es doch, wie die Autorin erzählt, jede Menge Text aus Nightingales eige­ner Feder, zum einen ihre Bücher, zum andern 14.000 (!) Briefe sowie Tagebücher und Notizen. Logisch, dass man dann Schwerpunkte set­zen muss, in die­sem Fall sind es fol­gen­de: Kindheit und Jugend, Suche nach der Berufung, Krimkrieg, Jahre nach dem Krimkrieg. Am umfang­reichs­ten ist Punkt 2, Suche nach der Berufung.

1820 wur­de Florence Nightingale gebo­ren. Sie ent­stamm­te einer wohl­ha­ben­den Familie und hat­te Zugang zu einer guten Bildung. Ihre Eltern konn­ten sich meh­re­re Wohnsitze und aus­ge­dehn­te Reisen leis­ten und ermög­lich­ten ihr, ein­fluss­rei­che Leute ken­nen­zu­ler­nen. Florence‘ Wunsch, Krankenpflegerin zu wer­den, unter­stütz­ten sie aller­dings nicht, son­dern kämpf­ten jah­re­lang dage­gen an, vor allem wohl, da das zu der Zeit eine ver­ru­fe­ne Tätigkeit war, für die man kei­ner­lei Qualifikationen benö­tig­te. Dass sich dies änder­te, dar­an hat­te Florence Nightingale einen Anteil. In die­sem Buch geht es aber mehr um ihr Werden, nicht um ihr Werk und ihre Verdienste, wobei die­se natür­lich Erwähnung finden.

Wie das bei Biografien so ist, muss die Leserin, der Leser etli­che Namen und Daten jon­glie­ren. Hilfreich ist hier der Anhang, in dem ein Überblick über die Lebensstationen sowie ein Personenverzeichnis zu fin­den sind. Die Autorin lässt vie­le, zum Teil län­ge­re Zitate von Florence Nightingale und Zeitgenossinnen und -genos­sen ein­flie­ßen, sodass man bes­ser in die­se Zeit ein­tau­chen kann. So rich­tig greif­bar wird mir „die­se bekann­te bri­ti­sche Krankenschwester“ am Ende nicht, auch wenn ich viel über sie erfah­re. Was sicher dar­an liegt, dass eine sol­che eher schma­le­re Biografie nur ein Anfang sein kann.

Nicolette Bohn: Florence Nightingale. Nur Taten ver­än­dern die Welt
Lektorat: Burkhard Menke
176 Seiten
2020 Patmos Verlag
ISBN 978-3-8436-1225-8
19 Euro

„Früher war ich ein flottes Huhn, heute bin ich eine lahme Ente“ von Sigrid Tschöpe-Scheffler

Der Titel ist gut: tref­fend, ein­la­dend, macht neu­gie­rig. Die Autorin, Sigrid Tschöpe-Scheffler, erzählt gleich am Anfang, dass es ein Ausspruch ihrer Mutter war, ergänzt um „… und brau­che Hilfe“. Die Mutter wur­de 98 Jahre alt und benö­tig­te in den letz­ten 15 Jahren Pflege. Sie woll­te ihr Haus, in dem sie einen Großteil ihres Lebens ver­bracht hat­te, auch im hohen Alter nicht ver­las­sen. So kamen sie und ihre Tochter dar­auf, es mit 24-Stunden-Pflege zu ver­su­chen. Da die Mutter aus einer deutsch­stäm­mi­gen Familie in der Ukraine stamm­te, die ihre Heimat im Krieg ver­las­sen muss­te, woll­te sie ger­ne Pflegekräfte aus Osteuropa. Etliche Frauen und zwei Männer aus Polen, Rumänien, Russland, Moldawien, Bosnien, Armenien, Bulgarien und Ungarn leb­ten mit ihr im klei­nen Haus zusam­men und blie­ben unter­schied­lich lang, zwi­schen drei Monaten und vier Jahren.

Nun ist das Thema nicht unbe­dingt ein leich­tes, aber die Autorin bringt es fer­tig, unter­halt­sam, zugäng­lich, respekt­voll und infor­ma­tiv über die 15 Jahre mit 24-Stunden-Pflegekräften zu schrei­ben. Die Frauen aus Osteuropa blei­ben im Buch nicht bloß Namen, sind nicht nur Statistinnen, son­dern Menschen mit ihren eige­nen Biografien und Geschichten, für die sowohl die Mutter als auch die Autorin offen sind. Die Autorin ist das ein­zi­ge Kind und lebt wei­ter ent­fernt in einer ande­ren Stadt. Sie orga­ni­siert die Pflege, ist Ansprechpartnerin für die Pflegekräfte, muss oft kurz­fris­tig neue Lösungen fin­den. Als „bequem“ erscheint die­ser Weg nicht, aber als ein mensch­li­cher und für bei­de Seiten – Pflegende und Gepflegte – mehr als nur akzep­ta­bler. Die Autorin weist dar­auf hin, dass sie vor allem posi­ti­ve Erfahrungen gemacht hät­ten, nur eine Pflegerin hat­ten sie nach kur­zer Zeit wie­der weg­ge­schickt. Sie erwähnt auch, dass man­che Pflegekräfte in vori­gen Anstellungen Negatives erlebt hät­ten, von Ausbeutung bis Unterstellungen.

Ich neh­me aus dem Buch mit, dass es bei die­ser Pflegeform mensch­lich stim­men muss, da eben kei­ne Einrichtung für Kontinuität und gege­be­nen­falls Abstand sorgt. Dass viel Vertrauen da sein, aber eine drit­te Person von außen regel­mä­ßig schau­en soll­te, ob Pflegende und Gepflegte zu ihrem Recht kom­men. Die 200 Seiten lesen sich schnell, ver­mut­lich hät­te die Autorin locker dop­pelt so viel schrei­ben kön­nen. Es wird aber auch in die­sem Rahmen deut­lich, wie kom­plex das Thema ist, so greift die Autorin unter ande­rem auf: die Geschichte und die Erwartungen und Ansprüche der Gepflegten, die kör­per­lich gebrech­lich und zuneh­mend von Demenz beein­träch­tigt ist. Die Geschichte und Erwartungen und Ansprüche der Pflegenden, die sich teils zu Beginn kaum oder nur schlecht auf Deutsch ver­stän­di­gen kön­nen. Die Geschichte und Erwartungen und Ansprüche der Tochter und ihre Beziehung zur Mutter, ihre Rolle als Verantwortliche gegen­über der Mutter und den Pflegekräften.

Die Verbindung aus per­sön­li­cher Geschichte und Reflexion die­ser Pflegeform fin­de ich gelun­gen, am Schluss des Buches fasst die Autorin auch noch mal zusam­men, wor­auf man ach­ten soll­te, wenn man eine 24-Stunden-Pflegekraft sucht und ein­stellt, was man tun kann, damit die Pflegenden zufrie­den sind, und wie die­se Pflegeform zu einem Gewinn für alle Seiten wer­den kann. Nicht zuletzt hält sie fest, dass es für die 24-Stunden-Betreuung nach wie vor „kei­ne offi­zi­el­len Qualitätsstandards oder Kontroll- und Beschwerdeinstanzen“ gebe, „weder für die Betreuenden noch für die zu Pflegenden, was drin­gend nötig wäre“. Da die Zahl der Personen, die Pflege benö­ti­gen, wei­ter stei­gen wird, soll­te das dem­nach end­lich ange­gan­gen werden.

Sigrid Tschöpe-Scheffler: Früher war ich ein flot­tes Huhn, heu­te bin ich eine lah­me Ente. Meine alte Mutter, ihre Pflegekräfte aus Osteuropa und ich
Lektorat: Marlene Fritsch
200 Seiten
2020 Patmos Verlag
ISBN 978-3-8436-1233-3
18 Euro