„Der Survival-Guide für Mamas“ von MutterKutter

Lustigerweise ken­ne ich „MutterKutter“, ein Blog-Magazin für Mütter, nicht, mich hat­te das Cover des Buches ange­spro­chen, und wer bekommt nicht ger­ne gute Tipps für den Familienalltag? Autorinnen des Buches sind MutterKutter-Mitglieder Dorothee Dahinden, Dr. med. Judith Bildau, Kerstin Lüking und Isabel Huttarsch, die als TV-Reporterin, Frauenärztin, Hebamme bzw. Psychologin arbei­ten, was schon mal pro­fes­sio­nel­len Input für einen „Survival-Guide für Mamas“ ver­spricht. Die vier Frauen haben ins­ge­samt 16 Kinder, an eige­nen Erfahrungen fehlt es also auch nicht.

Das Buch rich­tet sich pri­mär an Mütter mit Kindern im Vorschul- und Grundschulalter und hat sechs Kapitel: „Familienalltag“, „Kita, Schule und Job“, „Wutanfälle, Wackelzahnpubertät und Schulfrust“, „Liebe, Sex und Krisenmanagement“, „Gesundheit, Fitness und men­ta­le Stärke“ sowie „Bleibe du selbst!“. Auf den rund 200 Seiten kom­men die vier Autorinnen abwech­selnd zu Wort, wer gera­de dran ist, zeigt jeweils ein gezeich­ne­tes Kopfporträt am Anfang, eine schö­ne und ein­fa­che Lösung, die zum zuge­wand­ten, locke­ren Stil des Ratgebers passt. Die Leserin wird geduzt und schwimmt wäh­rend der Lektüre qua­si im „Mama-Pool“, was net­ter ist, als Siezen oder kei­ne direk­te Anrede es gewe­sen wären. Man soll sich ja ange­spro­chen füh­len und zum Tun gebracht wer­den, dem­entspre­chend gibts auch kei­ne sei­ten­lan­gen theo­re­ti­schen Abhandlungen zu einer Problematik, son­dern der Lesestoff wird in prak­ti­schen Häppchen prä­sen­tiert: Nach ein paar Sätzen zum Thema wird es mit Tipps, einer Schritt-für-Schritt-Anleitung oder Blick auf ein­zel­ne Situationen immer ganz konkret.

Logischerweise bie­tet das Buch eine Art Basisprogramm: Die Autorinnen haben sich für eine Auswahl an Themen ent­schie­den und all­zu sehr in die Tiefe kann ein Ratgeber mit dem Umfang nicht gehen, doch das ist okay so. Die Botschaft kommt auf jeden Fall an: Mütter blei­ben Menschen, auch wenn sie jun­ge Kinder haben, die von ihnen abhän­gig sind. Sie sind eigen­stän­di­ge Personen, ihr men­ta­les und kör­per­li­ches Wohlergehen ist wich­tig und es bringt letzt­end­lich nie­man­dem etwas, wenn sie sich für die Kinder und die Familie „auf­op­fern“. Das klingt so selbst­ver­ständ­lich, fast banal, aber ver­mut­lich erken­nen sich da etli­che wie­der: zu viel allein machen wol­len, sich für alle und alles ver­ant­wort­lich füh­len, nicht Stopp sagen …

„Der Survival-Guide für Mamas“ lie­fert zahl­rei­che Ideen, Impulse und Vorschläge, wie Familien ein ent­spann­te­res Zusammenleben hin­be­kom­men kön­nen und Mütter sich nicht selbst ver­ges­sen, und das auf eine empa­thi­sche, boden­stän­di­ge, gelas­se­ne Art und Weise. Sodass sich die Leserin weder bevor­mun­det noch über­for­dert füh­len dürf­te, son­dern gut bera­ten und inspi­riert für ihren eige­nen Alltag. Was eine gan­ze Menge ist.

MutterKutter: Der Survival-Guide für Mamas. Die bes­ten Überlebensstrategien für dei­nen Familienalltag. Entspannt durch die Vor- und Grundschulzeit
Lektorat: Katia Simon
200 Seiten
2020 hum­boldt Verlag
ISBN 978-3-8426-1616-5
19,99 Euro

„Love. Alles was du liebst“ von Roddy Doyle

Roddy Doyle, ja, lan­ge her. Ich war mit Erasmus fast ein Jahr an einer Uni in Dublin und habe in der Zeit eini­ge Bücher von Roddy Doyle gele­sen, seit­dem hat er einen fes­ten Platz in mei­nem Bücherregal. Nun also ein neu­es Buch von ihm. Worum gehts? Zwei Männer, fast sech­zig, zie­hen durch die Pubs und trin­ken Pint um Pint. Sie sind Freunde seit Schulzeiten, Joe lebt noch in Dublin, Davy ist vor Jahrzehnten nach England gezo­gen, sie sehen sich nur, wenn Davy sei­nen Vater in Dublin besucht.

Das Buch ist ein Kneipen-Kammerspiel, ein ein­zi­ges lan­ges Gespräch, in dem Ich-Erzähler Davy ver­sucht her­aus­zu­fin­den, war­um Joe sei­ne Ehefrau und Familie für sei­ne Jugendliebe ver­las­sen hat, das Ganze in einer Pub-adäqua­ten Form, also aus­schwei­fen, abschwei­fen, wie­der­ho­len, blö­de Witze machen, auf­re­gen und abre­gen, noch ein Pint oder nicht … Eingeflochten sind kür­ze­re und län­ge­re Rückblenden aus Davys Leben: Frau, Kinder, Eltern, Arbeit, Jugend und Älterwerden, Gesundheit, die Beziehung zu Joe.

Der Abend endet an einem ande­ren, beson­de­ren Ort, und man weiß nicht, ob danach die Freundschaft zwi­schen Davy und Joe wie­der auf­le­ben wird oder ob das ihr Schlusspunkt war. Dafür ist klar, war­um Davys Gedanken bei der Pubtour öfter abschwei­fen, sich um recht exis­ten­zi­el­le Themen drehen.

Es ist ein ruhi­ges Buch, mit einer ein­fa­chen, direk­ten, ech­ten Sprache, ein Einblick in eine bestimm­te (iri­sche) Lebenswelt. Nicht so roh und drän­gend wie Roddy Doyles frü­he­re Bücher, aber klar, es ist eine ande­re Zeit, ein ande­rer Stoff. Und dafür passt das.

Roddy Doyle: Love. Alles was du liebst
Aus dem Englischen von Sabine Längsfeld
Lektorat: Alexandra Rak
347 Seiten
2021 Goya Verlag
ISBN 978-3-8337-4335-1
22 Euro

„Huhu, Herr Schuhu“ von Helen Stephens

Eulen sind nacht­ak­tiv, logisch also eigent­lich, dass der Einband von „Huhu, Herr Schuhu“ dun­kel ist wie die Nacht. Umso hel­ler erscheint die Eule, und die gol­de­ne Schrift, der klei­ne Mond und die Sternchen leuch­ten tat­säch­lich, wenn Licht dar­auf fällt. Los geht es im Herbst, als die Bäume lang­sam kahl wer­den. Jeden Abend schaut Ben aus dem Fenster zum alten, schö­nen Baum vor sei­nem Haus, in dem eine Eule wohnt, und ruft ihr „Hu-huh!“ zu. Die Eule ant­wor­tet dann mit „Huh-hu-huh!“. Ben nennt sie Herr Schuhu. Allerdings sieht und hört nur Ben die Eule, weder sein Papa noch sei­ne Mama bekom­men sie zu Gesicht, sodass sie ver­mu­ten, dass es sich um einen unsicht­ba­ren Freund handelt.

Im Frühling soll die alte Buche gefällt wer­den, eine Frau mit Kettensäge steht eines Morgens beim Baum – doch Ben erzählt von Herrn Schuhu und ver­spricht der Frau und den Leuten aus dem Haus, dass sie am Abend die Eule sehen wer­den. Es wird noch mal brenz­lig, aber so viel sei ver­ra­ten: Es gibt ein Happy End.

Mal erstreckt sich ein Bild über eine Doppelseite, mal sind zwei klei­ne­re Bilder oder ein Bild auf einer Seite – das bringt Abwechslung, eben­so dass die Buchseiten mal schwarz, mal weiß sind. Die ange­nehm kur­zen Textstücke ste­hen da, wo sie am bes­ten zum Bild pas­sen, und manch­mal wird die Schrift auch grö­ßer, wenn Ben zum Beispiel Herrn Schuhu ruft. Die Bilder wir­ken auf­ge­räumt und freund­lich, sie sehen nach Pinsel und Aquarellfarben aus, schwar­ze Striche geben Kontur oder set­zen Akzente. Ein Detail: Ben und sein Papa haben dunk­le­re Haut, sei­ne Mama hel­le­re. Das spielt im Buch über­haupt kei­ne Rolle und soll hier nur erwähnt wer­den, weil ich es gut fin­de, dass sich im Bilderbuchbereich bezüg­lich Diversität etwas zu tun scheint.

„Huhu, Herr Schuhu“ ist ein­fach ein schö­nes Buch und bringt viel­leicht das ein oder and­re Kind dazu, bei Bäumen genau­er hin­zu­schau­en – wel­che Tiere woh­nen dar­in? – und sich Gedanken zu machen: Was pas­siert mit den Tieren, wenn der Baum gefällt wird? Autorin und Illustratorin Helen Stephens erzählt in einem Mini-Nachwort, dass sie Eulen schon immer moch­te und sie bereits als Kind gezeich­net hat. In ihrer Straße hät­te es einst eine Eule gege­ben, die ver­schwand, als alte Bäume gefällt und neue, hel­le­re Laternen auf­ge­stellt wur­den. Das Buch sei „die­ser Eule und allen Wildtieren, die in unse­ren Städten leben“, gewid­met. Natürlich wäre es pri­ma, wenn sich auch die erwach­se­nen Vorleserinnen und Vorleser ange­spro­chen füh­len, schließ­lich sind es Erwachsene, die Bäume fäl­len (las­sen) – und Bäume pflan­zen können.

Helen Stephens: Huhu, Herr Schuhu
Aus dem Englischen von Christiane Lawall
Lektorat: Kim Laura Franzke
40 Seiten
ab 4 Jahren
2021 Annette Betz
ISBN 978-3-219-11940-4
14,95 Euro