„Alles geschieht heute“ von Jesse Browner

Der Titel ist Programm, „Alles geschieht heu­te“ spielt tat­säch­lich an einem Tag. Nicht an irgend­ei­nem Tag im Leben von Wes, der eigent­lich Leslie heißt, die­sen Namen aber erfolg­reich ver­drängt hat, sodass nur noch sei­ne Mutter ihn so nennt. Es ist der Tag nach der Nacht, in der Wes zum ers­ten Mal mit einem Mädchen geschla­fen hat, nicht mit dem Mädchen, das er seit einem Jahr regel­recht anbe­tet, son­dern mit einem Mädchen, das er eigent­lich nicht kennt.

Auf 249 Seiten weicht man Wes nicht einen Moment von der Seite, trifft sei­ne klei­ne Schwester, die er sehr liebt, sei­nen Vater, den er ver­ach­tet, sei­ne Mutter, die bett­läg­rig ist und die er mit pflegt, sei­nen bes­ten Freund und schließ­lich das Mädchen. Vor allem schaut man in sei­nen Kopf, und der Junge (er ist sieb­zehn Jahre alt) macht sich über etli­ches Gedanken, nicht zuletzt über eine Hausarbeit, die er umschrei­ben muss – aber wer das übli­che Teenager- und Schulgeplänkel erwar­tet, wird ent­täuscht, statt­des­sen gibt es phi­lo­so­phi­sches, ver­zwei­fel­tes, pathe­ti­sches, rot­zi­ges, nai­ves, spin­ner­tes Kopfkino.

Muss man mögen, es dau­er­te eine Weile, bis ich ins Buch fand, und stre­cken­wei­se war es mir zu lang­at­mig, zum Ende hin pack­te es mich aber doch. Und das ist ja eigent­lich das Reizvolle, dass man mit man­chen Büchern gera­de nicht die alt­be­kann­ten Wege betritt, son­dern sich auf etwas ein­lässt, das einem ziem­lich fremd ist.

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Jesse Browner: Alles geschieht heute
Aus dem Englischen von Anne Brauner
Hardcover mit Umschlag, 249 Seiten
Verlag Freies Geistesleben
ISBN: 978-3-7725-2775-3
1. Auflage Juli 2014
19,90 Euro
Ab 14 Jahren