Katie Cotton und Stephen Walton: „Löwen zählen“

Diese wun­der­ba­ren Bilder. Zuerst denkt man, dass es Fotos sind. Aber es sind Zeichnungen. Schwarz-weiß und so leben­dig und vol­ler Kraft, so unmit­tel­bar, wie es Fotos viel­leicht gar nicht sein kön­nen. Die Bilder sind von Stephen Walton, der Fotos als Vorlage für sei­ne Zeichnungen nimmt, er zeich­net mit Kohle, dazu gibt es bei YouTube ein Video, das ich unten ver­linkt habe, zu sehen ist dar­in, wie der Löwe auf dem Buchcover ent­steht. Stephen Walton zeich­net die Tiere Strich für Strich, in Schichten, und das Ergebnis ist wirk­lich umwer­fend. Man will die Tiere anfas­sen, man fasst die Tiere an, aber es bleibt natür­lich Papier. Dennoch, die Bilder wir­ken. Auch durch ihre schie­re Größe, das Buch ist 28 x 34 cm groß.

Das Vorwort stammt von Virginia McKenna, einer bri­ti­schen Schauspielerin und Tierschützerin, die sich vor allem für Wildtiere enga­giert. Viele Wildtierarten sind bedroht, führt sie aus, bei den meis­ten neh­men die Zahlen immer mehr ab, teils dra­ma­tisch, als Beispiel nennt sie die Afrikanischen Elefanten. Und so zäh­len wir in die­sem Bilderbuch Wildtiere: ein Löwe, zwei Gorillas, drei Giraffen … Doch gezählt wird von 1 bis 10 und nicht von 10 abwärts, und das ist ein Funken Optimismus, ein Stückchen Hoffnung.

Manche Tiere schau­en einen direkt an. Bei vie­len sind Jungtiere dabei. Wenn man weiß, dass Lebensräume bedroht sind und Wildtiere gejagt wer­den, ob als Trophäe oder weil Teile von ihnen zu Geld gemacht wer­den, sieht man die Bilder noch mal anders als ein Kind, man sieht nicht nur die stol­zen schö­nen Tiere, son­dern denkt auch dar­an, was der Mensch die­sen Tieren antut.

Jedes Tier von 1 bis 10 hat eine Doppelseite, groß steht oben „Ein Löwe“, „Zwei Gorillas“ usw. und dar­un­ter oder dane­ben ein kur­zer Text, ein Einblick in das Leben die­ser Tiere, aber nicht lexi­kon­ein­trags­mä­ßig, son­dern eine Spur poe­tisch. Die Textfarbe ist oran­ge, ein blas­ses Orange, nur die Überschrift strahlt. Die Kohlezeichnungen und die Textfarbe pas­sen gut zusam­men, im Mittelpunkt ste­hen die Tiere, der Text hält sich farb­lich zurück, über­trumpft die Bilder nicht.

Im Anhang fin­den sich noch kur­ze Porträts zu den zehn Tierarten, der Schutzstatus ist jeweils erwähnt, von nicht gefähr­det bis stark gefähr­det. Über Stephen Walton, Katie Cotton und Virginia McKenna gibt es eini­ge Informationen und zudem für alle, die wei­ter­le­sen und sich viel­leicht auch selbst enga­gie­ren wol­len, Links zu Organisationen wie BUND, Nabu, Greenpeace, WWF.

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Löwen zäh­len. Tiere der Wildnis ganz nah
Text: Katie Cotton, Zeichnungen: Stephen Walton, Vorwort: Virginia McKenna
Aus dem Englischen von Brigitte Elbe, Originaltitel: Counting Lions
32 Seiten
ab 5 Jahren
Verlag Freies Geistesleben 2016
ISBN: 978–3‑7725–2790‑6
19,90 Euro

„Wie Rebekka beinahe Weihnachten verschlief“ von Sandra Salm und Elli Bruder

Rebekka ist sechs Jahre alt, ihre gro­ße Schwester ist schon erwach­sen – und heißt Maria. Im Laufe der Geschichte kommt her­aus, dass es die Maria ist, die Jesus zur Welt bringt, in „Wie Rebekka bei­na­he Weihnachten ver­schlief“ geht es also um das ers­te Weihnachten.

Rebekka erzählt aus ihrer kind­li­chen Sicht, die Illustrationen dazu sind hell und freund­lich. Wort und Bild ver­mit­teln, dass die Handlung in einem fer­nen Land spielt – in dem Palmen wach­sen, die Menschen anders geklei­det sind und ande­re Dinge essen und trin­ken. Aber fremd erscheint einem das Ganze nicht. Zum einen, weil die Beziehungen zwi­schen den Menschen die glei­chen sind, und zum andern, weil es eben die Weihnachtsgeschichte ist, wenn auch aus einer neu­en Perspektive.

Rebekka ist dabei, als Maria in der Nacht der Engel erscheint, sie freut sich auf das Baby und weint, als Maria und Josef nach Bethlehem auf­bre­chen. Mit ihrem Hund Strubbel folgt sie den bei­den heim­lich, trifft sie wie­der und ist schließ­lich mit ihnen im Stall …

Ein schö­nes Bilderbuch und über­haupt eine schö­ne Idee: die Weihnachtsgeschichte für Kinder von einem Kind berich­ten zu lassen.

Wie Rebekka bei­na­he Weihnachten verschlief
Text: Sandra Salm, Illustrationen: Elli Bruder
24 Seiten
ab 3 Jahren
2015 Patmos Verlag
ISBN: 978–3‑8436–0631‑8
12,99 Euro

„Mondschein hin, Mondschein her“ von Adelheid Dahimène und Verena Ballhaus

Dieses Buch ist zufäl­lig bei mir gelan­det, eigent­lich woll­te ich ein ande­res rezen­sie­ren. Ich wun­der­te mich also kurz, als es in der Post war, schau­te es mir dann aber neu­gie­rig an. Der Einband ist ganz schön spe­zi­ell für ein Bilderbuch für Kinder, dun­kel­b­lau­schwarz mit son­der­ba­ren bun­ten Blumen und eini­gen ande­ren Formen und Gestalten. Blumen – wie lang­wei­lig, könn­te man sagen. Aber sol­che hat man noch nie gese­hen. Und so bleibt es auch im Buch: Es stellt sich quer gegen gewohn­te Bilder- und Farbwelten und lässt einen wirk­lich in eine frem­de, bizar­re Welt eintauchen.

In die­ser Welt sucht der Mond ein Quartier für die Nacht und fin­det es beim Seewächter, der dafür einen Schein (und kei­ne Münzen!) ver­langt. Nacht für Nacht bezahlt der Mond einen Schein, bis er „blank“ ist. Nun bie­tet er dem Seewächter an, für ihn ein Luftschloss über den Wolken zu bau­en, dafür nimmt er jede Nacht einen Schein zurück, bis er alle wie­der zusam­men hat – und so geht das immer hin und her, über Jahre, in denen der Seewächter und der Mond dicke Freunde werden …

Bei den Bildern ist schwer zu sagen, wo Wasser, Land, Himmel begin­nen und enden, selbst oben und unten las­sen sich nicht ohne Weiteres zuord­nen, alles fließt und schwebt und berührt sich. Orientierungspunkte sind der Mond(-mann) und der Seewächter, außer­dem schwir­ren Fische, Frösche und eine Nixe her­um, manch­mal Blumen und diver­se Gebrauchsgegenstände wie Schere, Glühbirne und Kämme, die ein Eigenleben ent­wi­ckeln. Kämme pas­sen viel­leicht auch zur Maltechnik, die Illustrationen wir­ken, als wäre Wachs im Spiel.

Wenn man (gleich ob Kind oder erwach­se­ne Person) sich auf das Buch ein­lässt – auf den Text, auf die Bilder, auf bei­des zusam­men –, wird man es sehr oft anschau­en kön­nen, ohne dass einem lang­wei­lig wird. Und von wel­chem Bilderbuch kann man das schon behaupten?

Mondschein hin, Mondschein her
Text: Adelheid Dahimène, Illustrationen: Verena Ballhaus
ab 4 Jahren
2015 G&G Verlag, Nilpferd
ISBN: 978–3‑7074–5171‑9
19,99 Euro