Gina Mayer: „Theo und Oleander und der unsichtbare Mops“

Theo bekommt eine Fünf in Mathe und steckt das wesent­lich locke­rer weg als sei­ne Eltern. Die sto­cken kur­zer­hand die Mathe-Nachhilfe von ein Mal pro Woche auf drei Mal auf, und das soll so blei­ben, bis Theo eine Drei schreibt. Dummerweise kann Theo des­we­gen nicht mehr zum Fußball und der Nachhilfelehrer wech­selt auch, Herr Oleander von neben­an soll nun mit Theo Mathe pauken.

Wie lang­wei­lig, könn­te man jetzt den­ken, Mathe, Nachhilfe, was soll das wer­den, ein Kinderbuch zum Weglegen? Keine Angst, das Buch ist von der ers­ten bis zur letz­ten Seite span­nend, lus­tig, über­ra­schend, es liest sich feder­leicht mit Sogwirkung, man kommt gar nicht weg davon. Das liegt an der Geschichte, an der Erzählweise und an den Figuren, die alle gleich­zei­tig boden­stän­dig und ein biss­chen durch­ge­knallt sind, wozu die Illustrationen von Pe Grigo, die sich durch das gan­ze Buch zie­hen, per­fekt passen.

Herr Oleander lebt mit Frau Oleander zusam­men, die jedoch nicht sei­ne Frau, son­dern sei­ne Schwester ist, Friedegard mit Vornamen, bei­de sind ziem­lich alt, aber wie alt, kann Theo nicht schät­zen, Erwachsene halt. Herr und Frau Oleander haben einen Mops namens Roswitha (yes!) und einen Untermieter, den Mathe-Studenten Tobias. Ja, und man ahnt es viel­leicht schon, statt Mathe-Nachhilfe gibt es ein rasan­tes Abenteuer – Friedegard Oleander wird ent­führt und Theo muss all sei­nen Grips und Mut zusam­men­neh­men, um sie zu ret­ten. Herr Oleander als Mathematiker ist ihm dabei nicht immer eine Hilfe, er ist eben doch eher Theoretiker …

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Gina Mayer: Theo und Oleander und der unsicht­ba­re Mops
Illustrationen von Pe Grigo
144 Seiten
ab 8 Jahren
ueber­reu­ter 2016
ISBN: 978–3‑7641–5087‑7
9,95 Euro

Der Geisterkutsche auf der Spur: Im Wilden Westen ermittelt Kaktus Kid!

Billy Blaubeer lebt mit sei­ner Tante Barbetta in einem Häuschen drau­ßen in der Prärie. Eines Tages lässt ihn die Tante von drei Nonnen aus Drei Kaktus City abho­len – Billy soll ins Waisenhaus, solan­ge die Tante die Oma in Oklahoma gesund­pflegt (sie hat Beulenfieber). Billy hat aller­dings kei­ne Lust auf das Waisenhaus, er büxt in Drei Kaktus City aus und schleicht sich in einen Wild-West-Wanderzirkus. Dort ret­tet er ein kirsch­ro­tes fre­ches Pferd vor dem zor­ni­gen Zirkusdirektor Pantscho Pontscho – der Beginn einer phä­no­me­na­len Freundschaft und einer bei­spiel­lo­sen Zusammenarbeit, denn Billy will ein Detektivbüro grün­den, und das Pferd Trix soll ihm bei sei­nen Ermittlungen helfen.

Beim Schrotthändler Plunder-Pauly sucht sich Billy sei­ne Detektivausrüstung zusam­men und bekommt gleich noch den Papagei PengPeng geschenkt, der von da an auf Billys Hut hockt. Sitz des Detektivbüros ist Tante Barbettas Häuschen, dort zieht Billy einen Poncho und eine Maske über, um sich zu tar­nen, er wird zu Kaktus Kid … In der Zeitung stößt Billy ali­as Kaktus Kid auf sei­nen ers­ten Fall: In Drei Kaktus City wur­de die bren­nen­de Geisterkutsche wie­der gese­hen! Deren Geheimnis will Billy auf den Grund gehen, doch dabei kommt ihm Gloria Goldstern, die Tochter des Sheriffs von Drei Kaktus City, in die Quere, die eben­falls auf den Spuren der Geisterkutsche ist. Raufen sie sich zusam­men? Lösen sie den Fall?

Tja, so viel zur Geschichte, die im Übrigen im Wilden Westen spielt (als er noch wild war). Vielleicht ist es ja schon auf­ge­fal­len: Der Autor, Bradley Buxbaum, hat eine Vorliebe für Alliterationen. Mit denen wirft er nur so um sich, nicht nur bei den Namen der Figuren. Die Sprache ist bild­haft, blu­mig, ver­spielt, humor­voll und bil­det eine gute Mischung mit der span­nen­den Handlung, sodass es nicht zu grus­lig bzw. zu ernst wird, pas­send für Kinder ab sechs Jahren. Die Illustrationen von Iris Wolfermann sind das Tüpfelchen auf dem i, sie setzt Kaktus Kid mit Haaren so stach­lig wie ein Kaktus, das Pferd Trix, die Männer mit dicken Bäuchen, die Geisterkutsche und wer und was sonst noch alles vor­kommt sehr anspre­chend in Szene, ihr Stil erin­nert mich ein wenig an Ingrid Nymans Pippi-Langstrumpf-Bilder. Billy Blaubeer und Gloria Goldstern sind nicht stark wie Pippi, aber ähn­lich mutig und selbst­be­wusst, zwei Kinderbuchhelden, die sicher noch öfter zusam­men durch die Prärie rei­ten wer­den, um neue Fälle zu lösen.

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Kaktus Kid und die bren­nen­de Geisterkutsche
von Bradley Buxbaum
illus­triert von Iris Wolfermann
ueber­reu­ter 2014
ab 6 Jahren
139 Seiten
ISBN: 978–3‑7641–5023‑5
14,95 Euro

Adam Rex: „Happy Smekday oder Der Tag, an dem ich die Welt retten musste“

Adam Rex hat ein Rad ab, nein, was ich eigent­lich schrei­ben woll­te: Er hat ein Händchen für Namen. Für aus­ge­fal­le­ne Namen. Die Heldin von „Happy Smekday“ heißt Gratuity, eng­lisch für Trinkgeld. Ihr Spitzname ist logi­scher­wei­se Tip (auch eng­lisch Trinkgeld, aber die Kurzform). Tip darf sie nicht jeder nen­nen, nur aus­ge­wähl­te Personen. Könnte Gratuitys Katze spre­chen, dürf­te sie ver­mut­lich Tip sagen. Die Katze heißt übri­gens Sau. Ja, wie Schwein. Und der Außerirdische im Buch nennt sich J.Lo. Wie die Sängerin. Tatsächlich heißt er ganz anders, aber das kön­nen die Erdlinge nicht aus­spre­chen, also: J.Lo. Und nun ist es ja nicht schwer, sich mit die­sen Namen ein paar Situationen und Gespräche vor­zu­stel­len. Die Lage kann noch so furcht­bar sein – wenn Gratuity ihre Katze ruft: „Sau!“, muss man grin­sen. Und Gratuity macht mit ihrem Namen auch so eini­ges durch, nimmt das aber recht gelas­sen. Sie ist über­haupt ziem­lich groß­ar­tig, wenn ich mal biss­chen schwär­men darf. Ein rich­tig tol­les elf­jäh­ri­ges Mädchen. In einer leicht ver­rück­ten Geschichte. Was einen nicht mehr wun­dert, wenn man die drei Namen kennt, nicht wahr?

Weihnachten 2012 lan­den also die außer­ir­di­schen Boov auf der Erde und machen sich breit. Sie zer­stö­ren etli­che welt­be­kann­te Bauten (Big Ben, Schiefer Turm von Pisa, Freiheitsstatue usw.), sind mit ihren Waffen den Erdbewohnern klar über­le­gen und wol­len schließ­lich, dass die Menschen sich in Reservate ver­zie­hen. Die US-Amerikaner zum Beispiel nach Florida. Gratuity lebt in Pennsylvania und am Tag des Umzugs (der Umsiedelung) im Juni 2013 macht sie sich mit dem Auto auf den Weg, ohne Mutter (wur­de von den Außerirdischen ent­führt), ohne Vater (war nie da), dafür mit Katze Sau. Und bald ist noch ein Boov (J.Lo) mit dabei, der sei­ne Gründe dafür hat, sich einem Erdling anzu­schlie­ßen. Damit nicht genug! Zum Schluss hin kommt noch eine ande­re außer­ir­di­sche Spezies ins Spiel, die Gorg. Und die sind nicht bes­ser als die Boov, son­dern noch viel schlim­mer, erfährt Gratuity, und muss, wie es der Untertitel des Buches schon ankün­digt, „die Welt ret­ten“. Aber vor allem sucht sie ihre Mutter.

Das Buch sprüht vor Ideen. Es ist komisch. Es ist ernst­haft. Es ist lus­tig. Es ist span­nend. Alles zusam­men, und das über 400 Seiten hin­weg. Es ist ein biss­chen ver­rückt (das erwähn­te ich schon), aber nicht durch­ge­knallt, die Geschichte folgt einem roten Faden und lässt sich nicht aus der Ruhe brin­gen, was unter ande­rem dar­an liegt, dass Gratuity sie im Rückblick erzählt, ein paar Jahre spä­ter. Das Mädchen und der Boov sind wirk­lich schräg zusam­men, schräg und toll. J.Lo ist nicht der bos­si­ge Außerirdische, son­dern ent­puppt sich als Kumpel mit Charakter, er kann ganz gut Englisch (bzw. Deutsch), aber ein paar Sachen bringt er doch durch­ein­an­der und eini­ge irdi­sche Dinge ver­steht er nicht, her mit den (ulki­gen) Missverständnissen! Überhaupt: der Stil. Der ist gepflegt, aber nicht ver­staubt, es liest sich schön. Spritzige Gespräche, Wortwitz, eine wohl­do­siert tro­cke­ne Erzählweise, dazu pas­sen auch die Zeichnungen. Die stam­men von Adam Rex, dem Autor. Zum einen sind es Bilder zum Text, zum ande­ren Bildgeschichten (Comics) von J.Lo gemalt, der zwar nicht irdisch schrei­ben, aber zeich­nen kann. Beispielsweise „J.Lo’s 8 Dinge, die Sie immer schon über die Gorg wis­sen woll­ten, aber nie zu fra­gen wag­ten, weil die Gorg Ihnen sonst mög­li­cher­wei­se eine rein­ge­hau­en hätten“.

Der Verlag emp­fiehlt „Happy Smekday“ ab elf Jahren, nach oben wür­de ich kei­ne Grenze set­zen. Ein paar gedank­li­che Ausflüge Gratuitys und die­se und jene Pointe wer­den Kindern eher nichts sagen, bei Erwachsenen aber gut ankom­men. Man muss kein Science-Fiction-Fan sein, um das Buch zu mögen, denn neben Außerirdischen hat das Buch alles, was ein gutes Buch braucht – es geht nicht um die Außerirdischen, son­dern um die Irdischen und Irdisches. Was es mit dem Smekday auf sich hat, wird übri­gens ziem­lich am Anfang geklärt. Der Titel passt (okay, der eng­li­sche Titel ist bes­ser: „The True Meaning of Smekday“, aber egal). Das Cover passt auch. Ich mag das Buch – und emp­feh­le es abso­lut gern.

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Happy Smekday oder Der Tag, an dem ich die Welt ret­ten musste
von Adam Rex (Text und Illustrationen)
aus dem Englischen von Anne Brauner
ab 11 Jahren
Ueberreuter 2014
ISBN: 978–3‑7641–5025‑9
16,95 Euro