Petra A. Bauer über das Schreiben: von der Ideenfindung bis zur Manuskriptabgabe

In mei­nem Blog – quer­beet gele­sen – geht es um Wortfunde, aber auch um Bücher, die ich rezen­sie­re. Diesmal mel­det sich zur Abwechslung eine Autorin zu Wort: Petra A. Bauer ist mein Gast und erzählt, wie das bei ihr läuft mit dem Buchschreiben, von der Idee bis zur Abgabe des Manuskripts.

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Liebe Andrea,

dan­ke, dass ich in dei­nem Blog zu Gast sein darf! Du hast dir gewünscht, dass ich aus mei­nem Autoren-Nähkästchen plau­de­re, und das tue ich natür­lich ger­ne. Wie also schrei­be ich mei­ne Bücher?

Eine Idee schleicht sich an

Manchmal fällt die Idee kaum auf, so klein kann sie sein. Sie schleicht um mich her­um und räus­pert sich irgend­wann ver­nehm­lich, damit ich sie end­lich wahr­neh­me. Dann gibt es aber auch ande­re Einfälle, die hau­en mich mit vol­ler Wucht um, sind prä­sent und wol­len sofort umge­setzt wer­den, egal, ob ich gera­de an einem ande­ren Projekt arbei­te, im Auto sit­ze oder unter der Dusche ste­he. Dort erschei­nen die­se Angeber-Ideen näm­lich am häufigsten.

Aber egal ob zart und lei­se oder laut und pol­ternd – eine ein­zel­ne Idee trägt kein gan­zes Buch. Also benö­ti­ge ich min­des­tens noch eine wei­te­re Idee – je wei­ter sie von der ers­ten ent­fernt ist umso bes­ser, weil die Wege, sie krea­tiv zu ver­bin­den, dann umso viel­fäl­ti­ger sind. Manchmal ergibt sich Idee Nummer zwei bei­na­he von selbst, mit­un­ter muss ich aber auch die Gehirnquetsche anset­zen. Und das ist der Punkt, wo die Arbeit eigent­lich erst anfängt. Denn dann ist aus der Idee ein Projekt geworden.

Projektplanung

Idealerweise mün­det die Projektplanung in der Erstellung eines Exposés. Mein Wunschtraum: Die für das Exposé nöti­ge kur­ze Inhaltsangabe und das Szenengerüst, in dem ich notie­re, was in etwa in wel­chem Kapitel geschieht, sind fer­tig, BEVOR ich mich ans Schreiben mache.

Leider sieht die Realität anders aus. Ich bin zwar kei­ne rei­ne Bauchschreiberin, ein­fach, weil ich mich dann spä­tes­tens auf Seite 70 ver­fran­se und weil Verlage (und noch mehr Agenten) ein „run­des“, anspre­chen­des Exposé erwar­ten. Aber im Laufe der Jahre habe ich nun end­lich begrif­fen, dass ich auch nicht nur auf­grund eini­ger Einfälle in der Lage bin, ein gan­zes Plotgerüst zu erstel­len, son­dern, dass Schreiben und Plotten bis zu einem bestimm­ten Punkt par­al­lel lau­fen. Das eine geht ohne das ande­re ein­fach nicht. Irgendwann bin ich dann end­lich so weit, dass ich grob sagen kann, was in spä­te­ren Kapiteln gesche­hen wird und wie das Ende aussieht.

Ideenfindungstools

Bis es so weit ist, habe ich alles auf­ge­braucht, was ich für mei­ne Ideen so an Tricks auf­bie­ten kann, um mir über ein­zel­ne Figuren, Handlungsstränge und den gan­zen Plot klar zu werden:

  • Brainstorming allein oder mit anderen
  • ton­nen­wei­se Recherchematerial durcharbeiten
  • Mindmapping mit iMindmap und/oder auf Papier
  • Kärtchen, die ich mit Porträtskizzen und Namen mei­ner Protagonisten ver­se­he und auf dem Tisch her­um­schie­be, um Beziehungen bes­ser her­aus­ar­bei­ten zu können
  • ver­schie­den­far­bi­ge Karteikarten mit Infos für Settings, Figuren und Schlüsselzenen versehen
  • die Schlüsselszenen in einen Postkartenduschvorhang ste­cken und so lan­ge ergän­zen und umsor­tie­ren, bis der Plot für mich Sinn ergibt
  • Je nach Verzweiflungsgrad das mit den Schlüsselszenen noch­mal digi­tal mit Storylines vom Writer’s Café oder in Papyrus Autor machen. Wobei Papyrus Autor die­se Szenenübersicht wäh­rend des Schreibens qua­si auto­ma­tisch erstellt, wes­halb es sinn­voll ist, direkt in die­sem Programm zu schreiben.
  • Notizen, Notizen, Notizen, wo immer ich gehe und ste­he. Entweder in einer für das jewei­li­ge Projekt reser­vier­ten Kladde (manch­mal MUSS es ein­fach hand­schrift­lich sein) oder via iPhone in mei­ner Lieblings-Allround-Wunderwaffe Evernote. Diese App hat den Vorteil, dass alle Notizen auto­ma­tisch mit dem hei­mi­schen Rechner, iPad und dem Account im Web syn­chro­ni­siert wer­den und somit von über­all auf der Welt von jedem Gerät aus für mich zugäng­lich sind.

Die Textprobe

Wenn ich den Wust sor­tiert und in Form gebracht habe (manch­mal auch schon vor­her), wen­de ich mich der Textprobe zu, die letzt­lich Lektorat oder Agentur über­zeu­gen soll. Das ist dann der Moment, wo die autoren­üb­li­che Zweifelei anfängt, ob ich denn über­haupt in der Lage bin, alles so aus­zu­drü­cken, dass es den Leser flasht. ;-)

Aber das gehört zum Schreiben und zum Autorenleben dazu, eben­so wie die Momente, in denen ich eher den viel­fäl­ti­gen Ablenkungen des Lebens und des Internets erlie­ge, als am Probetext (oder spä­ter am Gesamtmanuskript) zu arbeiten:

Arbeitsvermeidungstechniken I

Der Ernstfall

Das Manuskript ist ange­nom­men, das Buch will geschrie­ben wer­den. Gut, wenn zwi­schen dem Schreiben des Exposés und dem Schreiben des Buches mög­lichst wenig Zeit ver­gan­gen ist. Dann sind die meis­ten Ideen und Rechercheergebnisse noch frisch im Kopf.

Dank eines anstän­di­gen Plotgerüsts ist es mir jedoch auch schon gelun­gen, ein Jahr spä­ter noch das ent­spre­chen­de Manuskript zu schrei­ben. Allerdings ist es mit Sicherheit ein ande­res Buch gewor­den, als ich mir zwölf Monate zuvor gedacht hatte.

So bin ich in der Lage, an jeder belie­bi­gen Stelle des Buches wei­ter­zu­schrei­ben, je nach­dem, was gera­de am bes­ten für mich passt. Oft genug ändert sich der Plot jedoch noch ein wenig beim Schreiben, aber das Gerüst hilft dabei, nicht zu sehr abzu­drif­ten. Bei grö­ße­rer Änderung pas­se ich das Gerüst ent­spre­chend an. Die Lektoren erwar­ten nicht, dass der Autor sich skla­visch an das Exposé hält.

Abgabetermin

Unter schrei­ben, Lücken nach­re­cher­chie­ren, Prokrastination (sie­he oben *g*) und Überarbeitung rückt dann die Deadline nah und näher. Und manch­mal zieht sie vor­bei. Das kommt ein­fach vor, sogar bei gro­ßen Kollegen. Douglas Adams sag­te ein­mal: Ich lie­be Deadlines. Ich mag die­ses „Whoosh“-Geräusch, das sie machen, wenn sie vorbeisausen. 

Und wenn dann der letz­te Punkt gemacht und das Manuskript ans Lektorat geschickt ist, müss­te ich eigent­lich eine Flasche Schampus öff­nen. Eigentlich. Denn es ist weni­ger Hochstimmung, die mich dann überfällt:

fix_und_fertig

Und so oder so ähn­lich ist es bei jedem Buch.

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Petra A. Bauer ist Autorin (u.a. Krimis, Kinderbücher, Ratgeber), Bloggerin und Kolumnistin. Sie lebt mit ihrem Mann und den gemein­sa­men vier Kindern am grü­nen Stadtrand ihrer Geburtsstadt Berlin und im Internet.

Für die­sen sprit­zi­gen und infor­ma­ti­ven Artikel (mit Cartoons der Autorin!) dan­ke ich natür­lich zuerst Petra – und mei­nem Netzwerk, dem Texttreff, der das Blogwichteln ver­an­stal­tet hat, durch das sich eine Schreiberin und ein Blog gefun­den haben, die gut zusam­men­pas­sen, wie ich finde. :-)