„Klein, schlau, Gogo!“ von Georg Karipidis und Maria Karipidou

Helle, freund­li­che Farben, kla­re Linien und Formen, ein über­sicht­li­cher Aufbau der Seiten und sehr süße Tierkinder: So könn­te man die Bilder auf den Punkt brin­gen. Held des Buches ist Gogo, ein klei­ner Esel. Mit sei­ner Mama lebt er auf einem Bauernhof. Eines Tages wird es ihm dort lang­wei­lig und er macht einen Ausflug in den Wald, wo er auf ein Schmetterlingsmädchen namens Lilo trifft, genau­er die „schö­ne Lilo“, denn alle Waldtiere haben zu ihrem Namen noch ein Eigenschaftswort. Gogo muss sich spon­tan eins über­le­gen, ihm fällt „schlau“ ein. Lilo und Gogo tref­fen noch fünf wei­te­re Tierkinder, zusam­men spie­len und wan­dern sie im Wald her­um, bis ihnen auf­fällt, dass sie sich ver­lau­fen haben. Und jetzt ist es an Gogo, zu zei­gen, dass er tat­säch­lich schlau ist …

Gogo hat Kulleraugen, lan­ge Ohren, die meist senk­recht in die Luft ste­hen, manch­mal aber auch nicht, und sein lan­ger, gera­der Pony ver­stärkt das Kindliche noch. Esel haben ja sowie­so ziem­lich vie­le mensch­li­che Fans, und Gogo ist ein­fach ent­zü­ckend. Die ande­ren Tierkinder aller­dings auch: neben Schmetterling Lilo sind das Igel Ingrid, Rehkitz Rita, Wiesel Willie, Kaninchen Karl und Eichhörnchen Steffi. Die Namen woll­te ich mal erwäh­nen, da ich sie ziem­lich homo­gen und leicht alt­mo­disch fin­de. Wobei sie zur­zeit wahr­schein­lich sogar eine Renaissance erle­ben. Nichtsdestotrotz hät­ten sie auch biss­chen bun­ter aus­fal­len kön­nen. Aber zumin­dest der Held hat einen Namen, der so gar nicht deutsch klingt, aus wel­cher Sprache er stammt, zeigt sich am Ende der Geschichte.

Die Texte im Buch sind nicht all­zu lang, es wird viel gere­det. Manchmal steht das dann in Wortblasen, die auch direkt zum Text gehö­ren – wenn man sie über­liest, feh­len einem Infos. Das lockert das Ganze auf, was ganz gut ist, da der Text an eini­gen weni­gen Stellen etwas schwer­fäl­lig ist, Stichwort zu lan­ge Sätze und Ausdrücke, die für Kinder ab drei Jahren viel­leicht noch nicht so sinn­voll sind.

„Klein, schlau, Gogo!“ ist ein fröh­li­ches Buch mit wun­der­schö­nen Illustrationen und einer stim­mi­gen Geschichte, die für Kinder sogar einen rich­tig prak­ti­schen Tipp parat hält, falls sie sich auch mal ver­lau­fen. Und Gogo ist ein Held, mit dem man sich vie­le wei­te­re Bücher vor­stel­len kann.

Klein, schlau, Gogo!
Text: Georg Karipidis
Illustrationen: Maria Karipidou
32 Seiten
ab 3 Jahren
2019 Nilpferd
ISBN 978-3-7074-5226-6
14,95 Euro

„Eine Leiche zum Tee“ von Alexandra Fischer-Hunold

„Eine Leiche zum Tee“ spielt in guter alter Krimimanier in England, im Dorf Ashford-on-Sea. Hier lebt Amy bei ihrer vier­und­sieb­zig­jäh­ri­gen Großtante Clarissa, die mal Lehrerin war und nun den Little Treasures Tearoom betreibt. Bei der Fünfhundertjahrfeier des Ortes sind die bei­den für den Kuchenstand zustän­dig, aber vor allem will Amy bei der Gelegenheit end­lich Finn anspre­chen, in den sie unheim­lich ver­liebt ist.

Dummerweise kommt ihr ihre Klavierlehrerin dazwi­schen: Rubinia Redcliff wird am Strand tot auf­ge­fun­den. Ein Unfall, ist der Dorf-Sergeant über­zeugt, ein Mord, glaubt dage­gen Tante Clarissa, die ein Faible für Krimis hat und seit ihrer Pensionierung die Anlaufstelle im Dorf ist, wenn etwas geklaut wur­de oder sonst­wie ermit­telt wer­den muss. Sie legt also sofort los, und aus­nahms­wei­se ist Amy mit von der Partie, da Finn irgend­wie in der Sache drin­zu­hän­gen scheint.

Auf 320 Seiten webt die Autorin ein Netz aus Verdächtigungen und Verdächtigen, fast jede und jeder im Dorf hat­te mit Rubinia Redcliff zu tun, die zwar berühmt, aber nicht gera­de beliebt war. Viel Arbeit für Amy, die güns­ti­ger­wei­se Sommerferien hat und ihre Rolle als Detektivin immer span­nen­der fin­det. Stets an ihrer Seite ist Percy, ein Irish Terrier, und ziem­lich oft auch Finn …

Die Geschichte wirkt ein biss­chen aus der Zeit gefal­len, obwohl sie im Jetzt spielt, mit Handys und WhatsApp. Vielleicht weil es ein eng­li­sches Dorf ist, inklu­si­ve herr­schaft­li­chem Anwesen sowie Lady und Lord Ashford, viel­leicht weil es eine recht hei­le, über­schau­ba­re Buchwelt ist, wie in Kinderkrimiklassikern von Enid Blyton, viel­leicht auch, weil Amy eine Spur zu hef­tig und irgend­wie alt­mo­disch für Finn schwärmt. Macht aber nichts, denn der klei­ne eng­li­sche Dorfkosmos ist wit­zig und kurz­wei­lig beschrie­ben und die Suche nach Täter oder Täterin nicht so gerad­li­nig, wie es zunächst erscheint.

Alexandra Fischer-Hunold: Eine Leiche zum Tee
Lektorat: Emily Huggins
320 Seiten
ab 12 Jahren
2019 ueberreuter
ISBN 378-3-7641-7082-0
14,95 Euro

„Wenn wir nach den Sternen greifen“ von Kathleen Weise

Der Countdown läuft: Ianthe hat eine Woche Zeit, sich von ihrem Vater zu ver­ab­schie­den, der in drei Wochen zum Mars flie­gen wird – eine Woche Abschiednehmen mit der Familie, zwei Wochen Quarantäne. Das Buch spielt im Jahr 2039, also in einer rela­tiv nahen Zukunft. Sie erscheint einem sehr ver­traut, so könn­te es sein, wenn alles mehr oder weni­ger genau­so wei­ter­geht wie bis­her: Probleme unse­rer Zeit haben sich noch ver­grö­ßert, so der Klimawandel und die Kluft zwi­schen Arm und Reich. Technisches wur­de wei­ter­ent­wi­ckelt und ver­bes­sert, dafür hat sich die Autorin Namen aus­ge­dacht, die ganz authen­tisch klin­gen, wie „Magmag“ („meist­ver­kauf­tes Smartphone der Welt ab 2031 im Bereich Wearables“) und „Silver Orb“ („trag­ba­res Soundsystem, seit 2036 Marktführer“). Fake News gibts nach wie vor in Massen und des­we­gen auch immer mehr „Quellenprüfer“ („in Deutschland seit 2023 aner­kann­ter Studiengang“), und die „First-Mother-Bewegung“ will die Raumfahrt abschaf­fen und dass das Geld statt­des­sen in die Erde inves­tiert wird.

Es passt natür­lich, dass im Jahr 2019 die­ses Buch erscheint, das den Start der ers­ten bemann­ten Mars-Mission im Jahr 2039 ansie­delt, denn am 21. Juli 1969 betra­ten Neil Armstrong und Buzz Aldrin im Rahmen der Mission Apollo 11 als ers­te Menschen den Mond. „Wenn wir nach den Sternen grei­fen“ beginnt drei Wochen vor und endet mit dem Start der Rakete, im Mittelpunkt steht das Abschiednehmen – wie die 17-jäh­ri­ge Ianthe, ihre jün­ge­re Schwester Sanja, ihre Mutter und der Vater damit umge­hen. Drei Jahre dau­ert die Mission im All, falls etwas schief­läuft, ist es ein Abschied für immer.

Von der Welt „außen“ bekommt man im Buch fast nichts mit, Ianthe und ihre Familie ver­brin­gen die Zeit bis zum Start der Mars-Mission auf einem abge­schot­te­ten, schwer bewach­ten Gelände in Florida in der Nähe des Kennedy Space Center, eben­so wie die Familien der ande­ren Astronauten. Sie sind viel am Strand, gehen ins Kino und essen, leben wie unter einer Glocke, die alles abdämpft, auch das ein oder ande­re Ereignis, das die Ruhe eigent­lich emp­find­lich stö­ren soll­te. Ianthe muss zudem ent­schei­den, wie es nach dem Start für sie wei­ter­ge­hen soll. Sie macht erfolg­reich Musik und hat ein Angebot von einem Musiklabel, müss­te aber von Mutter und Schwester weg­zie­hen, wenn sie es annimmt …

„Wenn wir nach den Sternen grei­fen“ ist gekonnt und flüs­sig geschrie­ben, die 220 Seiten lesen sich schnell. Geschichte und Figuren blei­ben etwas an der Oberfläche, viel­leicht hät­ten sie mehr Platz bzw. Seiten zum Entfalten gebraucht. Bei dem Stoff wäre pro­blem­los eine dra­ma­ti­sche­re Story zum Mitfiebern mög­lich gewe­sen – so ist es ein eher ruhi­ges Feel-Good-Buch, das den­noch fes­selt. Nicht zu ver­ges­sen das schö­ne Cover mit dem Mädchen, das in den Himmel und zu den Sternen schaut: Nicht nur ihr Vater, auch sie greift danach.

Kathleen Weise: Wenn wir nach den Sternen greifen
Lektorat: Angela Iacenda
220 Seiten
ab 14 Jahren
2019 ueberreuter
ISBN 978-3-7641-7093-6
16,95 Euro