„Almost a Fairy Tale. Verwunschen“ von Mara Lang

Mit einem Märchen ver­bin­den vie­le wahr­schein­lich vor allem drei Dinge: Es ist glas­klar, wer gut und wer böse ist; es kom­men Wesen und Gegenstände vor, die magisch sind – und es gibt ein Happy End. Mara Lang hat ihr Buch „Almost a Fairy Tale“ genannt und hält sich damit so man­ches Hintertürchen offen. Schauen wir mal: Wer gut und wer böse ist, scheint von Anfang an fest­zu­ste­hen, aber bei man­chen Figuren ist es doch nicht so ein­deu­tig – zum Glück, denn sonst wird ein Buch ja schnell langweilig.

Die Heldin ist die sieb­zehn­jäh­ri­ge Natalie, eine mensch­li­che Magische. Sie lebt in einem moder­nen, etwas zukünf­ti­gen Deutschland, in dem Magisches nor­mal, aber bei vie­len nicht gut gelit­ten ist. Das gilt weni­ger für magi­sche Gegenstände als viel­mehr für die Lebewesen: Zwerge, Trolle, Riesen, Einhörner und Co. sind ein­ge­sperrt, ent­we­der im Zoo oder im Gefängnis. Zauberer und Hexen dür­fen nur mit Lizenz zau­bern und wer­den zu Menschen zwei­ter (drit­ter, vier­ter usw.) Klasse abge­stuft, sobald sie aus der Reihe tan­zen. Alles Magische und alle Magischen wer­den über­wacht, zustän­dig dafür ist die OMB, die Organisation für magi­sche Belange, an deren Spitze ein mäch­ti­ger Zauberer steht.

Los geht es idyl­lisch mit einem Zoobesuch von Natalie und ihrer bes­ten Freundin Jolly, bei dem sie Prinz Kilian tref­fen, Agent bei der OMB und seit Kurzem Natalies Freund. Dass Natalie eine Magische ist, weiß Kilian noch nicht, doch das ändert sich, als Natalie in einer gefähr­li­chen Situation zau­bert. Und zwar ohne Lizenz zum Zaubern und zudem läuft es schief, sodass ein Riese aus sei­nem Zoogehege aus­bre­chen kann und auf sei­nem Weg durch die Stadt eine Spur der Verwüstung hinterlässt.

Das ist ja schon dra­ma­tisch, aber es kommt noch schlim­mer: Für Natalie beginnt ein Albtraum, Schlag auf Schlag wird ihr Leben kom­plett auf den Kopf gestellt, denn die Flucht des Riesen war nur der Auftakt zu einem Aufstand der Magischen unter Führung der Hexe Raikun, die enorm bös­ar­tig ist und es auch auf Natalie abge­se­hen hat. Ob es ein mär­chen­haf­tes Happy End gibt, kann man nach die­sem Buch noch nicht sagen, da im Februar 2018 ein zwei­ter (und letz­ter) Band folgt. Aber da es ein Jugendbuch, laut Verlag ab vier­zehn Jahren, ist, kann man wohl davon aus­ge­hen, dass am Schluss Natalie, Kilian und ihre Verbündeten über die böse Hexe Raikun triumphieren.

Der Weg dahin ist aller­dings schon im ers­ten Band ein zuwei­len ziem­lich bru­ta­ler und etwas ver­wor­re­ner. So ver­folgt man die Geschehnisse, indem man sich an die Fersen von Natalie, Kilian sowie Jollys Stiefschwester Paige hef­tet. Gerade Paige hat ihre ganz eige­ne Geschichte, was vor allem mit ihrem Job und ihrem Exfreund zusam­men­hängt, der sie vor zwei Jahren sang- und klang­los ver­ließ und nun in all den Wirren wie­der auf­taucht. Die Namen von Familienmitgliedern, Freunden, Bekannten, Arbeitskollegen, Feinden usw. bal­len sich beson­ders zum Ende hin, sodass man da auch mal den Faden ver­lie­ren kann.

Märchen zum Beispiel der Gebrüder Grimm sind ja zuwei­len auch grau­sam, wenn die Hexe im Ofen lan­det und die böse Königin Schneewittchen mit Gift usw. um die Ecke brin­gen will. Insofern bleibt „Almost a Fairy Tale“ einer gewis­sen Tradition treu – aber die alten Märchen zogen sich eben nicht über 400 Seiten. Bei ein paar hun­dert Seiten wären eini­ge ech­te Atempausen für die geplag­te Heldin, ein paar idyl­li­sche Auszeiten nett gewe­sen. Davon abge­se­hen ist das Buch abso­lut lesen­wert und zu kei­ner Zeit lang­wei­lig, Mara Lang hat eine fas­zi­nie­ren­de magisch-rea­le Welt und einen fes­seln­den Plot erschaf­fen, zu dem das schö­ne Cover per­fekt passt.

Mara Lang: Almost a Fairy Tale. Verwunschen
Lektorat: Angela Iacenda
400 Seiten
ab 14 Jahren
ueber­reu­ter 2017
ISBN: 978-3-7641-7068-4
17,95 Euro