„Pass auf!“ von Silvia Borando

Die Geschichte kommt tat­säch­lich gänz­lich ohne Worte aus, nie­mand sagt etwas, nie­mand erzählt etwas. Man sieht es auf dem Cover: Die Farben und Formen sind ein­fach und klar, die Bilder über­sicht­lich und schnell zu erfas­sen. Es gibt bloß zwei Szenarien: den Blick von drau­ßen auf ein klei­nes Haus, genau­er: auf ein hell erleuch­te­tes Fenster – und den Blick von drin­nen auf einen klei­nen, kah­len Baum im Schnee. Es schneit, und am Fenster sit­zen zwei Kinder und schau­en hin­aus zum Baum. Im Wechsel sieht man die Gesichter der Kinder und den Baum. Am Baum tut sich was, ein Vogel taucht auf. Und dann noch ande­re Tiere. Klingt lang­wei­lig? Ist es nicht. Es ist qua­si Fenstertheater, fast ein Fensterkrimi. Was sich drau­ßen abspielt, darf natür­lich nicht ver­ra­ten wer­den. Nur so viel: Wie sich mit weni­gen gestal­te­ri­schen Mitteln und, wie bereits erwähnt, ganz ohne Worte eine fes­seln­de Bildergeschichte ent­wi­ckelt, ist echt faszinierend.

Das Buch hat natür­lich doch eini­ge weni­ge Worte, und zwar die, die auf dem Einband ste­hen – Autorin, Titel, Verlag, Klappentext. Es ist klein und fein, wun­der­bar für den Winter.

Silvia Borando: Pass auf!
Originaltitel: Guarda fuori
44 Seiten
ab 3 Jahren
2019 Verlag Freies Geistesleben
ISBN 978-3-7725-2921-4
14 Euro

„Der Bärenvogelschatz“ von Stella Dreis

Das Buch sieht ein biss­chen aus, als hät­te es schon eini­ge Jahre auf dem Buckel, denn der Einband prä­sen­tiert sich in war­men Sepiatönen. Die Geschichte ist aller­dings zeit­los, es geht um Freundschaft. Der klei­ne Bär ist ein Schatzfinder, er fin­det Knöpfe, Federn, Wolken, Wäscheklammern, schüch­ter­ne Fussel und mehr. Davon will er allen erzäh­len, die er trifft, aber die haben es eilig, etwas ande­res zu tun oder inter­es­sie­ren sich ein­fach nicht für die Bärenschätze. Irgendwann ist der Bär des­we­gen ganz geknickt, doch dann taucht der klei­ne Vogel auf. Und der will auch Schätze suchen, gemein­sam zie­hen sie los …

Die Geschichte kommt mit weni­gen Worten aus, und Worte wie Bilder haben viel Raum in dem Buch. Die Doppelseiten sind abwechs­lungs­reich gestal­tet, mal eine Seite Bild und eine Seite Wörter, mal zwei Seiten Bild, mal zwei Seiten Wörter. Bei den Bildern wie­der­holt sich die Kreisform als eine Art Rahmen, fast als wür­de man durch ein Fernrohr auf das Geschehen schau­en, aller­dings ist das eine durch­läs­si­ge Grenze, Tiere, Pflanzen und Dinge befin­den sich auch mal außer­halb des Kreises. Die Farben sind eher dezent und zurück­hal­tend, im Grau- und Braunbereich, mit ver­ein­zel­ten Farbtupfern, wie auf dem Einband also. Das erin­nert an chi­ne­si­sche und japa­ni­sche Tuschezeichnungen, die Tierfiguren wie­der­um las­sen mich an rus­si­sche Kinderbücher den­ken, vor allem der Bär. Neben Bär und Vogel fällt eine Schnecke ins Auge, sie wird nie erwähnt und greift nicht in das Geschehen ein, ist aber auf vie­len Seiten und nicht zuletzt auf dem Cover zu sehen. Interessant ist der Zeitpunkt, zu dem sie im Buch ihren ers­ten Auftritt hat.

Die Bilder wir­ken sehr lie­be­voll – die klei­nen Wesen, fas­zi­nie­ren­de Pflanzen, viel Sinn fürs Detail. Zeichnerin und Autorin zugleich ist Stella Dreis. Ihr „Bärenvogelschatz“ ist ein schö­nes, ruhi­ges Buch, das vom Suchen und Finden sowohl von Dingen als auch von Freundschaft erzählt.

Stella Dreis: Der Bärenvogelschatz
Mit Illustrationen der Autorin
48 Seiten
ab 4 Jahren
Nilpferd Verlag 2018
ISBN: 978-3-7074-5216-7
18 Euro

„Götz von Grützwurst und der Mutigste von allen“ von Barbara Rose und Sascha Morawetz

Der edle und muti­ge Ritter Götz von Grützwurst sucht einen Knappen aus gutem Hause, der rei­ten und mit Waffen umge­hen kann. Rudis Haus ist frisch gestri­chen und sieht gut aus, auf dem Esel kann er rei­ten und mit Waffen kommt er als Sohn des Schmieds pri­ma zurecht. Also macht er sich auf zur Burg Blechdose, natür­lich zusam­men mit sei­ner Ratte Karlchen.

Vier Mitbewerber hat Rudi, alle adlig und „von und zu“. Rudi stellt sich als „Rudi“ vor und erklärt, als Ritter Götz von Grützwurst „Rudi … was?“ fragt: „Rudi vom Schmied.“ Die drei Prüfungen – gutes Benehmen, Wettreiten und Schwertkampf – schafft Rudi mit viel Glück und vor allem Ratte Karlchens Hilfe. Zuletzt steht noch die Mutprobe an, und dann kommt raus, wer der Mutigste von allen ist …

Text und Illustrationen har­mo­nie­ren, bei­de sind kurz­wei­lig und humor­voll. Die Bilder sind auf­ge­räumt und dabei detail­reich, die sat­ten Farben laden zum Anschauen ein. Man ver­steht die Geschichte auch, wenn man nur die Bilder anschaut, was prak­tisch für Kindergarten- und Vorschulkinder ist. Aber mit dem span­nen­den, lus­ti­gen Text ist es noch bes­ser, den wer­den sich die Kinder gern vor­le­sen las­sen. Günstig für Eltern und Leseanfänger: Die Schrift ist schön groß und klar.

Wenn man das Buch vorn und hin­ten auf­schlägt, sieht man im Umschlag zwei Illustrationen, die kann man mal ver­glei­chen – hat was von einem Suchbild, fin­de die Unterschiede! Ratte Karlchen trägt übri­gens ein Jäckchen und sieht auch sonst sehr nett aus. Auch bei Kämpfen und Mutproben ist die­ses Buch kei­ne Spur beängs­ti­gend! Das Zeichen des Ritters Götz von Grützwurst ist übri­gens ein „G“ mit Wurstzipfeln. Genau sol­che Details sind für mich das Tüpfelchen auf dem i. Ein rund­um schö­nes Bilderbuch!

Götz von Grützwurst und der Mutigste von allen
Text: Barbara Rose, Illustrationen: Sascha Morawetz
Lektorat: Christiane Lawall
32 Seiten
ab 4 Jahren
annet­te betz 2018
ISBN: 978-3-219-11730-1
14,95 Euro