Judith Allert: „Wunschelberg. Das Lächeln des Mittelgroßen Konfusio“

Es sind Sommerferien und auf dem Wunschelberg, wo vor lan­ger Zeit mal ein Jahrmarkt war und  immer noch Wagen her­um­ste­hen, längst ros­tig und ver­wit­tert, zieht wie­der Leben ein. Als Erste bekommt das die zwölf­jäh­ri­ge Emma mit, die in der Gegend wohnt und allein auf dem Berg herumstromert.

Bald tum­melt sich auf dem Wunschelberg eine bun­te Gesellschaft, dar­un­ter ein Zauberkünstler mit sei­nem zah­men Fuchs und eine Wahrsagerin, Franz im Glück mit sei­ner Losbude, an der die Lose nichts kos­ten, Meister Sinister mit sei­nem grus­li­gen Spiegelkabinett … und zwei Kinder sind auch dabei, Jule mit ihrer Tante Sylvie, die Süßigkeiten ver­kauft, und Mo mit sei­nen Eltern.

Die Erwachsenen sagen ein­fach nicht, war­um sie sich auf dem Berg ver­sam­melt haben, wie lan­ge sie blei­ben und was sie machen wol­len, also tun sich Emma, Jule und Mo zusam­men, um Antworten zu fin­den. Zwischen magi­schen Jahrmarkterlebnissen, Erkundungsgängen auf dem Berg und wort­kar­gen bis geheim­nis­krä­me­ri­schen Erwachsenen, die reih­um selt­sa­me Aussetzer haben, wird alles immer rät­sel­haf­ter, bis eine hei­ße Spur schließ­lich in die Vergangenheit führt.

Das Buchcover ist ein abso­lu­ter Hingucker, es ist schön kom­po­niert und macht neu­gie­rig, Laura Rosendorfer hat auch die Vignetten am Anfang jedes Kapitels gestal­tet. Das Buch mit sei­nen knapp 200 Seiten liest sich gut und schnell, die Schrift ist rela­tiv groß, sehr leser­freund­lich. Die Geschichte ist stim­mig, ein span­nen­des Ferienabenteuer, in dem drei Kinder, die sonst kei­ne Freunde haben, sich zusam­men­rau­fen, ein­an­der lang­sam ver­trau­en und Freunde werden.

Für mich hät­te das Buch ruhig ein paar Seiten mehr haben kön­nen, nicht mehr Handlung, son­dern mehr Raum für die Zeichnung der Haupt- und Nebenfiguren und deren Beziehungen, auch für Magisches – die Worte sit­zen sehr genau im Wunschelberg-Buch, dabei kann und darf man in einer Geschichte mit Magie ruhig auch mal ver­schwen­de­ri­scher mit ihnen umgehen …

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Judith Allert: Wunschelberg. Das Lächeln des Mittelgroßen Konfusio
Illustrationen von Laura Rosendorfer
192 Seiten
ab 10 Jahren
ueber­reu­ter 2016
ISBN: 978–3‑7641–5082‑2
12,95 Euro

Michael Dudok de Wit: „Vater und Tochter“

Dieses Buch braucht nicht vie­le Worte. Man könn­te auch sagen: Jedes Wort sitzt. Keine über­flüs­si­gen Erklärungen, kein Wort zu viel. Das ist sel­ten, den­ke ich. Pro Seite meist nur ein kur­zer Satz, höchs­tens drei. Die Bilder dazu sind ruhig, in Sepia gehal­ten, eine Farbgebung fast wie bei alten Fotos. Die Kleidung der Menschen auf den Bildern wirkt ent­spre­chend aus der Zeit gefal­len, viel­leicht 1920er, viel­leicht 1950er?

Vater und Tochter fah­ren mit dem Fahrrad an den Deich, der Vater setzt sich in ein Boot und rudert fort. Und kommt nicht zurück. Die Tochter kehrt immer wie­der zum Deich zurück. Sie wird erwach­sen, hei­ra­tet, bekommt Kinder, wird alt. Die Bäume am Deich wer­den grö­ßer, das Wasser ver­schwin­det, Schilf wächst, kurz­um: Die Zeit ver­geht. Damit ist das Buch nicht zu Ende, es geschieht noch etwas, aber das möch­te ich hier nicht verraten.

Mit weni­gen Sätzen und ein­fa­chen Bildern schafft Michael Dudok de Wit eine sehr berüh­ren­de Geschichte über eine inni­ge Beziehung, das Abschiednehmen und den Lauf des Lebens. Dabei bleibt viel Raum für eige­ne Gedanken – das Buch gibt kei­ne Antworten, son­dern Fragen.

Michael Dudok de Wit: Vater und Tochter
Aus dem Niederländischen von Arnica Esterl, Originaltitel: Vader en dochter
30 Seiten
ab 5 Jahren
2015, Verlag Freies Geistesleben
ISBN: 978–3‑7725–2697‑8
15,90 Euro

Vor dem Bilderbuch war der Kurzfilm da, „Father and Daughter“ ist im Jahr 2000 erschie­nen und erhielt zahl­rei­che Preise, unter ande­rem 2001 einen Oscar als „Bester ani­mier­ter Kurzfilm“. Das Buch kam 2002 auf Niederländisch und 2003 auf Deutsch her­aus, 2015 schließ­lich eine Neuausgabe.

„Wie Rebekka beinahe Weihnachten verschlief“ von Sandra Salm und Elli Bruder

Rebekka ist sechs Jahre alt, ihre gro­ße Schwester ist schon erwach­sen – und heißt Maria. Im Laufe der Geschichte kommt her­aus, dass es die Maria ist, die Jesus zur Welt bringt, in „Wie Rebekka bei­na­he Weihnachten ver­schlief“ geht es also um das ers­te Weihnachten.

Rebekka erzählt aus ihrer kind­li­chen Sicht, die Illustrationen dazu sind hell und freund­lich. Wort und Bild ver­mit­teln, dass die Handlung in einem fer­nen Land spielt – in dem Palmen wach­sen, die Menschen anders geklei­det sind und ande­re Dinge essen und trin­ken. Aber fremd erscheint einem das Ganze nicht. Zum einen, weil die Beziehungen zwi­schen den Menschen die glei­chen sind, und zum andern, weil es eben die Weihnachtsgeschichte ist, wenn auch aus einer neu­en Perspektive.

Rebekka ist dabei, als Maria in der Nacht der Engel erscheint, sie freut sich auf das Baby und weint, als Maria und Josef nach Bethlehem auf­bre­chen. Mit ihrem Hund Strubbel folgt sie den bei­den heim­lich, trifft sie wie­der und ist schließ­lich mit ihnen im Stall …

Ein schö­nes Bilderbuch und über­haupt eine schö­ne Idee: die Weihnachtsgeschichte für Kinder von einem Kind berich­ten zu lassen.

Wie Rebekka bei­na­he Weihnachten verschlief
Text: Sandra Salm, Illustrationen: Elli Bruder
24 Seiten
ab 3 Jahren
2015 Patmos Verlag
ISBN: 978–3‑8436–0631‑8
12,99 Euro