„Götz von Grützwurst und der Mutigste von allen“ von Barbara Rose und Sascha Morawetz

Der edle und muti­ge Ritter Götz von Grützwurst sucht einen Knappen aus gutem Hause, der rei­ten und mit Waffen umge­hen kann. Rudis Haus ist frisch gestri­chen und sieht gut aus, auf dem Esel kann er rei­ten und mit Waffen kommt er als Sohn des Schmieds pri­ma zurecht. Also macht er sich auf zur Burg Blechdose, natür­lich zusam­men mit sei­ner Ratte Karlchen.

Vier Mitbewerber hat Rudi, alle adlig und „von und zu“. Rudi stellt sich als „Rudi“ vor und erklärt, als Ritter Götz von Grützwurst „Rudi … was?“ fragt: „Rudi vom Schmied.“ Die drei Prüfungen – gutes Benehmen, Wettreiten und Schwertkampf – schafft Rudi mit viel Glück und vor allem Ratte Karlchens Hilfe. Zuletzt steht noch die Mutprobe an, und dann kommt raus, wer der Mutigste von allen ist …

Text und Illustrationen har­mo­nie­ren, bei­de sind kurz­wei­lig und humor­voll. Die Bilder sind auf­ge­räumt und dabei detail­reich, die sat­ten Farben laden zum Anschauen ein. Man ver­steht die Geschichte auch, wenn man nur die Bilder anschaut, was prak­tisch für Kindergarten- und Vorschulkinder ist. Aber mit dem span­nen­den, lus­ti­gen Text ist es noch bes­ser, den wer­den sich die Kinder gern vor­le­sen las­sen. Günstig für Eltern und Leseanfänger: Die Schrift ist schön groß und klar.

Wenn man das Buch vorn und hin­ten auf­schlägt, sieht man im Umschlag zwei Illustrationen, die kann man mal ver­glei­chen – hat was von einem Suchbild, fin­de die Unterschiede! Ratte Karlchen trägt übri­gens ein Jäckchen und sieht auch sonst sehr nett aus. Auch bei Kämpfen und Mutproben ist die­ses Buch kei­ne Spur beängs­ti­gend! Das Zeichen des Ritters Götz von Grützwurst ist übri­gens ein „G“ mit Wurstzipfeln. Genau sol­che Details sind für mich das Tüpfelchen auf dem i. Ein rund­um schö­nes Bilderbuch!

Götz von Grützwurst und der Mutigste von allen
Text: Barbara Rose, Illustrationen: Sascha Morawetz
Lektorat: Christiane Lawall
32 Seiten
ab 4 Jahren
annet­te betz 2018
ISBN: 978–3‑219–11730‑1
14,95 Euro

„Poppy Poppington. Tiersprechstunde im Muffinhaus“ von Michaela Holzinger

Penelope Poppington, genannt Poppy, ist zehn Jahre, hat maus­brau­nes Haar mit einer roten Strähne – und kann Tiere nicht lei­den. Damit ist sie in ihrer Familie eine Ausnahme, denn ihre Eltern und ihre Großeltern sind Tierforscher, Zoologen, und zwar mit Begeisterung und vol­lem Einsatz. Ständig sind Poppys Eltern in der gan­zen Welt unter­wegs, um Tiere zu ret­ten. Wenn Ferien sind, muss Poppy mit und kann sich dann kaum die Tiere vom Leibe hal­ten, alle schei­nen es auf sie abge­se­hen zu haben. Weswegen sie sogar vor süßen Welpen und Babybonobos Angst hat und das Weite sucht.

Als ihre Eltern kurz­fris­tig in den Sommerferien wie­der auf eine Tierrettungsmission gehen sol­len, streikt Poppy und ver­reist allein zu ihrer Granny Alfreda, die sess­haft gewor­den ist und ihr Cottage in Uigmorlie reno­viert hat, dass es aus­sieht wie ein Vanillemuffin. Dort hofft sie auf mög­lichst tier­freie Ferien, aber da ihre Granny auch Tierforscherin ist, ste­hen die Chancen dafür wohl doch nicht so gut …

Dass Poppys Verhältnis zu Tieren sich frü­her oder spä­ter deut­lich bes­sert, ver­ra­ten ja bereits das fabel­haf­te Cover und der Titel. Der Grund dafür ist ein biss­chen zau­ber­haft: Poppy ent­deckt, dass sie mit Tieren spre­chen kann. Und schon ist sie mit­ten­drin in einem Abenteuer, zusam­men mit dem Nachbarsmädchen Nelly, Kater Sesam, Eichhörnchen Grinsemaul, Exmoor-Pony Harry Potter und noch etli­chen Tieren mehr.

Kurzum: „Poppy Poppington. Tiersprechstunde im Muffinhaus“ ist ein ein­falls­rei­ches, span­nen­des und lus­ti­ges Buch für alle ab acht Jahren, die Geschichten über Familiengeheimnisse (Kann nur Poppy mit Tieren spre­chen? Wo ist ihr Grandpa abge­blie­ben?), Freundschaft und Tiere mögen.

Michaela Holzinger: Poppy Poppington. Tiersprechstunde im Muffinhaus
Illustrationen: Monika Parciak
Lektorat: Emily Huggins
160 Seiten
ab 8 Jahren
ueber­reu­ter 2017
ISBN: 978–3‑7641–5113‑3
12,95 Euro

„Imagine“ von John Lennon und Jean Jullien

Im Herbst 1971 wur­de John Lennons „Imagine“ ver­öf­fent­licht, und das Lied hat seit­dem nichts an Strahlkraft ein­ge­büßt. Leider auch nicht an Aktualität. Damals war unter ande­rem Vietnamkrieg und Kalter Krieg, heu­te, 46 Jahre spä­ter, herrscht ver­mut­lich nicht weni­ger Krieg und Elend auf der Welt.

Das Bilderbuch „Imagine“ hat als Text aus­schließ­lich den Liedtext von John Lennon. Die Illustrationen sind von Jean Jullien. Er zeich­net mit dicken, schwar­zen Konturen und kolo­riert mit ein­fa­chen, eher mat­ten Farben, was an Straßenmalkreide erin­nert. Wir fol­gen einer Taube, einer Friedenstaube, die nicht nur mit einem Zweig im Schnabel unter­wegs ist, son­dern eine Tasche (mit Peace-Symbol) vol­ler Zweige dabei­hat, die sie an ande­re Vögel verteilt.

Zum Beispiel an zwei Möwen, die sich um einen Fisch strei­ten („Nothing to kill or die for, and no reli­gi­on too“), und an zwei Kolibris, die sich um eine Blüte zan­ken („Imagine no pos­ses­si­ons … No need for greed or hun­ger“). Am Schluss, als es dun­kel wird, lan­det die Taube erschöpft auf einem Baum, die Tasche ist leer, kein Zweig ist mehr drin. Doch dann kom­men alle Vögel ange­flo­gen, die sie im Laufe des Tages getrof­fen hat, jeder sieht anders aus, in Farbe und Form – „You may say I’m a drea­mer, but I’m not the only one. I hope some day you’ll join us, and the world will live as one“.

Unter den eng­li­schen Liedzeilen steht immer direkt die deut­sche Übersetzung von Richard Rosenstein. Er über­setzt nicht wört­lich, was zunächst viel­leicht etwas irri­tiert. Aber die Übersetzung hat Klasse und ist etwas Eigenes, am bes­ten wirkt sie, wenn man sie als Ganzes liest, auf der letz­ten Seite ste­hen sowohl der kom­plet­te Originaltext als auch die Übersetzung.

Vielleicht zwei Beispiele: „A brot­her­hood of man“ über­setzt Rosenstein mit „Die Menschheit ganz ver­eint“. Das ist natür­lich tau­send­mal bes­ser als „Bruderschaft der Menschen“, was man tat­säch­lich auch fin­det, wenn man nach Übersetzungen von „Imagine“ Ausschau hält. Im Lied wird zwi­schen „hea­ven“ und „sky“ unter­schie­den, „Imagine there’s no hea­ven“ und „Above us only sky“, Rosenstein macht dar­aus „Wie wär es ohne Himmel?“ und „Über uns Blau allein“. Schön gelöst, fin­de ich!

Und schön ist das Buch ins­ge­samt, das eben kei­ne Bilder von Hunger, Krieg und Elend zeigt, son­dern mit John Lennons Worten wirkt und mit Illustrationen, die bereits für klei­ne Kinder geeig­net sind, die man so an das Thema her­an­füh­ren kann.

Imagine
Text: John Lennon, Illustrationen: Jean Jullien
Mit einem Vorwort von Yoko Ono Lennon
Aus dem Englischen von Richard Rosenstein
32 Seiten
Freies Geistesleben 2017
ISBN: 978–3‑7725–2800‑2
16 Euro